Zürich (awp) - Der Akteure am Schweizer Aktienmarkt halten sich zu Wochenschluss zurück, bleiben aber in Lauerstellung. Händler sprechen von einem Stillstand an den Börsen vor Jackson Hole. Denn vor einer Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell im Rahmen der Notenbank-Konferenz in Wyoming hemmen Zinsbefürchtungen eine weitere Erholung der Dividendenpapiere. Bis zur Rede von Powell dauert es allerdings noch etwas: Sie steht erst am späteren Nachmittag an. Und EZB-Chefin Christine Lagarde hat ihren Auftritt gar erst deutlich nach Börsenschluss hierzulande.

Allerdings hatten beide Notenbanken zuletzt immer wieder betont, datenabhängig agieren zu wollen, sodass die Hoffnungen auf mehr Klarheit bereits jetzt enttäuscht werden könnten, erklärten Experten. Die Anlegerstimmung hängt derzeit stark von der Entwicklung der US-Anleihen ab, die entsprechend unter Beobachtung stehen. Ein zeitweiser Renditerückgang kehrte sich am Vortag wegen robuster Konjunkturdaten, die besagte Zinssorgen weckten, wieder um. Ein schwacher Ifo-Geschäftsklimaindex in Deutschland vermochte die Stimmung nicht aufzuhellen.

Der SMI sinkt gegen 10.55 Uhr um 0,01 Prozent auf 10'975,79 Punkte und steuert damit auf eine positive Wochenbilanz zu. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, stagniert bei 1721,68 und der breite SPI bei 14'462,31 Punkten. Auch die Gewinner und Verlierer im SLI halten sich in etwa die Waage.

Richemont (+0,4%) und Swatch (-0,1%) haben sich nach frühen Abgaben deutlich erholt. Die Uhrenbranche steht mit der Übernahme der Juwelierkette Bucherer durch den (nicht-kotierten) Branchenprimus Rolex im Fokus. Dies dürfte die Branche nach Ansicht von Experten erheblich verändern. Den Rolex hat den Verkauf bisher - als einer der letzten Player - dem Fachhandel überlassen. "Die Stärksten werden stärker", sagt Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy.

Wie gewonnen, so zerronnen: Nachdem am Vortag ein bärenstarker Quartalsbericht des US-Chipherstellers Nvidia auch die hiesigen Technologiewerte angetrieben hatte, werden nun auch hier Gewinne in Aktien wie AMS (-1,0%) und VAT (-0,8%) mitgenommen. Im breiten Markt trifft dies Comet (-0,5%).

Auch in UBS (-1,0% auf 21,74 Fr.) werden nach den jüngsten Avancen Gewinne eingestrichen. Die Papiere hatten am Vortag erstmals seit 8 Jahren die Marke von 22 Franken wieder übertroffen. Seither geht es abwärts, zumal es nächsten Donnerstag bei der nunmehr einzigen Schweizer Grossbank zum "Showdown" kommt. Mit den Zahlen zum zweiten Quartal sollte etwa klar werden, was mit der CS Schweiz passiert. Die Angestellten der Bank interessiert, wie viele Stellen abgebaut werden.

Novartis tendieren 0,1 Prozent tiefer. Dass die Tochter Sandoz die FDA-Zulassung in den USA für das MS-Medikament Tyruko erhalten hat, stützt den Kurs nicht. Es ist das erste Generikum für diese Anwendung. Auch die anderen Schwergewichte Roche (-0,2%) und Nestlé (+0,2%) kommen nicht vom Fleck.

Zur Gruppe der Gewinner gehören auch Papiere wie ABB (+0,6%), Lindt&Sprüngli (+0,5%) und Givaudan (+0,4%).

Aus dem breiten Markt haben verschiedene Unternehmen Zahlen zum Halbjahr publiziert. Dabei fallen insbesondere Vetropack (+5,1%) und Molecular Partners (+1,4%) positiv auf. Ebenfalls nach Zahlen steigen Zug Estates um 1,3 Prozent.

Clariant ziehen um 1,7 Prozent an. Für Aufmerksamkeit und Übernahmephantasien sorgt der Einstieg der Investmentgesellschaft von Standard Industries mit gut 3 Prozent beim Spezialchemiekonzern. Die Amerikaner hatten vor sechs Jahren die von Clariant geplante Fusion mit Huntsman zum Scheitern gebracht. Dass Standard Industries betonte, es handle sich um eine "ganz normale" Investition, wird in diesem Kontext überhört.

Mit der Investmentboutique GAM geht es um 7,4 Prozent nach unten, nachdem am Vortag die Übernahme durch Liontrust gescheitert war. Angesichts der anhaltenden Verluste und der stark gesunkenen Liquidität tickt die Uhr lauter und lauter, sagten Börsianer.

Dass Aktien von defizitären und finanziell angespannten Unternehmen aus den Depots geworfen werden, lässt sich auch an der Kursentwicklung bei Obseva (-10,1%), Kuros (-4,4%) und Evolva (-2,9%) ablesen.

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