LUXEMBURG (dpa-AFX) - Im jahrelangen Streit zwischen Google und der Bundesnetzagentur trifft das höchste EU-Gericht am Donnerstag (9.30 Uhr) eine möglicherweise weitreichende Entscheidung. Es geht um die Frage, ob Webmail-Dienste wie Googles Gmail Telekommunikationsdienste nach EU-Recht sind (Rechtssache C-193/18).

Damit gingen Verpflichtungen beim Datenschutz sowie der öffentlichen Sicherheit einher - sprich: Schnittstellen für den Datenzugriff von Ermittlungsbehörden in gesetzlich geregelten Fällen. Die Netzagentur will bereits seit 2012 erreichen, dass Google Gmail bei ihr als Telekommunikationsdienst anmeldet, Google wehrt sich dagegen.

Der EuGH wurde vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen angerufen. Er soll klären, ob Email-Dienste, die über das offene Internet laufen, ohne den Kunden selbst einen Internetzugang zu bieten, Telekommunikationsdienste nach EU-Recht sind. Außerdem sollen die Luxemburger Richter die Frage beantworten, wie das Merkmal "gewöhnlich gegen Entgelt erbracht" auszulegen ist. Gmail ist in der Grundversion kostenlos.

Google argumentiert bislang, Webmail-Dienste wie Gmail gehörten nicht dazu, weil sie das Internet als bestehendes Netz nur nutzten, ohne es selbst zu betreiben. Zudem vermittele man den Nutzern keinen Zugang dazu und kontrolliere nicht die Datenübertragung.

Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Klage von Google gegen die Bescheide der Netzagentur in erster Instanz abgewiesen. Im Berufungsverfahren rief das OVG dann 2018 den EuGH an. Das Urteil im Streit zwischen der Netzagentur und Google muss das OVG letztlich auf Grundlage der EuGH-Entscheidung treffen.

Netzagentur-Chef Jochen Homann hatte bereits deutlich gemacht, dass es ihm nicht nur um Gmail, sondern um die grundsätzliche Regulierung von Webdiensten geht. Die Abgrenzung zu traditionellen Telekommunikationsdiensten verschwimme zunehmend, sagte Homann der "Financial Times" und nannte neben Gmail explizit den Chatdienst WhatsApp.

WhatsApp wird von vielen Nutzern als SMS-Alternative genutzt. Der zu Facebook gehörende Dienst ist verschlüsselt und nicht für die Sicherheitsbehörden zugänglich, da selbst WhatsApp den Inhalt nicht sieht. Auf herkömmliche SMS haben die Behörden mit richterlichem Beschluss dagegen einen Zugriff. Die Telekommunikations-Anbieter mussten dafür Schnittstellen in ihrer Infrastruktur einrichten./wim/DP/stk