MÜNCHEN (awp international) - Der Elektrokonzern Siemens hat zu Beginn des neuen Geschäftsjahres auch dank Sondereffekten überraschend viel Gewinn eingefahren und erhöht seine Gewinnprognose kräftig. Auf Jahressicht soll je Aktie nun ein Gewinn von 7,20 Euro bis 7,70 herauskommen, wie das Unternehmen am Dienstagabend mitteilte. Vorher hatten lediglich 6,80 Euro bis 7,20 Euro im Plan gestanden. Nun strebt das Dax -Unternehmen damit einen Überschuss von bis zu 6,55 Milliarden Euro an. Das wäre gut ein Sechstel mehr als ein Jahr zuvor.

Im operativen Geschäft war das Ergebnis des Industriegeschäfts im ersten Geschäftsquartal begünstigt von einem Portfoliogewinn um 26 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro gestiegen, die vielbeachtete entsprechende Marge kletterte auf 13 Prozent. Auch hier ist Siemens-Chef Joe Kaeser nun optimistischer: Im gesamten Jahr soll mit 11 bis 12 Prozent rund ein halber Prozentpunkt mehr übrig bleiben als bisher angepeilt. Unter dem Strich wuchs der Überschuss um ein Viertel auf 1,9 Milliarden Euro. Mit den Zahlen schlug Siemens die Erwartungen von Experten deutlich, die Aktie gewann nachbörslich auf Tradegate rund zwei Prozent.

SONDEREFFEKTE BEGÜNSTIGEN ERGEBNIS

Insbesondere kamen dem Unternehmen auch Sondereffekte zugute. In der Sparte mit Industriesoftware (Digital Factory) sorgte das Einbringen von Anteilen in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem französischen Autozulieferer Valeo für 172 Millionen Euro Sondergewinn. In dem Geschäft will Siemens zusammen mit den Franzosen Antriebe für Elektrofahrzeuge entwickeln. Zudem spielten Kaeser und seinem Finanzchef Ralf Thomas in den zentral gesteuerten Portfolioaktivitäten - wie der Verwaltung von Immobilien und Konzernverpflichtungen - Zinseffekte in die Hände. In dem Bereich fiel ein Gewinn von 0,4 Milliarden Euro an. Allerdings dürften die Ergebnisse hier auch künftig spürbar schwanken, hiess es.

Gut lief es weiter in der Medizintechniksparte, die der Konzern "unter dem Dach von Siemens" an die Börse bringen will. Die Umsatzrendite der "Healthineers" getauften Geschäftseinheit stieg deutlich - seit geraumer Zeit macht Siemens mit medizinischen Geräten wie Tomographen gute Geschäfte.

KONZERNUMSATZ UND AUFTRÄGE UNTER ERWARTUNGEN

Bei Umsatz und Auftragseingang schnitten die Münchener allerdings schwächer ab als gedacht. Der Erlös stieg um ein Prozent auf 19,1 Milliarden Euro, ohne Wechselkurseffekte und Zu- wie Verkäufe gerechnet wäre er um 3 Prozent geklettert. Der Auftragseingang ging um 14 Prozent auf 19,6 Milliarden Euro zurück. Hier fehlten die grossen Kraftwerksaufträge aus Ägypten aus dem entsprechenden Vorjahreszeitraum.

Allerdings sorgte die Abarbeitung der Grossaufträge für Umsatzzuwachs in der Energieerzeugung. Auch die Windkraftsparte konnte mit einem deutlichen Plus bei den Erlösen aufwarten, insbesondere wegen guter Geschäfte mit Windparks auf hoher See in Europa. In der Problemsparte mit grossen Antrieben gingen die Erlöse und Aufträge weiter zurück, weil die rohstoffnahen Branchen sich mit Investitionen nach wie vor zurückhalten.

VORSICHT BLEIBT

Auch insgesamt bleibt Kaeser beim Umsatz vorsichtig beim Blick nach vorn. Es gebe weiter Gegenwind für das Wirtschaftswachstum und das Investitionsklima. Die Erlöse sollen im Gesamtjahr aus eigener Kraft weiter nur gering zulegen.

Auf der Hauptversammlung an diesem Mittwoch dürfte der Gewinnschub zum Jahresstart für gute Stimmung bei den Aktionären sorgen. Aller Voraussicht nach wird Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme dabei auch Jim Hagemann Snabe zu seinem Nachfolger küren. Der ehemalige SAP-Co-Chef ist bereits seit gut drei Jahren Mitglied des Siemens-Kontrollgremiums./men/csc/he