WASHINGTON (dpa-AFX) - Die Demokraten im US-Senat stemmen sich gegen die Möglichkeit, dass das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump ohne Anhörung neuer Zeugen endet. Ein Freispruch wäre dann eine "Farce", sagte der demokratische Minderheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, am Freitag. Die Bereitschaft der republikanischen Senatoren, den Präsidenten trotz überwältigender Beweislast möglichst schnell ohne fairen Prozess freizusprechen, sei "tief besorgniserregend".

Die Forderung der Demokraten nach einer Anhörung neuer Zeugen dürfte allerdings kaum noch eine Chance auf eine Mehrheit im Senat haben, nachdem zwei republikanische Senatoren erklärten, nicht dafür stimmen zu wollen. Sie galten als potenzielle Unterstützer der Demokraten in dieser Frage. Damit könnte das Verfahren theoretisch noch am Freitag (Ortszeit) beendet werden.

Das Repräsentantenhaus hat Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt: Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentenwahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen unter anderem die Freigabe der Militärhilfe abhängig gemacht hat. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Parlaments zu blockieren.

Schumer warnte, ohne Anhörung von Zeugen wäre ein Freispruch "bedeutungslos". Trumps Freispruch wäre dann für immer mit der Fußnote verbunden, dass es nur dank der republikanischen Mehrheit im Senat und ohne einen ordentlichen Prozess dazu gekommen sei. Auch die demokratische Senatorin Kamala Harris sagte: "Ohne fairen Prozess kann es keinen wirklichen Freispruch geben."

Der Senat sollte am Freitag (ab 23.00 Uhr MEZ) darüber abstimmen, ob für das Impeachment-Verfahren in der Parlamentskammer neue Zeugen vorgeladen und Dokumente der Regierung angefordert werden sollen. Die Demokraten fordern dies vehement. Die Führung der Republikaner hingegen, die im Senat eine Mehrheit haben, lehnt dies ab. Die Republikaner verfügen über 53 der 100 Sitze im Senat. Die Demokraten bräuchten daher die Stimmen von vier Republikanern.

Vier republikanische Senatoren galten als potenzielle Wackelkandidaten. In der Nacht zum Freitag erklärte mit Lamar Alexander allerdings einer von ihnen, dass er nicht für die Zulassung neuer Zeugen stimmen wolle. Er halte Trumps Verhalten in der Ukraine-Affäre zwar für "nicht angemessen"; das reiche aber nicht, um den Präsidenten des Amtes zu entheben. Darüber müsse das Volk in der Wahl im November entscheiden. Auch die republikanische Senatorin Lisa Murkowski erklärte US-Medien zufolge, sie werde gegen neue Zeugen stimmen.

Die Vorladung von Zeugen erschien daher am Freitag so gut wie ausgeschlossen. Sollten keine neuen Zeugen gehört werden, könnte der Senat die Anklagepunkte gegen Trump noch in der Nacht zum Samstag abweisen. In jedem Fall schine eine Amtsenthebung Trumps so gut wie ausgeschlossen: Dafür müssten 67 Senatoren für mindestens einen der beiden Anklagepunkte des Repräsentantenhauses stimmen. 20 Republikaner müssten auf die Seite der Demokraten wechseln, die geschlossen dafür stimmen müssten.

Trump warf den Demokraten bei einer Wahlkampfveranstaltung in Des Moines im Bundesstaat Iowa vor, das Wahlergebnis 2016 kippen zu wollen: "Sie wollen Eure Wahlzettel ungültig machen und unsere Demokratie vergiften und das gesamtes Regierungssystem stürzen", sagte er. "Das wird nicht passieren."

Der Senat nimmt bei dem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts ein und entscheidet über die Anklagepunkte. Für die Verteidiger forderte der Rechtsberater des Weißen Hauses, Pat Cipollone, am Donnerstagabend einen Freispruch Trumps. Das sei "das einzig angemessene Ergebnis", das dem Land nicht über Generationen hinweg Schaden zufügen würde, sagte Cipollone.

Die Demokraten sehen sich in ihrer Forderung durch einen Bericht über ein noch unveröffentlichtes Buch von Trumps früherem Sicherheitsberater John Bolton bestärkt. Die "New York Times" hatte am Sonntag unter Berufung auf das Manuskript berichtet, Trump solle Bolton im August gesagt haben, er wolle Militärhilfe für die Ukraine so lange zurückhalten, bis Kiew Ermittlungen gegen seinen Rivalen Biden einleite. Das widerspricht einem Kernpunkt von Trumps Verteidigung im Impeachment-Verfahren.

Die "New York Times" berichtete am Freitag über weitere Inhalte des unveröffentlichten Buchs. Die Zeitung schrieb unter Berufung auf das Manuskript, der Präsident habe Bolton angewiesen, Selenskyj anzurufen, um ein Treffen mit Trumps persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zu arrangieren. Bolton habe den Anruf nie getätigt. Giuliani spielt eine zentrale Rolle in der Ukraine-Affäre. Bolton hatte sich zur Aussage im Senat bereiterklärt./cy/jbz/DP/he