FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Aktionäre von Wirecard haben am Donnerstag nach dem Kurseinbruch vom Vortag wieder etwas Vertrauen gefasst. Die Papiere, die am Mittwoch nach einem kritischen Bericht der "Financial Times" über den Zahlungsabwickler vorübergehend um fast ein Viertel eingebrochen waren, stiegen gegen Mittag um 2,4 Prozent auf 148,65 Euro. Sie hatten am Mittwoch in den letzten eineinhalb Handelsstunden bereits fast die Hälfte des maximalen Kursabsturzes auf 126 Euro wieder aufgeholt.

Die britische Wirtschaftszeitung hatte berichtet, Wirecard sei im vergangenen Jahr intern verdächtigen Geschäftspraktiken nachgegangen. Die Zeitung bezog sich auf eine von ihr eingesehene interne Präsentation, die sich mit zweifelhaften Geldströmen beschäftigt haben soll. Darauf hatte eine Wirecard-Sprecherin mit den Worten reagiert, der Bericht sei "völlig substanzlos". Sie dementierte ein Fehlverhalten wie in dem "FT"-Bericht beschrieben. Wirecard nehme alle Vorgaben zur Einhaltung von Gesetzen sehr ernst.

Analysten hielten die Vorwürfe der "FT" für abwegig. Heike Pauls von der Commerzbank etwa sprach von "weiteren Fake News" eines Journalisten, der den Finanzdienstleister quasi "in Serie" angreife. In den vergangenen Jahren war Wirecard mehrfach zum Ziel von stets ähnlich lautenden Anschuldigungen wegen unlauterer Geschäftspraktiken geworden. Letztlich zeigte sich Pauls gelassen und wertete den Kursrückschlag auch als Kaufchance.

Ähnlich sah es Robin Brass von der Bank Hauck & Aufhäuser. Er hält es für "äußerst unwahrscheinlich", dass das Top-Management von Wirecard die in dem Bericht beschriebenen Praktiken bei der Bilanzierung dulden könnte. Auch Brass erinnerte daran, dass das Unternehmen in der Vergangenheit immer wieder Ziel sogenannter Short-Attacken geworden sei. Diese hatten den Kurs regelmäßig einbrechen lassen.

Die für eine mögliche Kursmanipulation zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) teilte derweil am Donnerstag mit, dass sie den Fall routinemäßig untersuchen werde. Mit dem Kursrutsch vom Vortag wurde ein Börsenwert von rund 2,7 Milliarden Euro vernichtet.

Wirecard habe nach den Shortattacken der vergangenen Jahre die eigenen Bilanzen externen Prüfern zugänglich gemacht, um so für Transparenz zu sorgen, sagte Brass. Auch dürften wichtige Partner des Unternehmens wie die Kreditkartenkonzerne Visa und Mastercard regelmäßig gründliche Prüfungen vornehmen. Diese zählten ohnehin zum Standardprozedere bei der Abwicklung globaler Finanzströme, um so beispielsweise Zahlungsausfälle zu verhindern.

Anleger sollten sich also besser auf die fundamentale Entwicklung bei Wirecard konzentrieren, riet der Experte. Die Wachstumsaussichten des Unternehmens seien unverändert gut, weshalb der jüngste Kurseinbruch eine Kaufgelegenheit biete.

"Es ist schwierig zu beurteilen, ob an den Vorwürfen etwas dran ist", sagte Harald Schnitzer von der DZ Bank. Mit Blick auf die Anschuldigungen der vergangenen Jahre sprach der Analyst von ungerechtfertigten Beschuldigungen. Er verwies zudem darauf, dass der Vorstandsvorsitzende und Großaktionär von Wirecard, Markus Braun, nach den Kurseinbrüchen seinen Anteil oft aufgestockt habe./bek/ag/fba