An den Finanzmärkten wird weitgehend erwartet, dass die Währungshüter am Mittwoch den Schlüsselsatz in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent belassen. Sie haben seit Anfang 2022 ein wahres Zinsfeuerwerk abgebrannt und ihn von nahe null auf das aktuelle Niveau katapultiert. Investoren rätseln, ob die Fed im Kampf gegen die Inflation dieses Jahr nachlegt oder die wohl bevorstehende Pause das Ende der Zinserhöhungsära markiert.

Die Inflation hatte zuletzt mit einer Rate von 3,7 Prozent zwar stärker als erwartet zugelegt, doch wirkten die hohen Spritpreise als Treiber - ein Faktor, auf den die Notenbank keinen Einfluss hat. Klammert man Energie- und Lebensmittel aus, zeigte sich aber, dass der Preisauftrieb an Kraft verliert. Damit ist für die Notenbank jedoch noch keine Entwarnung angesagt, denn ihr Ziel einer Teuerungsrate von 2,0 Prozent ist längst nicht erreicht.

Experten werden daher den am 20. September ebenfalls anstehenden aktualisierten Zinsausblick der Währungshüter sowie die Wachstums- und Inflationsprognosen der Fed genau unter die Lupe nehmen. Im Juni hatten die Notenbanker um Fed-Chef Jerome Powell signalisiert, dass sie noch zwei Zinsschritte nach oben im laufenden Jahr ins Auge fassten. Den ersten vollzogen sie im Juli, nachdem sie im Juni die Füße stillgehalten hatten. Ob es bei dem zweiten angedachten Schritt bleibt, ist nun die spannende Frage. Die Fed könnte sich bei einem unveränderten Ausblick die Tür für eine weitere Erhöhung im November oder Dezember offenhalten, was auch zu den Äußerungen von Fed-Chef Powell auf dem Notenbank-Symposium in Jackson Hole passen würde.

Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner geht allerdings davon aus, dass die US-Zentralbank ihren Zinserhöhungszyklus beendet hat. "Die Fed wird auf der nächsten Sitzung stillhalten. Denn Inflation und Wachstum befinden sich auf den von der Fed gewünschten Pfaden, weshalb weitere Zinserhöhungen unnötig sind." Auch KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib sieht den Zinsgipfel erreicht: Es werde sich ab jetzt mehr um die Frage drehen, wie lange der Leitzins auf dem aktuellen Niveau verharren werde. "Ich rechne damit, dass sich die stark gestiegenen Zinskosten in den kommenden Quartalen noch deutlicher konjunkturhemmend bemerkbar machen werden, und die Fed deshalb frühestens ab Sommer 2024 damit beginnen könnte, die Zinsen wieder leicht zu senken", so die Prognose der Ökonomin, die über 20 Jahre Erfahrung bei der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds und im Finanzsektor verfügt.

Die Fed will es vermeiden, die Konjunktur durch eine zu straffe Linie abzuwürgen. Fed-Direktor Christopher Waller hatte jüngst gesagt, es sehe danach aus, dass der Fed eine sogenannte weiche Landung der US-Wirtschaft gelingen könne - also eine tiefgreifende Rezession vermieden werden könne.

"EIN WENIG BESORGNISERREGEND"

Dass die Zentralbank im Kampf gegen die Inflation ihre Mission bereits erfüllt hat, ist für den kürzlich von der Fed an die Universität Purdue in Indiana gewechselten Ökonomen James Bullard keineswegs ausgemachte Sache. Der frühere Chef des Fed-Bezirks St. Louis sagte der Nachrichtenagentur Reuters, der Zinsausblick müsse mit Blick auf die anhaltende Inflationsgefahr und die unerwartet robuste Konjunktur womöglich nach oben angepasst werden.

Bullard verweist darauf, dass die Teuerung im August gegenüber dem Vormonat mit 0,6 Prozent stärker ausgefallen war als noch im Juli mit damals 0,2 Prozent. Diese Entwicklung sei "ein wenig besorgniserregend". Die Daten könnten darauf hindeuten, dass die Inflation nicht so stark sinke, wie bisher angenommen. Dies könne die Stimmung in dem für die Zinspolitik zuständigen Offenmarktausschuss in Richtung eines etwas höheren Zinspfads ändern, meint Bullard.

(Mitarbeit Michael S. Derby, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Howard Schneider und Reinhard Becker