Konzernlagebericht

Semperit-Gruppe I Geschäftsbericht 2023

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Risikomanagement

Grundprinzipien des Risikomanagements (Enterprise Risk Management)

Die Risikopolitik der Semperit-Gruppe unterstützt im Bestreben, Wettbewerbsvorteile zu erzielen und den Unternehmenswert der Semperit-Gruppe damit langfristig zu steigern. Das Risikomanagement dient hierbei der Schaffung robuster betrieblicher Abläufe. Neben der Erfüllung der gesetzlichen Erfordernisse (Compliance) liegen die strategischen Schwerpunkte in der frühzeitigen Erkennung der dem Erfolg der Semperit-Gruppe entgegenstehenden negativen Entwicklungen in den strategischen, operationalen sowie den Markt- und Finanzbereichen. Ein wesentlicher integrativer Bestandteil um- fasst hierbei die Themengebiete Environment, Social und Governance (ESG) sowie Bereiche zur Sicherstellung der Lieferketten und zur Einhaltung der Pünktlichkeit der Lieferungen. Der gewählte systematische Risikomanagementprozess soll auch das Risikobewusstsein steigern. Die Erkenntnisse, die sich daraus ergeben, fließen in die strategische Unternehmensentwicklung und die tägliche operative Arbeit ein.

Dabei steuert die Semperit-Gruppe Risiken, indem diese vermieden, reduziert oder transferiert werden, beziehungsweise schafft sie Rahmenbedingungen, damit Risiken akzeptiert und damit vom Unternehmen getragen werden können. Das konzernweite Risikomanagement ist integraler Bestand- teil der Planung und Umsetzung der Geschäftsstrategie und dient als Sparringpartner der laufenden Evaluierung der Zielerreichung. Die Risikopolitik wird durch den Vorstand vorgegeben. Entsprechend der Organisation und Verantwortungshierarchien sind alle Konzernunternehmen dazu verpflichtet, dem vorgegebenen Risikomanagementprozess zu folgen und diesen umzusetzen. Das Enterprise Risk Management ist organisatorisch in der Abteilung "Group Risk Management & Assurance" angesiedelt.

Prozess des unternehmensweiten Risikomanagements (Enterprise-Risk-Management-Prozess)

Die Semperit-Gruppe bedient sich aufeinander abgestimmter interner Kontroll- und Risikomanage- mentsysteme, um bestandsgefährdende wesentliche Risiken und negative Abweichungen frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren. Das basiert auf konzernweiten Prozessen, die dazu dienen, potenziel- le Risiken möglichst frühzeitig vor wesentlichen Geschäftsentscheidungen abschätzen zu können. Das interne Berichtswesen ermöglicht es, solche Risiken im Geschäftsverlauf akkurat zu überwachen.

Das Risikomanagement der Semperit-Gruppe basiert auf einem umfassenden Enterprise-Risk-Management-Ansatz(ERM-Ansatz), der in die Unternehmensorganisation integriert ist. Der ERM- Ansatz fußt dabei auf dem weltweit anerkannten Rahmenkonzept des Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission (COSO), dem "Enterprise Risk Management - Integrated Framework". Der ERM-Prozess zielt auf eine frühzeitige Identifizierung, Bewertung und Steuerung von Risiken ab. Diese können das Erreichen strategischer, operativer, finanzieller, sozialer, Governance - und Compliance-relevanter, arbeitssicherheitstechnischer, gesundheits- und umweltbezogener (HSEQ- und ESG-)Ziele des Konzerns wesentlich beeinflussen.

Entlang eines strukturierten Prozesses, der sowohl Elemente des Bottom-up- als auch des Top- down-Ansatzes kombiniert, werden Risiken identifiziert und bewertet. Im Rahmen des ERM-Ansatzes beträgt der Berichtszeitraum für die Risikoeinschätzung jedenfalls ein Jahr und - entsprechend der Mittelfristplanung - bis zu fünf Jahre. ESG-relevante Risiken können hiervon einen abweichenden, längeren Betrachtungszeitraum einnehmen. Gerade im Hinblick auf Klimarisiken werden Annahmen entsprechend den regulativen Vorgaben in Dekaden und bis zu 80 Jahre in die Zukunft betrachtet.

Das ERM basiert auf einem Nettoprinzip, demgemäß nur Risiken adressiert werden, die nach Durchführung bestehender Maßnahmen von Risikomitigierung oder -übertragung weiterhin bestehen bleiben. Falls mögliche negative Abweichungen bereits im Konzernabschluss, im Budget oder in der Mittelfristplanung berücksichtigt wurden, scheinen diese nicht mehr als Risiken auf. Der Umsetzungs-

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fortschritt der risikoreduzierenden Maßnahmen wird regelmäßig verfolgt. Dieser wird in der internen Risikoberichterstattung auf die einzelnen Konzernunternehmen heruntergebrochen.

Die Abteilung "Group Risk Management & Assurance" verantwortet die zentrale Koordination, Moderation und Überwachung des strukturierten Risikomanagementprozesses für die gesamte Semperit-Gruppe. Relevante Risiken werden aus verschiedenen Perspektiven priorisiert und in einem weiteren Schritt im Hinblick auf ihre potenziellen Auswirkungen und ihre Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet. Der Bottom-up-Identifizierungs- und Priorisierungsprozess wird durch (Remote-)Workshops mit dem jeweiligen Management der Konzernunternehmen der Semperit-Gruppe unterstützt. Dieses Bottom-up-Element stellt sicher, dass potenzielle neue Risiken auf Managementebene zur Diskussion gestellt und bei Relevanz in die Berichterstattung aufgenommen werden. Diese Risiken werden mit der Bereichsleitung (top-down) abgestimmt. Die Einzelberichterstattung erfolgt sofort nach dem jeweiligen Risiko-Update in den jeweiligen Konzernbereichen. Mindestens einmal jährlich erfolgt eine umfassende Risikoberichterstattung der Einzelrisiken samt Aggregation auf Konzernebene, sowie quartalsweise ein Fortschrittsbericht über aktuelle Entwicklungen, Änderungen und Erweiterungen des Risikoportfolios an den Prüfungsausschuss und Aufsichtsrat. Der reguläre Berichterstattungspro- zess wird durch einen Ad-hoc-Berichterstattungsprozess ergänzt, um auf kritische Themen rechtzeitig aufmerksam zu machen.

Ein ganzheitliches Risikomanagement muss auch intern wie extern auftretende Trends und Effekte aus dem Bereich ESG (Environment, Social and Governance) identifizieren, bewerten und managen. Um aktuelle und zukünftige Themen entsprechend zu adressieren, führt die Semperit-Gruppe jährlich ein "ESG (Environment, Social and Governance) Risk & Opportunity Assessment" durch. In einem umfassenden Prozess, der parallel zum klassischen Risikoprozess stattfindet, werden von den Abtei- lungen ESG und "Group Risk Management & Assurance" die wesentlichen Risiken identifiziert und evaluiert. Dieser Prozess wird ab dem Geschäftsjahr 2024 in das allgemeine Risk Assessment integriert.

Seit dem Geschäftsjahr 2023 werden neben der Bewertung von Risiken im Hinblick auf deren Ein- fluss auf den Planungswert EBITDA auch mögliche Effekte auf die Liquidität auf Basis einer Cashflow- Betrachtung berücksichtigt. Damit wird die Risikotragfähigkeit, also das maximale Risikoausmaß, welches das Unternehmen ohne Gefährdung seines Fortbestands tragen kann, bewertet. Nach der Akquisition der Rico-Gruppe per 31. Juli 2023 wurde auch hier mit der Implementierung des Risiko- managementsystems begonnen, per Ende des Geschäftsjahres 2023 ist sie noch nicht vollumfänglich integriert worden.

Organisation des Risikomanagements und der Verantwortlichkeiten

Zur Überwachung des ERM-Prozesses und um die Integration und Vereinheitlichung bestehender Kontrollaktivitäten im Einklang mit den rechtlichen und operativen Anforderungen weiter voranzu- treiben, werden Risiken, Veränderungen und Entwicklungen im Risikomanagementprozess quartals- weise in den Vorstands-, Prüfungsausschuss- und Aufsichtsratssitzungen diskutiert.

Die Abteilung "Group Risk Management & Assurance" wird von den einzelnen Konzern- unternehmen und Zentralfunktionen im Prozess unterstützt. Ein Update über den Maßnahmenfort- schritt erfolgt über die Risiko- bzw. Maßnahmenverantwortlichen. Versicherbare Risiken werden, soweit ökonomisch sinnvoll, über Versicherungen abgedeckt (siehe auch "Versicherbare Risiken").

Die für das Risikomanagement relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen und Grundsätze sind in der Risk Management Guideline festgehalten.

Die Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. hat die Funktionsfähigkeit des Risiko- managementsystems der Semperit-Gruppe für das Geschäftsjahr 2023 im Berichtsjahr 2024 gemäß C-Regel 83 des Österreichischen Corporate Governance Kodex geprüft und bestätigt.

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Risikobericht

Die globale wirtschaftliche Entwicklung mit ihren regional stark unterschiedlichen Ausprägungen stellt die Semperit-Gruppe als international tätigen Konzern laufend vor neue Herausforderungen. Die Länder, in denen die Semperit-Gruppe aktiv ist, differieren hinsichtlich wirtschaftlicher Rahmenbedin- gungen sowie politischer, rechtsstaatlicher und sozialer Entwicklung. Der Erfolg der zwei Divisionen Semperit Industrial Applications und Semperit Engineered Applications bzw. der fünf operativen Geschäftsbereiche ist aufgrund ihrer strategischen Ausrichtung unterschiedlich stark von der ge- samtwirtschaftlichen Situation abhängig.

Die abgekühlte gesamtwirtschaftliche Entwicklung, konstant hohe Inflationsraten und die be- grenzte Möglichkeit, die damit verbundenen Mehrkosten an die Kunden weiterzugeben, führten im Geschäftsjahr 2023 insgesamt zu negativen finanziellen Auswirkungen. Politische Spannungen, wie etwa der Russland-Ukraine-Konflikt, die Verfügbarkeit (Sourcing) sowie der Inflationsdruck und die Preisentwicklung von Rohstoffen und Energie prägten auch das Geschäftsjahr 2023. Diese Unwäg- barkeiten stellten die Semperit-Gruppe erneut vor Herausforderungen. Dank der weltweiten Präsenz und der unterschiedlichen Marktdynamik der fünf Geschäftsbereiche konnte die Semperit-Gruppe jedoch mit dem Risiko entsprechend umgehen.

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Lageberichts sind keine Risiken im Zusammenhang mit der zukünftigen Entwicklung erkennbar, die isoliert oder in ihrem Zusammenspiel den Fortbestand der Semperit-Gruppe gefährden könnten. Für spezifische Haftungsrisiken und Schadensfälle werden unter Maßgabe der Wirtschaftlichkeit und Möglichkeit adäquate Versicherungen abgeschlossen. Nachstehend werden ausgewählte Einzelrisiken erläutert, die einen wesentlichen negativen Effekt auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Semperit-Gruppe zur Folge haben können. Zusätzlich zu den hier angeführten Risiken bestehen möglicherweise weitere strategische, operative, finanzielle, soziale, Governance-,Compliance-relevante, arbeitssicherheitstechnische, gesundheits- und umwelt- bezogene (HSEQ- bzw. ESG-) sowie sonstige interne und externe Risiken, die der Semperit-Gruppe aktuell noch nicht bekannt oder bewusst sind. Bei Eintritt eines oder mehrerer bekannter oder unbe- kannter Risiken besteht die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Reputation der Semperit-Gruppe.

Strategische Risiken

Transformations-, Governance- und Nachhaltigkeitsrisiken

Die Struktur der Semperit-Gruppe wurde im Jahr 2023 wesentlich durch das erste und große Closing des Verkaufs des Medizingeschäfts und die Akquisition der Rico-Gruppe beeinflusst. Damit wurde die Transformation zum industriellen Gummi- und Elastomere-Spezialisten umgesetzt. Die Festlegung der verfeinerten neuen Strategie und die Anpassung der organisatorischen Struktur an diese Neuausrich- tung wurden seitens des Risikomanagements mit der Identifizierung von Chancen und Risiken beglei- tet. Zur Wahrnehmung der Führungs- und Steuerungsaufgaben wurden Projekte zur Optimierung der Informationsflüsse vorangetrieben und Prozesse implementiert, insbesondere im Finanz- und IT- Bereich. Die Risiken hinsichtlich der Umsetzung von Transformations- und Governance-Maßnahmen, wie etwa eine längere Implementierungsdauer, höhere Kosten oder ein geringerer positiver Effekt als ursprünglich geschätzt, flossen in das Risk-Management-System ein.

Des Weiteren hat sich die Semperit-Gruppe zur Einhaltung des Österreichischen Corporate Governance Kodex sowie zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen verpflichtet. Abweichungen von diesen können in Risiken, wie Reputationsverlust oder höheren Zinsen, resultieren.

Die Semperit-Gruppe sieht mehrere Chancen in der Einführung der neuen Divisionsstruktur, die sich an den beiden Hauptgeschäftsmodellen orientiert. Dazu zählen eine Reduktion der Komplexität

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und die Steigerung der Effizienz. Dies kann zu schnelleren Entscheidungen, geringeren Kosten und einer insgesamt effektiveren Arbeitsweise führen. Weiters kann die flexible Organisationsstruktur die Innovationsfähigkeit der Semperit-Gruppe stärken.

Risiken aus der Technologieentwicklung

Innovative und disruptive Technologien sowie Regulierungen für Industrie-Chemikalien können signi- fikanten Einfluss auf die Geschäftsbereiche bzw. die Produkte der Semperit-Gruppe haben. Durch neue Technologien kann es zur Verdrängung bzw. zum Ersatz von Semperit-Produkten kommen (z.B. Einsatz der Direktextrusion für Fensterabdichtungen). Hinsichtlich umweltrelevanter Anforderungen wird die Bedeutung von kohlenstoffarmen Produkten und der Kreislaufwirtschaft zunehmend steigen. Zudem könnten von der Semperit-Gruppe verwendete Chemikalien der durch die REACH- Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals, auf Deutsch Regist- rierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe) definierten Liste besonders besorgniserregender Stoffe (Substances of Very High Concern, SVHC) hinzugefügt werden. Diese wird zwei Mal jährlich aktualisiert und muss in der Auswahl von Rohstoffen sowie in der Produktent- wicklung und -herstellung entsprechend berücksichtigt werden.

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, arbeitet die Semperit-Gruppe kontinuierlich an der Ent- wicklung innovativer Werkstoffe und Produkte sowie an der Verbesserung von Fertigungsprozessen. Themen wie die Ressourcen- und Energieeffizienz, Berücksichtigung der Lebenszyklusperspektive sowie die Gesundheits- und Umweltverträglichkeit in der Produktanwendung gewinnen dabei zuse- hends an Bedeutung.

Die im Zusammenhang mit der Verwendung neuer Rohstoffe, der Einführung neuer Produkte und Technologien initiierten Innovationsprojekte können allerdings mit einem beträchtlichen Einsatz finanzieller Mittel verbunden und nicht immer erfolgreich sein. Es könnte zu einem negativen Einfluss auf die Ertragslage führen, wenn Investitionen nicht den erwarteten Erfolg bringen beziehungsweise nicht die erwartete Marktakzeptanz finden. Bestehende Patente und andere Rechte am geistigen Eigentum der Semperit-Gruppe können nicht vollständig verhindern, dass Mitbewerber ähnliche Produkte entwickeln und vertreiben. Darüber hinaus besteht nicht für alle Betriebsgeheimnisse die Möglichkeit der Patentierung. Um die entsprechende Geheimhaltung zu gewährleisten, werden Vertraulichkeitsvereinbarungen in Dienstverträgen oder auch Konkurrenzverbote vereinbart.

Risiken hinsichtlich Kundenbedürfnissen und Markttrends

Die Wettbewerbsfähigkeit der Semperit-Gruppe basiert auf der Fähigkeit, Markttrends rechtzeitig zu erkennen, und der Flexibilität, Produkte, Produktion und Dienstleistungen zeitgerecht an diese anzu- passen. Zum Beispiel werden EPDM-Dichtungen(Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk-Dichtungen) in PVC-Fenstern durch alternative Produkte, wie thermoplastische Elastomere, ersetzt. Werden Markt- trends und mögliche Substitutionsprodukte nicht rechtzeitig erkannt und keine Gegenmaßnahmen gesetzt, könnte dies einen wesentlichen negativen Effekt auf die Ertragslage der Semperit-Gruppe zur Folge haben. Um Markttrends mit der Entwicklung neuer bzw. nachhaltiger Produkte profitabel nutzen zu können, arbeitet Semperit eng mit Kunden zusammen und unterstützt wissenschaftliche Forschung - mit Schwerpunkt auf innovativen Materialien, Technologien und Produkten. Ziel der Forschungsaktivitäten ist, die Marktposition der Semperit-Gruppe langfristig zu sichern und weiter zu stärken und zugleich, beispielsweise durch die sukzessive Verbesserung der ESG-Ratingergebnisse, für nachhaltige Investitionen attraktiver zu werden.

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Operative Risiken

Risiken von Investitionen und Desinvestitionen

Bei Investitionen und Desinvestitionen stehen den Chancen aus der Unternehmensentwicklung und der nachhaltigen Transformation zahlreiche Risiken gegenüber. Dazu zählen unter anderem Transakti- onsrisiken (Markt-,Liquiditäts-,Bonitäts-,Inflations-,Währungs-, operative, regulatorische, Sozial- und Umweltrisiken, politische und geopolitische sowie Branchen- und Unternehmensrisiken), das Risiko einer Kostenremanenz, Fehleinschätzungen im Transaktionsprozess oder Altlasten jeglicher Art. Den angeführten Risiken wurden in den Investitions- (Zukauf der Rico-Gruppe, Erweiterung des Standorts Odry um die DH5-Schlauchproduktion, Standorterweiterung der Rico-Gruppe in Thalheim) und Desinvestitionsvorhaben (Verkauf des Medizingeschäfts) Rechnung getragen, indem diese im Rahmen von eigenen Projekten unter Berücksichtigung moderner Managementdisziplinen (Projektmanage- ment inklusive Risikomanagement) und mit externer Unterstützung durchgeführt wurden. Den Risiken aus Transaktionsprozessen wurde durch eine entsprechende Gestaltung der vertraglich vereinbarten Garantien und Freistellungen sowie durch den Abschluss einer W&I-Versicherung begegnet. Länger- fristige Risiken, allen voran Risiken des Finanzbereichs (Liquidität und Zinsen), wurden dabei in das Risk-Management-System übergeleitet. Des Weiteren können zeitliche Verschiebungen bei Wachs- tumsprojekten zu strategischen Risiken führen. Aus Unternehmenserwerben kann es zum Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts kommen, in welchen sich nicht bilanzierungsfähige immaterielle Vermö- genswerte, erwartete Synergien und positive Zukunftsaussichten eines erworbenen Unternehmens widerspiegeln. Ein solcher Geschäfts- oder Firmenwert ist jährlich im Hinblick auf seine Werthaltigkeit zu untersuchen. Werthaltig ist ein Geschäfts- oder Firmenwert nur dann, wenn sich die ursprünglichen Erwartungen realisieren lassen oder sogar übertroffen werden. Andernfalls würden sich Wertminde- rungsaufwendungen im Sinne von außerplanmäßigen Abschreibungen ergeben. Ein solches Wert- minderungsrisiko steigt natürlich mit der Höhe des Geschäfts- oder Firmenwerts und seinem Anteil am Konzern-Eigenkapital. Um die Werthaltigkeit des aus dem Erwerb der Rico-Gruppe resultierenden Geschäfts- oder Firmenwerts in Höhe von 49,4 Mio. EUR zu bestätigen, ermittelte das Management den erzielbaren Betrag des Geschäftsbereichs zum 30. September 2023. Der erzielbare Betrag wurde als Nutzungswert berechnet. Der durch die wirtschaftliche Abkühlung und die geopolitischen Krisen erhöhten Prognoseunsicherheit wurde durch die Berücksichtigung alternativer Planungsszenarien begegnet; die Produkte der Rico-Gruppe werden insbesondere in der Automobil- und Medizintech- nikindustrie sowie in der Konsum- und Haushaltsgüterindustrie eingesetzt.

Im Erwerb von Unternehmen mit komplementären Produkten oder Dienstleistungen sieht die Semperit-Gruppe die Chance, ihr Angebot zu diversifizieren, das Leistungsspektrum zu erweitern und Synergien zu realisieren. Durch den Erwerb der Rico-Gruppe oder eines weiteren Unternehmens mit fortschrittlichen Technologien und Know-how, vor allem im Bereich der Automatisierung in der Pro- duktion, kann die Semperit-Gruppe ihren technologischen Vorsprung stärken und Innovationen beschleunigen.

Risiken der Wertschöpfungskette

Die Wertschöpfungskette der Semperit-Gruppe umfasst sämtliche Stufen, beginnend von Forschung und Entwicklung (F&E), über die Steuerung der Versorgungskette (Supply Chain Management) und die Produktion bis hin zu Marketing und Vertrieb der Produkte. Entlang der Wertschöpfungskette können insbesondere bei der Rohstoff- und der Energieversorgung Engpässe entstehen sowie Pro- duktionsunterbrechungen, Ausschuss, Qualitätsmängel bei Produkten, Verpackung, Lagerung und Auslieferung auftreten und folglich zu Mehrkosten sowie Lieferengpässen bzw. -verzögerungen führen. Des Weiteren können sich daraus Reputationsschäden und Verluste von Aufträgen sowie

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potenzielle Produkthaftungs-,Arbeitssicherheits-, Compliance- und Umweltrisiken ergeben, welche sich negativ auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Semperit-Gruppe auswirken können.

Die Ertragslage der Semperit-Gruppe hängt von einer zuverlässigen und effektiven Steuerung der Versorgungskette für Rohstoffe und Mischungen sowie der Sicherstellung der entsprechenden kos- tenoptimierten Logistik ab. Kapazitätsbeschränkungen und Lieferengpässe - auch vor dem Hinter- grund globaler Verwerfungen der Transportketten - können zu Zeitverzögerungen und zusätzlichen Kosten sowie aufgrund längerer Frachtzeiten zu einer Erhöhung der Treibhausgasemissionen führen. Jüngste Beispiele dafür sind die Rebellenangriffe auf die internationale Schifffahrt im Roten Meer und die Wasserknappheit im Panama-Kanal.

Preissteigerungen bei Rohmaterialien, Komponenten, Personalkosten und Energie, zum Beispiel aufgrund von Marktengpässen, könnten sich ebenfalls negativ auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Semperit-Gruppe auswirken. Das betrifft auch Verzögerungen und Unterbrechungen der Versorgungskette infolge von (wirtschaftlichen, geopolitischen, pandemischen oder auch klima- bedingten) Katastrophen, insbesondere wenn es nicht gelingt, alternative Zulieferquellen in unter- schiedlichen Ländern oder Regionen zu erschließen.

Die aktive Steuerung des Lieferantenportfolios sowie ein global ausgerichtetes und konzernweit ab- gestimmtes Einkaufs- und Supply-Chain-Management wirken diesen Risiken entgegen.

Beschaffungsrisiken

Zur Herstellung ihrer Produkte erwirbt die Semperit-Gruppe unter anderem große Mengen an Roh- stoffen, wie Kautschuk (Natur- und Synthesekautschuk), Chemikalien, Füllstoffe und Festigkeitsträger aus Textil und Stahl sowie Energie (Gas, Strom). Diese Rohstoffe können erheblichen Preisschwan- kungen unterliegen. Können Preiserhöhungen, etwa bei Rohstoffen, nicht oder nur in Teilen bezie- hungsweise mit Zeitverzug an Kunden weitergegeben werden, führt dies zu einer Ergebnisbelastung. Hinsichtlich einiger Rohstoff- und Chemielieferanten bzw. bei Energie- und Wasserversorgern bestehen auch monopolistische und oligopolistische Versorgungssituationen, wodurch die Semperit-Gruppe lediglich über eingeschränkte Verhandlungsoptionen verfügt. Geopolitische Unruhen können dieses Risiko erheblich erhöhen.

Ein Engpass bei einzelnen Rohstoffen oder Fertigprodukten, Beschränkungen von Importen, Einschränkungen infolge geopolitischer Spannungen oder internationaler Beschränkungen und Sanktionen oder der Ausfall eines wesentlichen Lieferanten können zu einem Produktionsverlust und zu einer negativen Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Semperit-Gruppe führen.

Das Management entsprechender Sicherheitsbestände, Multiple Sourcing und die Reduktion der Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten, der Abschluss langfristiger Verträge und Preisgleitklauseln mit den Lieferanten sowie die kontinuierliche Überprüfung dieser hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeits- leistung wirken diesen Risiken entgegen.

Produktions- und Auslastungsrisiken

Der Semperit-Maschinenpark umfasst Anlagen, die für die Produktion von maßgeblicher Bedeutung sind und für die es keinen adäquaten Ersatz gibt. Ein längerer Ausfall einer solchen Maschine würde zu einem (teilweisen) Produktionsausfall und zu negativen Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Semperit-Gruppe führen.

Im Geschäftsjahr 2023 wurde weiter in den Ersatz von bereits länger im Einsatz stehenden Anla- gen und in die Erweiterungen von Produktionsanlagen investiert. Dem Ausfallrisiko der Produktions- anlagen wird darüber hinaus durch regelmäßige Revision einschließlich vorbeugender Wartung und Instandhaltung entgegengewirkt. Soweit möglich, sind derartige Risiken durch technische Präventiv- maßnahmen und durch Versicherungen in einer wirtschaftlich sinnvollen Dimension optimiert.

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Bei Semperit-Produkten können Qualitätsprobleme auftreten, die entweder durch minderwertige Rohstoffe verursacht werden oder aus der Entwicklung oder Produktion dieser Produkte resultieren. Trotz aller Bemühungen kann das Risiko von Betriebsstörungen, Unfällen, Unterauslastung oder Über- lastung von Produktionsstandorten sowie limitierter Verfügbarkeit von Produktions-, Bewegungs- und Lagerflächen nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die angeführten Risiken können zu Lieferverzöge- rungen und in weiterer Folge zu einem möglichen Verlust von Kunden führen, mit möglichen negativen Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Semperit-Gruppe.

Im Zusammenhang mit dem Ersatz älterer Produktionsanlagen sieht die Semperit-Gruppe Chancen durch die Erhöhung des Automatisierungsgrads des Produktionsprozesses und damit einhergehende Effizienzsteigerungen.

Risiken der Informationstechnologie (IT), von Cyber-Angriffen und des Datenschutzes

Der überwiegende Teil der Produktions- und Steuerungssysteme sowie Serviceleistungen ist von einer funktionierenden und störungsfreien IT/OT-Landschaft (Informationstechnologie und Operative Technologie) abhängig. Der Ausfall von wesentlichen Servern und Produktionssteuerungseinheiten sowie von Enterprise-Resource-Planning-Systemen(ERP-Systemen), Nichtverfügbarkeiten sowie unautorisiertes Eindringen in IT/OT-Netzwerke ("Cybercrime") können zum Verlust von nicht mehr aufholbaren Produktionsmengen, zu Qualitätsbeeinträchtigungen sowie zu Lieferverzögerungen und Auftragsverlusten führen und damit nachteilig für die Semperit-Gruppe sein. Wie andere multinatio- nale Unternehmen ist auch die Semperit-Gruppe dem Risiko von Cyber-Angriffen ausgesetzt. Zudem könnte sich das Risiko der Cyber-Kriminalität durch internationale Konflikte, wie z.B. den Russland- Ukraine-Konflikt, weiter erhöhen und möglicherweise die Offenlegung, Verfälschung, Spionage oder den Verlust von Informationen, Missbrauch von Informationssystemen oder Produktfehler, Produkti- onsausfälle und Lieferengpässe zur Folge haben. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Reputation und Wettbewerbsfähigkeit sowie auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Semperit- Gruppe. Das Unternehmen investiert laufend in Ressourcen zur Weiterentwicklung von Schulungs- maßnahmen und Projekten, die der Erhöhung der Cyber-Sicherheit dienen.

Ein zusätzliches Risiko stellen selbst entwickelte IT/OT-Systeme sowie die große Vielfalt an unter- schiedlichen Systemen in Anwendung dar. Diese erfordern ein hohes Maß an manuellen Eingriffen oder sind personenabhängig, wodurch Datenqualität und Prozesse beeinträchtigt sein können. Die Rückverfolgbarkeit von produzierten Gütern könnte aufgrund fehlerhafter und inexistenter Systeme nicht gewährleistet sein. Diesem Risiko wird mit Strategieprojekten zur Vereinheitlichung von IT/OT- Prozessen und ERP-Systemen entgegengewirkt.

Fraud- und Cyber-Attacken (z.B. Email Fraud, Fake President Fraud etc.) stellen generell ein gro- ßes Risiko für das Unternehmen dar, dem auch mit laufenden gruppenweiten Awareness-Schulungen im Rahmen des Projekts "Sempercyber", mittels IKS-Schulungen(Internes-Kontrollsystem- Schulungen) und Projekten im Bereich der Payment-Security entgegengewirkt wird. Das Nicht- Erkennen solcher Angriffe oder auch das Versagen von internen Kontrollsystemen können nicht zur Gänze ausgeschlossen werden und somit zu einer Verschlechterung der Geschäfts-,Vermögens-, Finanz- und Ertragslage beitragen.

Die unsachgemäße bzw. nicht den gesetzlichen Vorschriften (insbesondere der Datenschutz- grundverordnung, DSGVO) entsprechende Handhabung von schützenswerten bzw. vertraulichen Daten kann ebenfalls ein Risiko darstellen. Basierend auf den konzernweit gültigen Datenschutz- richtlinien ist eine Datenschutzorganisation eingerichtet und regelmäßige Schulungen finden statt.

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Personalrisiken

Die wirtschaftliche Entwicklung der Semperit-Gruppe wird wesentlich dadurch bestimmt, dass qualifi- zierte Fach- und Führungskräfte an den einzelnen Standorten rekrutiert, integriert, weiterentwickelt und dauerhaft gehalten werden können. Risiken aus dem Abgang von Schlüsselpersonen soll durch die rechtzeitige Ausbildung interner Nachfolger entgegengewirkt werden. Die Ausrichtung der Semperit-Gruppe hinsichtlich sozialer Aspekte wie Diversität, Inklusion und attraktives Arbeiten gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dies betrifft bestehendes und potenzielles Personal und wird durch entspre- chende Zusatzleistungen und Aktivitäten zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität sukzessive ausge- baut. Sollte dies nicht gelingen, ist das Risiko einer Verschlechterung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Semperit-Gruppe gegeben.

Ein Arbeitskräftemangel bzw. Beschränkungen bei der Aufnahme von Gastarbeitern oder beim Outsourcing, staatliche Mindestlohnregime, Streiks oder Abfluss von Know-how können zu einer Beeinträchtigung der Produktion sowie Einschränkungen in anderen Unternehmensbereichen führen und damit ebenfalls die Produktivität sowie die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage belasten. Dem Risiko eines Personalengpasses wird mit Stellvertretungen, Flexibilisierung und vorbeugend mittels Schichtmodellen und Homeoffice-Möglichkeiten begegnet.

Finanzwirtschaftliche Risiken

Die Semperit-Gruppe ist als international tätiges Unternehmen finanzwirtschaftlichen Risiken ausge- setzt, die sich insbesondere im Bereich der Kapital-, Liquiditäts- und Finanzierungsrisiken, der Fremdwährungs- und Zinsrisiken sowie in den Ausfallrisiken von Kunden und Banken auswirken kön- nen. Wie gemäß IFRS 7 vorgesehen, erfolgt eine ausführliche Darstellung der finanzwirtschaftlichen Risiken und deren Management im Konzernanhang unter Kapitel 11.

Kapital-, Liquiditäts- und Finanzierungsrisiken (Kapitalmanagement)

Kapitalrisiko bezeichnet das Risiko des in Investitionen gebundenen Kapitals. Liquiditätsrisiko (auch Refinanzierungsrisiko) bezeichnet das Risiko, benötigte Zahlungsmittel für allfällige Zahlungen nicht oder nur zu erhöhten Refinanzierungskosten beschaffen zu können. Finanzierungsrisiko bezeichnet das Risiko, dass Finanzierungsinstrumente nicht oder nicht im benötigten Umfang zur Verfügung stehen und dadurch Zahlungsstörungen oder gar Insolvenz drohen.

Marktrisiken, denen die Semperit-Gruppe unterliegt, sind unter anderem politische und wirt- schaftliche Entwicklungen, die einen negativen Einfluss auf die weltweiten Finanzmärkte haben. Das können zum Beispiel restriktive Regulierungen für den Finanzsektor, die Geldpolitik der Zentralban- ken oder eine begrenzte Verfügbarkeit von Finanzmitteln auch aufgrund der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten z.B. im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie-Verordnung sein. Bonitätsän- derungen und Einschränkungen der Handlungsfähigkeit von Banken bzw. anderen Geldgebern, Änderungen von Zinssätzen oder Beschränkungen bei der Nutzung von Finanzinstrumenten sind Risiken, die den Handlungsspielraum des Unternehmens im Zusammenhang mit der Aufnahme von Finanzierungen beeinflussen bzw. die Finanzierungskosten und Einlagekonditionen verschlechtern können.

Weiters ist die Semperit-Gruppe im Kapitalmanagement auch Unternehmensrisiken ausgesetzt. Beispielsweise kann eine Verschlechterung der eigenen Bonität dazu führen, dass sich die Aufnahme von Finanzmitteln verteuert oder Kreditgeber keine weiteren Finanzierungen gewähren. Auch kann eine Erhöhung der Kreditrisikoaufschläge aufgrund von Unsicherheit und Risikoaversion an den Finanzmärkten zu einer negativen Veränderung der Marktwerte der finanziellen Vermögenswerte führen.

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Fremdwährungsrisiken

Fremdwährungsrisiken kann man generell in Transaktions- und Translationsrisiken einteilen. Aufgrund der internationalen Handelsbeziehungen sowie der weltweit bestehenden Tochterunternehmen ist die Semperit-Gruppe beiden Risiken ausgesetzt. Darüber hinaus gibt es in manchen Ländern Kapital- verkehrskontrollen, die die Semperit-Gruppe in ihrer Handlungsfreiheit begrenzen. So schränken einige Nationalbanken den Handel mit Währungen und Sicherungsinstrumenten ein.

Zinsrisiken

Zinsrisiken ergeben sich aus der Veränderung von Zinssätzen, sowohl bei variabel als auch bei fix verzinsten Finanzierungen, in Form des Zinsänderungsrisikos bzw. des Barwertrisikos. Die externen Finanzierungen der Semperit-Gruppe bestehen vornehmlich auf Ebene der Semperit AG Holding. Seit 2023 gibt es auch eine lokale Finanzierung bei dem tschechischen Tochterunternehmen Semperflex Optimit s.r.o. und innerhalb der im Geschäftsjahr 2023 neu akquirierten Rico-Gruppe. Der überwiegende Teil dieser Finanzierungen ist variabel verzinst, ein kleiner Teil ist fix verzinst. Nach der neuesten Prognose haben die Zinskurven bereits ihren Höhepunkt erreicht, und in naher Zukunft sind Zinssenkungen zu erwarten.

Ausfallrisiken von Kunden und Banken

Die Semperit-Gruppe unterliegt dem Risiko eines Auftrags- oder Forderungsausfalls seitens der Kunden. Falls sich die Bonität der Semperit-Kunden verschlechtert, steigt deren Ausfallrisiko. Kreditri- siken und das Risiko des Zahlungsverzugs werden über standardisierte Bonitätsprüfungen, definierte Kreditlimits sowie Kreditversicherungen gemanagt. Der Ausfall eines wesentlichen Geschäftspartners könnte negative Folgen für das Ergebnis und die Liquidität der Semperit-Gruppe haben - dies ist insbesondere für die Rico-Gruppe relevant, da sie noch nicht in das Kreditversicherungsprogramm der Semperit-Gruppe integriert wurde.

Darüber hinaus bestehen Ausfallrisiken in Bezug auf die Guthaben, die die Semperit-Gruppe bei Banken hält. Das Risiko eines Konkurses einzelner Banken oder einer erneuten Banken- und/oder Finanzmarktkrise ist zwar bei den Partnern der Semperit-Gruppe tendenziell gering, wäre aber mit erheblichen potenziellen Effekten verbunden. Im Falle eines derartigen Ausfalls kann es dazu kommen, dass die Semperit-Gruppe nicht oder nur teilweise oder nur mit Verzögerung auf diese Liquidität oder auf Kreditlinien zugreifen kann.

Steuerrisiken

Die Konzernunternehmen der Semperit-Gruppe sind in den jeweiligen Ländern lokaler Steuergesetz- gebung unterworfen und müssen sowohl Ertragsteuern als auch andere (lokale) Steuern und Gebüh- ren abführen. Änderungen der Steuergesetze und -regelungen in diesen Jurisdiktionen könnten zu höheren Steueraufwendungen führen. Die ständige Veränderung und teilweise Verschärfung von steuerrechtlichen Vorschriften erhöhen die Anforderungen an die Tax-Compliance zur Einhaltung und Überwachung dieser Bestimmungen. Unzureichende Kontrollen in den Geschäftsprozessen oder mangelnde Dokumentation können zur Verletzung von Vorschriften im nationalen und internationalen Steuerrecht und zu negativen Feststellungen in Steuerprüfungen führen.

Steuerlich nicht genutzte Verlustvorträge könnten auch Gegenstand von steuerlichen Betriebs- prüfungen sein und zum Teil hinterfragt werden. Die Semperit-Gruppe und ihre lokalen Gesell- schaften unterliegen regelmäßigen Steuerprüfungen von Finanzbehörden mit möglichen negativen Feststellungen.

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Compliance-Risiken

Die ständige Verschärfung internationaler Verhaltensrichtlinien und Gesetze erhöht die Anforderun- gen zur Einhaltung und Überwachung dieser Bestimmungen. Unzureichende Kontrollen in den Geschäftsprozessen oder mangelnde Dokumentation können zur Verletzung von geltenden Regeln führen und die Reputation sowie den wirtschaftlichen Erfolg durch Compliance-Verstöße gefährden. Die Semperit-Gruppe begegnet diesem Risiko unter anderem mit einem konzernweit gültigen Verhal- tenskodex "Code of Conduct" und kontinuierlichen Schulungen für alle Mitarbeiter weltweit, um das Bewusstsein für Handlungen, die "non compliant" sind, weiter zu stärken. Auch das implementierte Hinweisgeber- bzw. "Whistleblowing"-System leistet einen wichtigen Beitrag, um Bedenken und mögliche Missbräuche betreffend unethischer oder rechtswidriger Verhaltensweisen aufzuzeigen.

Regulatorische Risiken und potenzielle Sanktionen

Die Semperit-Gruppe unterhielt bzw. unterhält Geschäftsaktivitäten mit Kunden und Lieferanten, die Export- und Importkontrollregulierungen oder anderen Formen von Handelsbeschränkungen (z.B. durch die USA und die EU) unterliegen. Neue oder ausgeweitete Beschränkungen oder Sanktionen könnten zu einer Einschränkung der Versorgung mit Rohstoffen und der bestehenden Geschäftsakti- vitäten in diesen Ländern oder indirekt in anderen Ländern führen. Zudem könnte die Semperit- Gruppe aufgrund der Beendigung ihrer Geschäfte in Ländern, die Sanktionen unterliegen, Ansprü- chen oder anderen Maßnahmen von Kunden ausgesetzt sein.

Bei Geschäftsaktivitäten in Schwellenländern bestehen verschiedene Risiken wie Unruhen, Gesundheitsrisiken, kulturelle Unterschiede, zum Beispiel bei Arbeitsverhältnissen und Geschäfts- praktiken, Volatilität des Bruttoinlandsprodukts, wirtschaftliche und staatliche Instabilität und Rechts- unsicherheit, die mögliche Verstaatlichung von Privatvermögen sowie die Auferlegung von Währungs- beschränkungen und strengere Umweltauflagen.

Risiken aus Kartell- und Korruptionsvorwürfen

Verfahren gegen die Semperit-Gruppe hinsichtlich Korruptions- oder Kartellvorwürfen sowie wegen anderer Gesetzesverletzungen könnten zu straf- oder zivilrechtlichen Bußgeldern wie auch zu Strafen, Sanktionen, gerichtlichen Verfügungen bezüglich künftigen Verhaltens, Gewinnabschöpfungen, zum Ausschluss von der direkten oder indirekten Teilnahme an bestimmten Geschäften, zum Verlust von Gewerbekonzessionen oder zu anderen Restriktionen und Rechtsfolgen führen. Ein Teil der Geschäftstätigkeit der Semperit-Gruppe erfolgt mit Unternehmen in staatlichem Besitz. Ermittlungen zu Korruptions-, Kartellvorwürfen oder Anschuldigungen betreffend anderer Gesetzesverletzungen könnten nachteilige Auswirkungen auf die Geschäfte der Semperit-Gruppe bis hin zum Ausschluss von öffentlichen und privatwirtschaftlichen Aufträgen haben. Darüber hinaus könnten solche Ermitt- lungen auch zur Aufhebung bestehender Verträge sowie zum Auftrags- und Kundenverlust führen bzw. könnten Verfahren gegen die Semperit-Gruppe eingeleitet werden.

Entwicklungen in laufenden oder potenziellen künftigen Ermittlungen, etwa die Reaktion auf be- hördliche Ersuchen und die Zusammenarbeit mit den Behörden, könnten die Aufmerksamkeit und die Ressourcen des Managements von anderen Geschäftsangelegenheiten ablenken.

Risiken aus Rechtsstreitigkeiten

Die Semperit-Gruppe ist und wird auch künftig im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit mit unterschiedlichen Rechtsstreitigkeiten oder Verfahren konfrontiert sein. Diese können insbesondere dazu führen, dass dem Konzern die Zahlung von Schadenersatz, Strafschadenersatz, die Erfüllung anderer Ansprüche sowie straf- oder zivilrechtliche Sanktionen, Geldbußen oder Vorteilsabschöpfun- gen auferlegt werden. Zudem können hieraus in Einzelfällen formelle oder informelle Ausschlüsse bei Ausschreibungen oder der Entzug oder Verlust der Gewerbe- oder Betriebserlaubnis resultieren.

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Semperit AG Holding published this content on 19 March 2024 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 19 March 2024 08:48:04 UTC.