Artikel von www.handelsblatt.com vom 17.01.2023

Der Versicherer Talanx hat sich ehrgeizige Ziele für die nächsten Jahre gesteckt. Konzernchef Torsten Leue will Gewinn und Dividende bis 2025 deutlich erhöhen. Dadurch steigen auch die Anforderungen an die Belegschaft. "Es ist eine der größten Herausforderungen, die Mitarbeitenden für die anstehenden Aufgaben weiterzuentwickeln", sagte Talanx-Vorständin Caroline Schlienkamp im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Die 48-Jährige ist seit Mai 2022 die einzige Frau im Talanx-Vorstand und zuständig für Compliance, Recht, Datenschutz, Einkauf und Innere Dienste. Seit Juli hat sie als Arbeitsdirektorin auch die Verantwortung für den Personalbereich.

Für die Versicherungsindustrie ist das derzeitige Umfeld aus Inflation, Zinsanstieg, Naturkatastrophen und Cybergefahren alles andere als einfach. Zudem müssen die Konzerne die digitale Transformation hin zu mehr Automatisierung und Standardisierung vorantreiben. Sich in dieser schwierigen Gesamtlage höhere Ziele zu stecken, erscheint ambitioniert.

Beim Kapitalmarkttag hatte Vorstandschef Leue angekündigt, dass die Dividende in den Jahren bis 2025 bis auf 2,50 Euro je Aktie steigen soll. Für das Geschäftsjahr 2022 wird die Dividende voraussichtlich zwei Euro betragen. Daneben soll sich das Konzernergebnis auf 1,6 Milliarden Euro erhöhen. Im abgelaufenen Jahr wird es Schätzungen zufolge am oberen Ende der Spanne von 1,05 bis 1,15 Milliarden Euro liegen. Das wäre ein Plus von mehr als 50 Prozent in der Spitze.

Mehr als 30 Einzelmaßnahmen

Erreichen will Talanx die Dreijahresziele auch mithilfe einer neuen Personalstrategie, die der Konzern den Beschäftigten bei einer Jahresauftaktveranstaltung am heutigen Dienstag vorstellt. Der im MDax notierte Talanx-Konzern, zu dem unter anderem der Erstversicherer HDI und der Rückversicherer Hannover Rück gehören, beschäftigt weltweit rund 24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Konkret steht Talanx - wie viele andere Versicherer auch - vor der Herausforderung, dass sich die Anforderungen an die Mitarbeitenden durch die Digitalisierung stark verändern. Wenn einfache Schäden von den Versicherten online gemeldet und durch einen Algorithmus reguliert werden können, braucht es weniger Sachbearbeiter. Stattdessen suchen Versicherer händeringend nach Spezialisten.

Neue duale Studiengänge

"Wir brauchen künftig mehr Data-Analysten. Daneben ist es bereits schwieriger, Juristen, Informatiker oder Underwriter zu bekommen", erklärt Schlienkamp. Versicherer stehen hier auch im Wettbewerb mit anderen Branchen. Schlienkamp bezeichnet es daher als sehr herausfordernd, weiter "bestens ausgebildete Mitarbeitende zu bekommen in einem Markt, der immer enger wird".

Mit den drei neuen dualen Studiengängen Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt Data-Science, IT-Security sowie Wirtschaftsmathematik und Aktuarwissenschaften will Talanx Personal, das am Markt schwer zu bekommen ist, künftig verstärkt selbst ausbilden.

Jungen Menschen Studienmöglichkeiten zu bieten, ist die eine Sache. Doch wie bei Versicherern oft üblich, sind viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon sehr lange bei Talanx beschäftigt, Schlienkamp zufolge manche sogar mehr als 40 Jahre.

Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit beträgt im Inland - ohne Hannover Rück - momentan 15 Jahre. Das Durchschnittsalter liegt bei 45,8 Jahren und ist damit höher als im Bundesdurchschnitt. Laut Statistischem Bundesamt waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland 2021 im Schnitt 42,6 Jahre alt.

Dass manche langjährige Beschäftigte Veränderungsprozesse ausbremsen könnten, fürchtet Schlienkamp offenbar nicht: "Viele unserer Spezialisten haben schon mehrere Transformationen miterlebt und können sich mit all ihrem Wissen gut auf Veränderungen einlassen." Trotzdem sei es wichtig, dass ab und zu auch frischer Wind hereinkommt - auch weil einige langjährige Talanx-Mitarbeiter demnächst in Rente gehen: "Mit Blick auf den demografischen Wandel wird die Nachbesetzung nicht einfach werden", meint Schlienkamp.

Frauenquote in Führungspositionen steigt langsam an

Auch wenn Talanx in den nächsten Jahren auf neues Personal von außen angewiesen ist und die aktive Ansprache von Kandidatinnen und Kandidaten sowie die Präsenz in den sozialen Medien verstärkt, will Schlienkamp vor allem den bestehenden Mitarbeitern Perspektiven bieten.

Sie verspricht, viele Führungspositionen intern zu besetzen. Das Ziel, auf jede zweite vakante Führungsposition eine Frau zu befördern, erreicht Talanx noch nicht ganz, räumt Schlienkamp ein: "Wir arbeiten aber stetig daran, den Anteil von Frauen in Führung zu steigern."

Auf der ersten bis dritten Führungsebene ist dieser bei Talanx in Deutschland zwischen Ende 2020 und Ende 2022 von 21,3 Prozent auf 24,3 Prozent gestiegen. Wichtig ist Schlienkamp aber, dass der Konzern im Rahmen der Diversitätsstrategie nicht nur Frauen, sondern Menschen mit den verschiedensten Hintergründen fördern wolle: "Wir sind überzeugt, dass die Arbeitsergebnisse besser werden, wenn die Menschen im Unternehmen nicht Teile ihrer Persönlichkeit an der Pforte abgeben müssen."

Dem Trend zur Arbeit im Homeoffice steht Schlienkamp positiv gegenüber: "Mobiles Arbeiten und Leistung schließen sich nicht aus." Bisher habe man nicht festgestellt, dass es im Homeoffice Leistungseinbrüche gab. Dennoch glaube sie fest daran, dass "wir kreativer und innovativer sind, wenn wir uns im Büro gezielt treffen". Der Konzern habe mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung getroffen, dass Mitarbeitende von null bis 60 Prozent mobil arbeiten können - und das über ein Quartal verteilt.

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