MAILAND (awp international) - Die überraschend gering ausgefallene Strafe wegen Iran-Geschäften hat der italienischen Grossbank Unicredit im ersten Quartal einen Gewinnsprung eingebracht. Weil die Bank eine Rückstellung über rund 300 Millionen Euro auflösen konnte, stieg der Überschuss im Jahresvergleich um ein Viertel auf fast 1,4 Milliarden Euro. Zu Gerüchten über ein angebliches Interesse an der Commerzbank wollte sich Unicredit-Chef Jean Pierre Mustier bei der Vorlage der Quartalszahlen am Donnerstag in Mailand derweil nicht äussern.

Er sage gar nichts zu möglichen Fusionen und Übernahmen, stellte der Manager in einer Telefonkonferenz mit Journalisten klar. Anfang April hatte die "Financial Times" berichtet, dass die Unicredit den Ausgang der Fusionsgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank abwarten wolle - um bei einem Scheitern selbst auf das zweitgrösste deutsche Kreditinstitut zuzugehen. Im Falle eines Deals wollten sie die Commerzbank mit ihrer deutschen Tochter Hypovereinsbank (HVB) verschmelzen. Nachdem die Fusion der beiden grössten deutschen Geldhäuser geplatzt ist, wäre jetzt der Zeitpunkt dafür gekommen.

Allerdings hatte die Unicredit ihr Interesse nie bestätigt. Zudem hatte Commerzbank-Finanzchef Stephan Engels am Mittwoch mit Blick auf angebliches Kaufinteresse der Italiener oder der niederländischen Grossbank ING gesagt, bei ihnen klopfe niemand an der Tür. Es habe auch keiner angeklopft: "Wenn, dann müsste ich es Ihnen sagen."

An der Börse geriet die Unicredit am Mittwoch trotz ihrer überraschend guter Zahlen in den Abwärtssog, der die Branche an den europäischen Börsen insgesamt erwischte. Mit einem Kursabschlag von 0,66 Prozent hielt sie sich am späten Vormittag aber noch vergleichsweise gut.

Im ersten Quartal musste die Bank aus Mailand wie schon andere Kreditinstitute mit rückläufigen Erträgen zurechtkommen. Während der Zinsüberschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht zulegte, sorgten ein geringerer Provisionsüberschuss und niedrigere Handelsumsätze für einen Ertragsrückgang um drei Prozent auf 4,95 Milliarden Euro.

Der Nettogewinn legte bereinigt um Sondereffekte dennoch leicht zu. Dabei profitierte die Bank auch von ihrem Sparprogramm. Die Betriebskosten fielen im ersten Quartal 4,2 Prozent niedriger aus als ein Jahr zuvor. Zudem musste die Bank weniger Geld für faule Kredite zurücklegen. Auf diese Weise verdiente die Unicredit mehr als von Analysten erwartet, obwohl auch die schwächelnde italienische Wirtschaft auf die Erträge drückte.

Bei der deutschen Tochter HVB sanken die Erträge im ersten Quartal sogar um vier Prozent. Der operative Gewinn ging um 3,5 Prozent auf 153 Millionen Euro zurück. Unter dem Strich profitierte der Unicredit-Ableger aus München von einem Immobilienverkauf. Der Nettogewinn schnellte dadurch im Jahresvergleich von 83 auf 370 Millionen Euro nach oben./stw/zb/mis