Von Manuel Priego-Thimmel

FRANKFURT (Dow Jones)--Nach der jüngsten Schwächephase hat sich der deutsche Aktienmarkt wieder stabilisiert. Das Umfeld bleibt insgesamt günstig für die Börsen. In der kommenden Woche könnte Opec+ eine weitere Ausweitung der Produktion beschließen, was an den Märkten positiv aufgenommen werden würde. Daneben dürften die in der kommenden Woche anstehenden US-Arbeitsmarktdaten nicht stark genug ausfallen, um die US-Notenbank von ihrem geldpolitischen Kurs abzubringen.

Zuletzt ist die Volatilität an den Märkten wieder deutlich gestiegen. Die Vorverlegung der Erwartung an eine mögliche erste Zinserhöhung durch die Fed bereits ins kommende Jahr sowie die Unsicherheit über den Beginn der Reduzierung der Wertpapierkäufe hatten für Unsicherheit gesorgt. In seiner Anhörung vor dem US-Kongress hat Fed-Präsident Jerome Powell an seiner Linie festgehalten und den anhaltenden Inflationsdruck als vorübergehendes Phänomen bezeichnet. Die meisten Analysten gehen nun davon aus, dass die Fed im vierten Quartal das Tapering beschließen wird.


   US-Arbeitsmarkt weit von Vorkrisenniveau entfernt 

Die in der kommenden Woche anstehenden US-Arbeitsmarktdaten sollten an dieser Einschätzung nichts ändern. Die Commerzbank geht davon aus, dass die US-Wirtschaft im Juni 600.000 neue Stellen geschaffen hat. Das ist sicherlich ein respektabler Wert, dürfte aber bei weitem nicht ausreichen, um bei der US-Notenbank ein geldpolitisches Umdenken auszulösen. Laut Commerzbank fehlen verglichen mit Februar 2020 noch immer mehr als 7 Millionen Arbeitsplätze.

Die Vorverlegung der Zinserhöhungserwartungen in den USA hatte aus europäischer Sicht den angenehmen Nebeneffekt einer Euro-Abwertung. Die Gemeinschaftswährung ist unter die Marke von 1,20 Dollar gefallen und macht derzeit keine Anstalten, wieder über diese Hürde zu steigen. Im Gegenteil, im Devisenhandel geht man davon aus, dass die Risiken für den Euro eher nach unten gerichtet sind. Ein baldiges Abrutschen auf 1,1800 Dollar wird nicht ausgeschlossen. Ein schwacher Euro stellt eine latente Unterstützung für Europas Börsen dar, insbesondere für den exportlastigen DAX.

Unterstützung für die Börsen könnte in der kommenden Woche auch vom Treffen der Opec+ kommen. Beobachter halten es für durchaus möglich, dass die erdölexportierenden Länder eine erneute Ausweitung der Ölproduktion beschließen werden. Nach der aktuellen Beschlusslage soll die Fördermenge im Juli noch einmal erhöht werden und dann bis April 2022 stabil gehalten werden. Allerdings dürfte nach Einschätzung der Commerzbank bereits kommende Woche ernsthaft darüber diskutiert werden, einen Teil dieser noch zurückgehaltenen Produktionsmenge schon vorher freizugeben.


   Auch Opec+ hat kein Interesse an einem zu hohen Ölpreis 

Der Preis für einen Barrel der Sorte Brent hat sich seit vergangenem November bereits fast verdoppelt. An einem zu starken Anstieg des Ölpreises kann auch die Opec+ kein Interesse haben, denn die steigenden Energiepreise sind derzeit der Hauptinflationstreiber. Sollten sich die Notenbanken gezwungen sehen, gegen zu stark steigende Preise vorzugehen, wären die erdölexportierenden Länder selbst einer der Hauptverlierer. Nach Jahren niedriger Ölpreise und damit einhergehenden geschrumpften Devisenreserven dürften sich die Länder der Opec+ das kaum leisten können.

Die Chancen auf steigende Kurse stehen also nicht schlecht. Hinzu kommt, dass schon bald die ersten Unternehmen ihre Geschäftszahlen für das zweite Quartal vorlegen werden. Auch dieses dürfte gut gelaufen sein, wenngleich nicht davon auszugehen ist, dass es reibungslos an das erste anknüpfen wird, als die Analystenerwartungen noch sehr niedrig waren. Die Schätzungen an die Unternehmensgewinne sind in der Zwischenzeit deutlich nach oben angepasst worden.

Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com

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June 25, 2021 06:29 ET (10:29 GMT)