Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Das Börsendebüt von Universal Music war ein absoluter Volltreffer. Die Begeisterung der Anleger für alles, was mit Musik zu tun hat, ist verständlich, droht aber ungelöste Spannungen im Zuge des Revivals der Branche zu übertönen. Am ersten Tag kletterte der Aktienkurs des Plattenlabels, das hinter Top-Acts wie den Beatles und Lady Gaga steht, um satte 38 Prozent.

Universal wurde von seinem früheren französischen Eigentümer Vivendi ausgegliedert, wobei 60 Prozent der Aktien in Amsterdam an die Börse gebracht wurden. Am ersten Börsentag lag die Bewertung bei rund 46 Milliarden Euro (umgerechnet 54 Milliarden US-Dollar). Das ist deutlich mehr als die Bewertung von rund 40 Milliarden Dollar, die Universal vor drei Monaten erzielte, als der aktivistische Investor William Ackman einen Anteil von 10 Prozent erwarb.


 Universal-Music-Aktie zieht an Warner Music vorbei 

Die Aktionäre sind von Universal noch mehr begeistert als die des Konkurrenten Warner Music, der im vergangenen Jahr in New York sein Börsendebüt hatte. Unter Berücksichtigung der Nettoverschuldung wird Universal jetzt mit einem Aufschlag von 25 Prozent gegenüber seinem Konkurrenten gehandelt, und zugleich mit einem Vielfachen des von Bernstein prognostizierten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Universal ist ein größeres und profitableres Unternehmen als Warner und verfügt über einen viel größeren Streubesitz.

Der Aufschlag schien nicht garantiert, als Vivendi entschied, Universal in Amsterdam und nicht in den Vereinigten Staaten an die Börse zu bringen. Aber im Endeffekt machte eine starke Nachfrage jedweden möglichen Europa-Abschlag mehr als wett.

Mit dem jüngsten Musik-Börsengang haben die Anleger eine weitere Option, auf die während der Pandemie rasant gestiegene Nachfrage nach Streaming-Diensten zu setzen. Nach Angaben der International Federation of the Phonographic Industry stiegen die weltweiten Streaming-Einnahmen im Jahr 2020 um 20 Prozent - und das nach Jahren des rasanten Wachstums. Streaming und Abonnements machten 56 Prozent der Gesamteinnahmen von Universal im ersten Halbjahr 2021 aus.


 Offen ist die Aufteilung des Streaming-Kuchens 

Ein Wermutstropfen ist die anhaltende Unsicherheit darüber, wie genau die Ausbeute der Streaming-Revolution zwischen den großen, auf Verbraucherinteressen abgestellten Online-Plattformen, die sie vorangetrieben haben, und den großen Plattenfirmen, die die größeren Gewinne verbuchen, aufgeteilt werden wird.

Die Aktien des unrentablen Unternehmens Spotify Technology werden laut Factset derzeit mit dem 3,6-fachen des geschätzten Umsatzes gehandelt, was in etwa dem Vielfachen von Warner entspricht und leicht unter dem von Universal liegt. Der Aktienkurs von Spotify ist in diesem Jahr um 24 Prozent abgerutscht, weil sich das Wachstum der monatlich aktiven Nutzer abgeschwächt hat. Die Bewertung deutet jedoch darauf hin, dass die Anleger davon ausgehen, dass Spotify letztlich einen größeren Anteil an den Lizenzgebühren für die auf seiner Plattform gestreamten Songs erhalten wird. Dies ginge auf Kosten der Streaming-Einnahmen von Plattenfirmen wie Warner und Universal.

Die Anleger konnten derartige kognitive Dissonanzen noch ignorieren, als die Nachfrage nach Musikstreaming während der Pandemie boomte. Wenn sich das Wachstum allerdings verlangsamt, wird eine selektivere Herangehensweise an Musik-Investments aber wahrscheinlich wichtiger werden.

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September 22, 2021 04:33 ET (08:33 GMT)