Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der frühere Bundesminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat im Wirecard-Untersuchungsausschuss Vorwürfe zurückgewiesen, mit seinem Beratungsunternehmen Spitzberg Partners frühzeitig Kenntnis von den Betrugsvorgängen bei dem Finanzdienstleister gehabt zu haben. "Hätten wir gewusst, dass das Geschäftsmodell von Wirecard offenbar auf Betrug basierte, hätten wir dieses DAX-Unternehmen niemals beraten", sagte der ehemalige Wirtschafts- und frühere Verteidigungsminister.

"Ich staune, wenn ich höre, mein Team oder ich hätten (dies) schon zu einem viel früheren Zeitpunkt wissen müssen", sagte er. "Das entbehrt jeder Grundlage." Er habe "zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise Zugang zu Indizien" für Betrug oder Geldwäsche gehabt und sei von den Vorgängen "vollkommen überrascht" worden. "Einen solchen Betrug konnte man als Geschäftspartner ... nicht erahnen", erklärte er. "Das war einfach nicht vorstellbar."

In dem Ausschuss rückt damit verstärkt die Rolle der Politik in dem Skandal um den Zahlungsdienstleister ins Zentrum. Dabei geht es besonders um die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen des Engagements für Wirecard bei einer China-Reise im Herbst 2019. Im Zentrum steht aber auch das Agieren von Finanzstaatssekretär Wolfgang Schmidt, der sich im Juni 2019 in Peking für Wirecard einsetzte.


   Frage nach den Geldflüssen 

Abgeordnete hatten direkt vor der Ausschusssitzung die Bedeutung der Vernehmung Guttenbergs für die Wirecard-Untersuchung betont. Dieser sei "Dreh- und Angelpunkt, um Muster darzulegen", sagte der Ausschussvorsitzende Kay Gottschalk (AfD) am Rande der Sitzung. Es gehe um die Beachtung von Compliance-Regeln. "Uns geht es vor allem um das Thema, wie welche Berater gewirkt haben", sagte der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer. FDP-Finanzsprecher Florian Toncar stellte in den Mittelpunkt, "wie die Geldflüsse gelaufen sind". Linke-Fraktionsvize Fabio De Masi nannte das Agieren der politisch Verantwortlichen "hoch fragwürdig".

Guttenberg ist einer von sieben Zeugen in der Sitzung. Er hatte als Berater mit seiner Firma vor Merkels Reise im Kanzleramt zugunsten von Wirecard antichambriert. Geladen sind unter anderem auch Hamburgs früherer Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU), Merkels Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller und Finanzstaatssekretär Schmidt.

Der Spiegel hatte unter Berufung auf Unterlagen des Untersuchungsausschusses berichtet, die Bundesregierung habe sich deutlich umfassender für den Markteintritt von Wirecard in China eingesetzt als bislang bekannt. Hintergrund ist das damalige Vorhaben von Wirecard, den Zahlungsdiensteanbieter Allscore zu erwerben, das zwei Monate nach Merkels Besuch umgesetzt wurde.

Bei dem damaligen DAX-Unternehmen Wirecard waren im Juni Luftbuchungen von fast 2 Milliarden Euro öffentlich geworden, es befindet sich mittlerweile in einem Insolvenzverfahren. Ex-Wirecard-Chef Markus Braun sitzt inzwischen in Haft, Ex-Vorstandsmitglied Jan Marsalek ist flüchtig. Braun hatte bei seiner Vernehmung in dem Ausschuss die Antwort auf Fragen der Abgeordneten im Wesentlichen verweigert.

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December 17, 2020 05:57 ET (10:57 GMT)