LUDWIGSHAFEN (awp international) - Der weltgrösste Chemiekonzern BASF bekommt die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu spüren. "Das erste Quartal 2020 war kein normales Quartal. Das wird auch für das zweite Quartal gelten und wohl für das gesamte Jahr", sagte Unternehmenschef Martin Brudermüller bei der Vorlage der Zahlen zum ersten Jahresviertel am Donnerstag in Ludwigshafen. Aufgrund eines sehr herausfordernden makroökonomischen Umfelds herrsche grosse Unsicherheit an den Märkten, so dass zuverlässige Planungen derzeit kaum möglich seien.

Den Ausblick für das laufende Jahr hatte BASF bereits am Vorabend gestrichen. Die Umsatz- und Ergebnisentwicklung werde nicht zu erreichen sein, hiess es. Davor hatte BASF für 2020 noch Erlöse von auf 60 Milliarden bis 63 Milliarden Euro sowie ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 4,2 Milliarden bis 4,8 Milliarden Euro angepeilt.

Am Aktienmarkt sorgten die Vorlage der Quartalsbilanz erst einmal für gute Stimmung. Die Streichung der Unternehmensziele beunruhigte nicht. Viele Unternehmen handeln aktuell wegen der Corona-Krise ebenso. Die Aktien legten im frühen Handel um rund ein Prozent zu. Der Chemiekonzern habe deutlich besser als gedacht abgeschnitten, selbst wenn man die vorgenommenen Änderungen in der Rechnungslegung berücksichtige, schrieb Baader-Bank-Analyst Markus Mayer in einer ersten Reaktion. Auch Chetan Udeshi, Analyst bei JPMorgan, lobte die unerwartet starken Eckdaten zum Quartal. Auf bereinigter Basis sähen die Kennziffern jedoch nicht ganz so gut aus. Zudem dürfte das zweite Jahresviertel der Ludwigshafener weitaus schlimmer ausfallen, als der Markt derzeit erwarte, warnte Udeshi.

BASF rechnet im zweiten Quartal mit einem deutlichen Absatzrückgang. Die weltweiten Nachfrage- und Produktionsausfälle, besonders die anhaltenden Produktionsunterbrechungen der Automobilindustrie, dürften dann das eigene Geschäft deutlich treffen. Die Folgen der Coronavirus-Pandemie wirkten sich aber neben der für BASF wichtigen Automobilindustrie auch auf andere Kundenindustrien aus, hiess es weiter. Für die zweite Jahreshälfte geht das Unternehmen von einer langsamen Erholung aus - auch wenn die Entwicklung zum jetzigen Zeitpunkt noch äusserst unsicher sei.

Im ersten Quartal verdiente BASF wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie weniger. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) ging um 6 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro zurück. BASF führte den Rückgang vor allem auf eine geringere Nachfrage in den Sparten Basischemikalien (Chemicals) und Materials zurück. Zur letzten Sparte gehören Vorprodukte wie etwa Isocyanate und Polyamide für die Kunststoffindustrie. Unter dem Strich blieb ein auf die Aktionäre entfallender Gewinn von 885 Millionen Euro. Das waren 37 Prozent weniger als im Vorjahr.

Der Umsatz der BASF-Gruppe stieg danke höherer Mengen indes um 7 Prozent auf 16,75 Milliarden Euro. Deutlich besser lief es für BASF dank höherer Preise im Geschäft mit Katalysatoren. Aber auch in dem Geschäft mit Saatgut und Pflanzenschutzmittel (Agricultural Solutions) setzte BASF dank einer höheren Nachfrage vor allem in Europa und Nordamerika mehr um.

Bereits vor der Corona-Krise hatte der seit zwei Jahren amtierende Brudermüller ein Sparprogramm aufgesetzt, um den Konzern durch schlankere Strukturen und einfachere Abläufe profitabler zu machen. Dazu gehören auch Stellenstreichungen. Zuletzt hatte BASF den Sparkurs beschleunigt. Der geplante Abbau von 6000 Stellen soll Ende 2020 erreicht werden und so ein Jahr früher als geplant. 2019 baute der Konzern weltweit bereits 3100 Stellen ab.

Derzeit befindet sich BASF ohnehin im Umbau. Brudermüller stärkte 2018 das Agrarchemiegeschäft mit einem milliardenschweren Kauf von Teilen des Saatgutgeschäfts von Bayer, welches der Rivale im Zuge der Übernahme von Monsanto abgeben musste. Erst vor Kurzem bekam BASF grünes Licht für die Übernahme eines grossen Teils des weltweiten Nylongeschäfts der belgischen Solvay-Gruppe.

Gleichzeitig trennt sich das Unternehmen von Geschäftsbereichen. So ist die BASF gerade dabei, ihr Pigment- und Bauchemiegeschäft zu veräussern. Beide Transaktionen sollen im zweiten Halbjahr abgeschlossen werden. Zudem haben die Ludwigshafener 2019 ihre Kasseler Öl- und Gastochter Wintershall mit dem Konkurrenten Dea fusioniert./mne/stk/mis