Frankfurt (Reuters) - Gestützt auf Kursgewinne der Finanz- und Rohstoffwerte gehen Europas Börsen vor dem Wochenende auf Erholungskurs.

Dax und EuroStoxx50 stiegen am Freitag um jeweils mehr als ein Prozent auf 13.065 beziehungsweise 3560 Punkte.

Der historische XXL-Zinsschritt der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Donnerstag und die Aussicht auf weiter steigende Zinsen beiderseits des Atlantiks seien für Anleger keine Gründe für einen Ausverkauf, sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. "Während ein Teil den Aktienmarkt vorerst meidet, sieht der andere Teil den nun konsequenten und konzertierten Kampf der Notenbanken als ein gutes Signal und greift ungeachtet der Rezessionsgefahren zu."

Parallel dazu verfolgten Börsianer aufmerksam das Treffen der EU-Energieminister. Diese beraten über eine Strompreis-Bremse für Privathaushalte und Kleinbetriebe. Außerdem ist ein Gaspreis-Deckel im Gespräch. Dank einer schwindenden Furcht vor akuten Engpässen im Winter verbilligte sich der europäische Erdgas-Future um weitere 5,6 Prozent auf 207,75 Euro je Megawattstunde.

CHINA-DATEN UND SCHWÄCHERER DOLLAR TREIBEN ROHSTOFFPREISE

Bei den meisten anderen Rohstoffen griffen Investoren dagegen beherzt zu. So verteuerten sich Kupfer und Eisenerz um 2,2 Prozent auf 7980 Dollar je Tonne beziehungsweise um 3,7 Prozent auf 720,50 Yuan (104 Dollar) je Tonne. Gold legte gut ein Prozent auf 1727 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) zu. Sie alle profitierten Börsianern zufolge vor allem von der Abwertung der Weltleitwährung, die Rohstoffe für Investoren außerhalb der USA attraktiver macht. Gewinnmitnahmen drückten den Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt und der am Mittwoch ein 20-Jahres-Hoch erreicht hatte, ein Prozent ins Minus.

Industriemetalle profitieren zusätzlich von der verlangsamten Inflation in China, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Das gibt der chinesischen Notenbank Spielraum, die schwächelnde Wirtschaft im Reich der Mitte stärker zu unterstützen."

ENBW AUF TALFAHRT

Vor diesem Hintergrund stiegen Investoren bei Rohstoffwerten ein. Der Index der europäischen Minen- und Metallkonzerne stieg um bis zu vier Prozent, so stark wie zuletzt vor zwei Monaten. Zu den Favoriten gehörte hier die Kupferhütte Aurubis mit einem Kursplus von fast sechs Prozent.

Gleichzeitig baute der Index für die Banken der Euro-Zone seine jüngsten Gewinne aus und legte 3,5 Prozent zu. Durch steigende Zinsen winken den Geldhäusern höhere Überschüsse aus dem klassischen Kreditgeschäft.

Die Papiere von EnBW steuerten dagegen mit einem Minus von zeitweise mehr als zehn Prozent auf den größten Tagesverlust seit dem Börsen-Crash vom März 2020 zu. VNG, die Gasimport-Tochter des Versorgers, beantragte wegen der gestiegenen Energiepreise Staatshilfe. Wegen ausbleibender russischer Lieferungen muss das Unternehmen ähnlich wie Konkurrent Uniper Erdgas kurzfristig anderweitig und zu höheren Preisen beschaffen.

(Bericht von Hakan Ersen, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)