Berlin (Reuters) - Kurz vor dem Spitzentreffen mit der Bundesregierung haben die Länder deutliche Finanzforderungen erhoben.

Nach der Sitzung der 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten in Berlin forderte Niedersachsens Landeschef Stephan Weil (SPD) am Donnerstag, dass die Bundesregierung mehr Geld für die beschlossene Einführung eines bundesweiten Deutschlandtickets für 49 Euro pro Monat für den Öffentlichen Nahverkehr aufbringen muss. Die Verkehrsbetriebe hätten das Deutschlandticket auf der Grundlage eines 69-Euro-Tickets berechnet und seien dann auf Kosten von drei Milliarden Euro jährlich gekommen, sagte NRW-Landeschef Hendrik Wüst (CDU). "Wenn man dann ein 49-Euro-Ticket beschließt, muss man sich nicht wundern, wenn es nicht klappt."

Beide Landeschefs pochten zudem auf mehr Bundesmittel für die Härtefälle unter kleinen Unternehmen in der Energiekrise und die Nutzer von Öl- und Pellet-Heizungen. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) hatte zusätzliche Hilfen des Bundes für Heizöl-, Pellet- oder Brikett-Nutzer gefordert, die durch die Energiepreisbremsen nicht entlastet werden.

Kanzler Olaf Scholz empfing die 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Donnerstagnachmittag. Bei dem Treffen im Kanzleramt will die Bundesregierung etwa über die Nationale Sicherheitsstrategie informieren, von der wegen der Länderzuständigkeit für die Cyberabwehr und den Katastrophenschutz auch die Landesregierungen betroffen sind. Die Debatte über ein beschleunigtes Planungsrecht sei wieder von der Tagesordnung genommen, weil es noch Differenzen innerhalb der Ampel-Regierung von SPD, Grünen und FDP gibt, kritisierte Wüst.

Bund und Länder hatten sich im Prinzip geeinigt, sich die Kosten für das digitale, landesweit gültige "Deutschlandticket" für den ÖPNV für 49 Euro pro Monat mit je 1,5 Milliarden Euro zu teilen. Allerdings fordern die Länder wie viele Verkehrsbetriebe vor der Einführung mehr Geld des Bundes wegen der stark gestiegenen Energiepreise und der Tarifsteigerungen. Die ursprünglich zum 1. Januar geplante Einführung könnte sich nun etwa auf den 1. April verschieben. Weil kritisierte, dass der Bund dann seinen Anteil von 1,5 Milliarden Euro sogar noch kürzen wolle. Das sei für die Länder nicht akzeptabel. Sowohl Weil als auch Wüst ließen offen, was die Konsequenz einer ausbleibenden Einigung mit dem Bund sein würde.

Unmut gibt es auch bei den SPD-geführten Ländern, dass der Bund nicht für die Härtefallregelungen für kleine Unternehmen zahlen will. "Die zusätzliche Härtefallregelung des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen muss jetzt schnell auf den Weg gebracht werden", sagte die SPD-Politikerin Schwesig dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Ein größeres Thema bei der Spitzenrunde im Kanzleramt dürften nach Angaben aus Verhandlungskreisen auch die steigenden Flüchtlingszahlen werden, die die Kommunen vor immer größere Probleme stellen. Zum einen wird angesichts der russischen Angriffe auf die Ukraine und dem bevorstehenden Winter mit einer steigenden Zahl an Kriegsflüchtlingen gerechnet. Zum anderen steigt seit Monaten die Zahl der Migranten, die über die sogenannte Balkanroute nach Deutschland kommen. Die Bundesländer mahnen, dass der Bund an mehr Hilfen denken müsse, aber vor allem dafür sorgen solle, dass weniger Flüchtlinge über die Balkanroute kommen.

Weiterer Streitpunkt ist die von der Ampel beschlossene Auszahlung von 200 Euro an Studenten als Entlastung für die hohen Energiepreise. Weil beklagte im Namen der Länder, dass der Bund keinerlei Vorschläge gemacht habe, wie dies umgesetzt werden solle. Die Länder befürchten einen hohen eigenen Bürokratie-Aufwand.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)