Frankfurt (Reuters) - Die Aussicht auf vorerst anhaltend hohe Zinsen in den USA hat die Anleger an den europäischen Aktienmärkten verstimmt.

Der Dax verlor am Donnerstag in der Spitze 0,9 Prozent auf 15.679 Zähler, der EuroStoxx50 gab bis zu 0,8 Prozent nach. "Viele Marktteilnehmer hatten gehofft, doch Fed-Chef Jerome Powell tat den Aktienmärkten nicht den Gefallen: Das erlösende Wort ,Zinssenkung' blieb aus", kommentierte Christian Henke vom Broker IG den Zins-Entscheid der US-Notenbank vom Mittwochabend.

Zur Bekämpfung der Teuerung hat die Fed die Zinsen über die Fünf-Prozent-Marke gehievt und steuert nun auf eine Pause zu. Fed-Chef Powell dämpfte zugleich jedoch Erwartungen an eine baldige Senkung der Schlüsselsätze. Das weitere Vorgehen dürfte "von den zukünftigen Konjunktur- und Inflationszahlen sowie von der Stabilität des Bankensektors abhängig sein", urteilten die Analysten der Helaba. Damit bleibe die Unsicherheit hinsichtlich des weiteren Zinspfads groß.

EZB STEHT IN DEN STARTLÖCHERN

Wie sich die EZB im Kampf gegen die hohe Inflation positioniert, wird sich nach der Ratssitzung am Nachmittag zeigen. Volkswirte rechnen damit, dass die Notenbanker die Zinsen erneut heraufsetzen werden. Sie könnten wegen der jüngsten Banken-Turbulenzen jedoch den Fuß etwas vom Gas nehmen und die Schlüsselsätze nur um einen Viertel Prozentpunkt anheben. Der Euro konnte seine anfänglichen Gewinne im Vorfeld des EZB-Entscheids nicht halten und verlor 0,2 Prozent auf 1,1037 Dollar. Der Dollar-Index notierte kaum verändert bei 101,3680 Stellen.

Unter den Einzelwerten sorgte eine neue Flut von Bilanzen für Bewegung. Größter Dax-Verlierer waren Zalando mit einem Abschlag von mehr als acht Prozent. Dank geringerer Abwicklungskosten für Bestellungen hat der Online-Modehändler den Verlust zum Jahresauftakt etwas deutlicher verringert als erwartet. Einige Investoren zweifelten aber an einer Fortsetzung dieses Trends und zogen sich zurück.

Ebenfalls bergab ging es für Rheinmetall. Nach einem enttäuschenden Quartalsergebnis fielen die Titel in der Spitze um 3,8 Prozent auf ein Vier-Wochen-Tief von 258,20 Euro ab. Auch der italienische Konkurrent Leonardo verdiente im ersten Quartal weniger. Die Aktien verloren in Mailand 5,3 Prozent. Die Papiere von Hensoldt rutschten um mehr als sechs Prozent ab. Leonardo hatte einem Verkauf der Verteidigungselektronik-Sparte an den deutschen Partner eine Absage erteilt.

An der Dax-Spitze fanden sich nach der Veröffentlichung der Quartalszahlen Qiagen wieder. Sie legten 2,3 Prozent auf 41,66 Euro zu. In den Zahlen gebe es Licht und Schatten, aber sie reichten, um die Aktie nach oben zu treiben, sagt ein Händler. Der Umsatz fiel im ersten Quartal um 23 Prozent auf 485 Millionen Dollar. Zu konstanten Wechselkursen lag er mit 502 Millionen Dollar allerdings oberhalb der Prognose von Qiagen von mindestens 490 Millionen Dollar.

Punkten konnten auch die Autobauer: Dank der vollständigen Einbeziehung des China-Geschäfts im ersten Quartal hat BMW ein deutliches Umsatzplus eingefahren. Die Aktien rückten um 1,2 Prozent vor. Bei Volkswagen hat die Absatzerholung in Europa und den USA den Gewinn zu Jahresbeginn kräftig steigen lassen. Im Dax ging es für die Titel bis zu 1,1 Prozent nach oben.

Erneut in den Fokus rückten auch die Regionalbanken in den USA. Im Kreuzfeuer stand nach einem massiven Kursverfall nun die PacWest Bancorp, die im Gespräch mit Investoren nach strategischen Optionen sucht. Damit will sie augenscheinlich dem Schicksal der in einem Notverkauf an JP Morgan gegangenen First Republic und anderen von den US-Aufsichtsbehörden aufgefangenen Instituten entgehen. Die Aktien brachen im vorbörslichen US-Geschäft um 43 Prozent ein. Auslöser für die US-Bankenkrise war der Kollaps der Silicon Valley Bank gewesen, der zu massiven Mittelabflüssen bei Regionalbanken geführt hatte. Seitdem schwebt die Furcht vor einer neuen Finanzkrise wie ein Damoklesschwert über den Märkten.

(Bericht von: Daniela Pegna. Mitarbeit: Anika Ross, redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)