PARIS/LONDON (awp international) - Das Coronavirus hat die europäischen Aktienmärkte zum Wochenbeginn fest im Griff. Die Kurse rutschten am Montag auf breiter Front ab, der Eurozone-Leitindex EuroStoxx 50 verlor am späten Vormittag gut zwei Prozent auf 3701,36 Punkte. Er fiel auf den niedrigsten Stand seit Mitte Dezember. Analysten merkten an, dass der mittelfristige Börsentrend nun nach unten deutet - und die Rally der vergangenen Monate mithin ein vorläufiges Ende gefunden haben könnte.

Weltweit waren bis Montagmittag fast 2800 Infektionen mit dem neuen Virus 2019-nCoV bestätigt, bis auf etwa 50 alle in China. Die Zahl der Toten stieg in China auf 80. Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist in Peking eingetroffen, um sich persönlich über die neuesten Erkenntnisse zum neuen Coronavirus zu informieren.

Der Cac 40 rutschte um 2,5 Prozent auf 5888,81 Punkte ab. Der FTSE 100 verlor 2,3 Prozent auf 7411,65 Punkte. Der europäische Rohstoffsektor verzeichnete die grössten Verluste, China ist der weltweit grösste Rohstoffimporteur. Dahinter war der Reise- und Freizeitsektor der zweitgrösste Verlierer. Schwächste Aktie im EuroStoxx 50 waren Amadeus IT mit minus 4,7 Prozent. Das Software-Unternehmen betreibt Buchungssysteme für Airlines.

Analyst Jim Reid von der Deutschen Bank nannte das Coronavirus "den kurzfristig erdrückenden Faktor" für die Finanzmärkte. Mit der Zunahme von Erkrankungen und Todesfällen nehme auch die Unsicherheit unter den Marktteilnehmern zu. Der Fokus dürfte sich nun darauf richten, wie sehr sich das Virus in den anstehenden Konjunkturdaten Chinas widerspiegelt. China ist die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt und wächst nach wie vor stark.

Anleger trennten sich am Montag von solchen Titeln und Branchen, die unmittelbar unter der Ausbreitung des Virus leiden dürften: Airlines, Hotelbetreiber, Reiseveranstalter. So büssten Air France-KLM 5 Prozent ein und die Aktien der British-Airways-Mutter IAG 6 Prozent. Papiere des französischen Hotelbetreibers Accor fielen um 3,6 Prozent und die des britischen Kreuzfahrtanbieters Carnival 5,5 Prozent.

Hart traf es auch die Aktien der Luxusbranche. In Paris rutschten die Kurse der beiden Branchengrössen LVMH und Kering um jeweils fast 4 Prozent ab. Sie waren hinter Amadeus IT die Schlusslichter im Eurozone-Leitindex EuroStoxx 50 . Auch die Aktien des Herstellers kostspieliger Kosmetika L'Oreal fielen um 3,3 Prozent.

Im Durchschnitt erlöse die Luxusgüterbranche mehr als ein Drittel des Umsatzes mit chinesischen Kunden, merkte Analyst Piral Dadhania von der Bank RBC an. Er kalkulierte angesichts der wegen des Virus sinkenden Nachfrage in China für die Branche im laufenden Jahr mit einem um vier Prozent geringeren Umsatz und einem sieben bis acht Prozent niedrigeren Ergebnis. Bislang seien sowohl in seinen Annahmen als auch in den Marktschätzungen keine Auswirkungen des Coronavirus enthalten.

Im Zürich büssten die Papiere der Uhrenhersteller Richemont und Swatch 2,9 beziehungsweise 3,5 Prozent ein. Sie zählten damit zu den grössten Verlierern im Leitindex SMI. In London fielen Burberry um 4,4 Prozent und in Mailand verbilligten sich Moncler um 3 Prozent./bek/fba