Hongkong (Reuters) - Der chinesische Smartphone-Hersteller Xiaomi Corp ist seinem Plan zum Bau von Elektroautos am hart umkämpften Automarkt des Landes einen großen Schritt nähergekommen.

Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), die Investitionen und Produktionskapazitäten in der Autoindustrie Chinas regelt, habe Anfang August eine Genehmigung erteilt, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Der weltweit drittgrößte Smartphone-Produzent hatte den Einstieg in die E-Autoproduktion vor mehr als zwei Jahren angekündigt. Für den im kommenden Jahr anvisierten Start der Serienproduktion braucht es noch grünes Licht des Ministeriums für Industrie und Information, das über Technik- und Sicherheitsanforderungen wacht.

Das Unternehmen und die Behörden reagierten zunächst nicht auf die Bitte um Stellungnahmen. Xiaomi wagt den kostspieligen Markteintritt mitten in einem harten, vom US-Elektroautopionier Tesla ausgelösten Preiskampf bei Elektroautos am weltweit größten Automarkt. Rund 50 Hersteller reiner batterieelektrischer Autos buhlen bereits um die Gunst der Kunden bei schwächelnder Nachfrage und Überkapazitäten.

Der Smartphone-Riese aus Peking will binnen einer Dekade zehn Milliarden US-Dollar in das Automobilgeschäft investieren. Die Produktion soll den Insidern zufolge im Dezember anlaufen. Xiaomi peile im ersten Jahr ein Volumen von 100.000 Fahrzeugen an, sagte eine der Personen. Seit vergangener Woche werden Beschäftigte unter Hochdruck angeheuert, wie zwei Angestellte von Xiaomi sagten, die nicht namentlich genannt werden wollten. Die staatliche Zeitung Beijing Daily hatte im Juli berichtet, der Bau einer Fabrik mit einer Jahreskapazität von 200.000 E-Autos in Peking sei schon abgeschlossen. Die Stadt Peking begrüßte das neue E-Auto-Werk als wichtiges industrielles Modernisierungsprojekt.

Xiaomi ist erst das vierte Unternehmen seit 2017, das eine Genehmigung von der NDRC erhält. Die Behörde war wegen rasch wachsender Kapazitäten vorsichtiger geworden. So hat Tesla noch keine Freigabe für eine beantragte Erweiterung seines Werkes in Shanghai erhalten. Nach Informationen von Insidern blitzte auch der US-Luxusautobauer Lucid ab, als er in Sachen Produktion in China vorfühlte. Nach Daten des chinesischen Automobilverbandes CPCA waren die Autofabriken in China im vergangenen Jahr bei einer Gesamtkapazität von 43 Millionen Fahrzeugen nur gut zur Hälfte ausgelastet, verglichen mit zwei Dritteln fünf Jahre zuvor.

Xiaomi steht allerdings auch an seinem angestammten Markt unter wachsendem Druck. Im vergangenen Quartal brach der Umsatz fast um ein Fünftel ein. Nach Schätzung der Beratung Counterpoint sanken die Smartphone-Verkäufe in China im zweiten Quartal um vier Prozent. In Tausenden Geschäften will das Unternehmen die Smartphones jetzt rausräumen und Elektroautos reinrollen. Xiaomi-Chef Lei Jun postete am Wochenende im sozialen Netzwerk Weibo Fotos von Menschen, die ein Banner mit der Parole "Kämpfen für Xiaomi-Auto" hoch hielten.

(Bericht von Julie Zhu, geschrieben von Ilona Wissenbach, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)