(Im ersten und 13. Absatz wurde je ein Tippfehler entfernt.)

LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Dem Chemiekonzern BASF macht schon seit längerem eine schwächere Nachfrage vor allem aus der Autoindustrie zu schaffen. Jetzt kommen noch die heftigen Folgen der Coronavirus-Pandemie hinzu. Der jetzt seit knapp zwei Jahren amtierende Konzernlenker Martin Brudermüller kündigte Ende Februar einen noch schärferen Sparkus an. Er setzt zudem den Umbau des zuvor über viele Jahre eher von ruhiger Hand geführten Konzerns fort. Teile des Bayer-Saatgutgeschäfts wurden übernommen, die Öl- und Gastochter Wintershall wurde mit der früheren RWE-Sparte Dea verschmolzen und das Pigment- und Bauchemiegeschäft soll verkauft werden. Die wichtigsten Punkte, was die Experten sagen und wie es für die Aktie läuft.

DAS IST LOS BEI BASF:

Die Corona-Krise macht BASF wie vielen anderen Chemiekonzernen stark zu schaffen. Waren in den ersten beiden Monaten vor allem die Geschäfte in Asien betroffen, so wirkt sich die Pandemie mittlerweile auf alle Regionen der Welt aus. Deshalb haben bereits viele Unternehmen ihre Jahresziele gestrichen.

BASF hat zwar aufgrund der noch ungewissen Folgen des neuartigen Coronavirus eine große Spanne für die Jahresziele angegeben. Die Erlöse sollen 2020 auf 60 Milliarden bis 63 Milliarden Euro steigen nach 59,3 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) peilt das Unternehmen 4,2 Milliarden bis 4,8 Milliarden Euro an nach 4,5 Milliarden Euro 2019. Allerdings war dies Ende Februar und noch nicht absehbar, dass sich das Coronavirus auf die ganze Welt verbreitet und die globale Wirtschaft stark beeinträchtigt. BASF legt am 30. April seinen Quartalsbericht vor.

Bereits vor der Corona-Krise hatte der seit zwei Jahren amtierende Brudermüller ein Sparprogramm aufgesetzt, um den Konzern durch schlankere Strukturen und einfachere Abläufe profitabler zu machen. Dazu gehören auch Stellenstreichungen. Zuletzt hatte BASF den Sparkurs beschleunigt. Der geplante Abbau von 6000 Stellen soll Ende 2020 erreicht werden und so ein Jahr früher als geplant. 2019 baute BASF weltweit bereits 3 100 Stellen ab. Das soll sich auch auf das operative Ergebnis (Ebitda) positiv auswirken.

Derzeit befindet sich BASF ohnehin im Umbau. Brudermüller stärkte 2018 das Agrarchemiegeschäft mit einem milliardenschweren Kauf von Teilen des Saatgutgeschäfts von Bayer, welches der Rivale im Zuge der Übernahme von Monsanto abgeben musste. Erst vor Kurzem bekam BASF grünes Licht für die Übernahme eines großen Teils des weltweiten Nylongeschäfts der belgischen Solvay-Gruppe. Gleichzeitig trennt sich BASF von Geschäftsbereichen. Das Unternehmen ist gerade dabei, sein Pigment- und Bauchemiegeschäft zu veräußern. Beide Transaktionen sollen im zweiten Halbjahr abgeschlossen werden.

Zudem haben die Ludwigshafener 2019 ihre Kasseler Öl- und Gastochter Wintershall mit dem Konkurrenten Dea fusioniert. Das Unternehmen soll im zweiten Halbjahr an die Börse. Ob der Börsengang dann auch wie geplant kommt, ist aber von den Marktbedingungen abhängig. Zudem dürften die Geschäfte von Wintershall unter den deutlich zurückgegangenen Öl- und Gaspreisen leiden.

Die BASF-Mehrheitsbeteiligung Wintershall Dea steht wegen dem Bau der umstrittenen Leitung Nord Stream 2 im Fokus. Wintershall Dea ist an der Pipeline, die Gas direkt von Russland über die Ostsee nach Deutschland transportieren soll, finanziell beteiligt. Das Projekt ist den USA ein Dorn im Auge. Deshalb drohen Firmen, die an der Pipeline mitbauen, Sanktionen. Dadurch liegt der Bau derzeit auf Eis. Nach dem Baustopp hatte Russland sein eigenes Spezialschiff für die Verlegung von Gasröhren in Bewegung gesetzt. Die Pipeline soll Ende 2020 oder Anfang 2021 fertiggestellt sein.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Von den 14 der seit Mitte März im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten, die sich mit BASF näher befasst haben, empfehlen derzeit elf die Aktie zum Halten. Drei raten zum Kauf und keiner zum Verkauf der Anteilscheine. Im Schnitt liegt das Kursziel bei rund 50 Euro. Aktuell kosten die Papiere etwas mehr als 47 Euro.

Nach Einschätzung der Baader Bank werden die kommenden drei bis vier Monate für europäische Chemieunternehmen nicht gerade einfach. Wegen der Covid-19-Krise dürfte es vor allem im April und Mai zu einem herben Abschwung kommen, schrieb Analyst Markus Mayer in einer Branchenstudie. Hoffnungen auf eine schnelle Erholung hielten sich bislang in Grenzen. Denn noch immer sei nicht klar, wann und in welchem Umfang die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in Europa und den USA wieder gelockert würden.

Analyst Oliver Schwarz vom Analysehaus Warburg Research erwartet, dass der Ausbruch der Corona-Pandemie im ersten Quartal überwiegend das Asien-Geschäft belastet hat. Von der rückläufigen Nachfrage seien vor allem die rohstoffnahen Sparten Basischemikalien (Chemicals) und Materials betroffen. Zur letzten Sparte gehören Vorprodukte wie etwa Isocyanate und Polyamide für die Kunststoffindustrie und die kunststoffverarbeitende Industrie. Das Geschäft mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln sollte hingegen von Kosteneinsparungen und einer guten Nachfrage profitiert haben.

Für 2020 erwartet Schwarz, dass BASF sein Ergebnisziel senken wird, zumal das ganze Ausmaß der Corona-Krise erst im zweiten Quartal zum Tragen kommen dürfte. Dabei verwies der Analyst auf die vorübergehende Abschaltung der Autoindustrie in Europa und Nordamerika sowie deutlich geringere Nachfrage aus anderen Branchen. Auch Analyst David Varga vom Bankhaus Metzler rechnet damit, dass BASF seinen Jahresausblick reduzieren und damit dem Beispiel von Covestro folgen wird.

Im Gegensatz zu manch anderen Branchen hält Mayer von der Baader Bank aber die Auszahlung einer Dividende bei den meisten Chemieunternehmen, zu denen die BASF zähle, auch unter den aktuellen Gegebenheiten für sicher. So verfügten diese Unternehmen nicht nur über vergleichsweise gesunde Bilanzen und starke Barmittelzuflüsse - die Auszahlung einer Dividende habe dort auch eine hohe Priorität.

Analyst Andrew Stott von der Schweizer Großbank UBS rechnet mit einer Nachfrage-Normalisierung im Chemiesektor erst im vierten Quartal 2020. Nach Ansicht von Analyst Sebastian Satz von der britischen Bank Barclays werden nach der Corona-Krise der niedrige Ölpreis, ein geringerer Chemiebedarf, tiefe Zinsen sowie Aktionen gegen den Klimawandel den Sektor prägen. Unter den von ihm beobachteten Werten dürfte BASF von der Krise am stärksten getroffen werden.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Im Sog der Corona-Krise rutschte der Kurs im März zwischenzeitlich unter die Marke von 40 Euro. Trotz der Erholung seither auf momentan zirka 47 Euro haben die Papiere seit Jahresbeginn immer noch rund 30 Prozent verloren. Damit sind sie deutlich schlechter gelaufen als der Dax, der in dem Zeitraum knapp 18 Prozent einbüßte.

Auch mittel- und langfristig haben Aktionäre wenig Freude an dem Papier. Der Kurs sank vom Rekordhoch von 98,80 Euro Anfang 2018 um mehr als 50 Prozent. Über die vergangenen zehn Jahre konnten die Papiere kaum zulegen, während der deutsche Leitindex fast 80 Prozent und der europäische Branchenindex Stoxx 600 Chemie 90 Prozent kletterte.

Aktuell kosten die BASF-Aktien so viel wie 2011 und der Börsenwert liegt nur noch bei 43 Milliarden Euro - damit liegt das Unternehmen in dieser Rangliste nur noch auf dem neunten Platz im Dax. Zur Amtsübernahme Brudermüllers im Mai 2018 hatte BASF mit knapp 80 Milliarden noch auf dem sechsten Platz gelegen./mne/eas/he

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