WASHINGTON (dpa-AFX) - Die US-Notenbank Fed hält ihre Leitzinsen zunächst stabil, signalisiert aber zugleich weitere Zinsanhebungen in diesem Jahr. Die Leitzinsspanne verbleibt zunächst zwischen 5,0 und 5,25 Prozent, wie die Federal Reserve am Mittwoch nach ihrer zweitägigen geldpolitischen Sitzung in Washington mitteilte. Zugleich rechnen die Währungshüter aber offenbar damit, ihre Leitzinsen weiter anzuheben. Was sagen Experten zu den Entscheidungen?

Michael Heise, Chefökonom HQ Trust

"Die Pause bei den Zinserhöhungen ist in der aktuellen Lage angemessen. Die US-Notenbank vollzieht damit eine schwierige Gratwanderung zwischen einer konsequenten Inflationsbekämpfung und dem Vermeiden einer starken Rezession. Da die Projektionen der Notenbank in 2023 eine etwas robustere Konjunktur signalisieren als bislang angenommen, dürfte es sich tatsächlich nur um eine Pause bei Zinserhöhungen handeln. Die Notenbank wird die weiteren Inflations- und Wirtschaftsdaten abwarten und - wenn diese keine stark zunehmenden Konjunkturrisiken signalisieren - zwei weitere Zinserhöhungen vornehmen."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank

"Die deutlich nach oben geschraubten Leitzinsprojektionen sind heute die große Überraschung. Die Fed möchte trotz der Leitzinspause keineswegs den Eindruck einer zu lockeren Notenbank erwecken. Die US-Währungshüter möchten das Signal aussenden: Wir sind bereit weiter zu handeln. (...) Doch die Notenbanker in Washington werden tatsächlich keine Notwendigkeit haben, weiter an der Zinsschraube zu drehen. Die Fed ist nun im restriktiven Bereich angelangt. Gleichzeitig sind Schwächeanzeichen der US-Wirtschaft unübersehbar."

Elmar Völker, Analyst Landesbank Baden-Württemberg

"Die Fed hält sich die Option weitere Zinsanhebungen offen. Die neuen Leitzinsprojektionen (Dot Plot) zeigen, dass die überwiegende Mehrzahl der Währungshüter mindestens eine, im Median sogar zwei zusätzliche Zinsanhebungen bis Ende 2023 für angemessen hält. Falls der US-Jobmotor weiterhin unter Volldampf läuft, haben die Befürworter einer weiteren Anhebung auf der nächsten Sitzung gute Karten. Andererseits dürfte sich die US-Inflation im Juni erneut spürbar abschwächen, und zwar auf nur noch rund 3 Prozent. Letzteres spricht nach unserem Dafürhalten für ein fortgesetztes geldpolitisches Innehalten."

Bernd Weidensteiner und Christoph Balz, Analysten Commerzbank

"Bisher waren wir davon ausgegangen, dass die Fed mit 5,0 bis 5,25 Prozent bereits den Zinsgipfel erreicht hat. Da wir in den kommenden Monaten auch Fortschritte bei der Kerninflation und ein Abrutschen der US-Wirtschaft in die Rezession erwarten, erscheint dies weiterhin möglich. Das Signal der heutigen Sitzung erhöht allerdings das Risiko zumindest einer weiteren Zinserhöhung deutlich."

Paul Ashworth, Chefökonom Nordamerika Capital Economics

"Wir stimmen zu, dass die Fed bei der nächsten Sitzung Ende Juli eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte vornehmen wird. Doch auch wenn die Notenbanker nun bereit sind, danach weiterzumachen, gehen wir davon aus, dass Wirtschaftsaktivität und Beschäftigung schwächer ausfallen und Anzeichen für eine schwächere Kerninflation vorliegen. Dies wird die Fed letztendlich davon überzeugen, dass eine letzte Zinserhöhung im September nicht erforderlich ist."

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