Von Hans-Joachim Koch

FRANKFURT (Dow Jones)--SAP will den ausgerufenen Weg zu einem cloud-basierten Anbieter mit einem neuen, umfassenden Angebot für Kunden deutlich beschleunigen. "Rise with SAP" soll die Verlagerung der Kernprozesse zur Unternehmenssteuerung (ERP - Enterprise Resource Planning) in die Cloud mit der SAP-Datenbanktechnologie S/4Hana massiv vereinfachen. Dadurch sollen gerade Bestandskunden zum Umstieg gebracht werden, die derzeit ihre ERP-Software noch "on premise", also auf eigenen Systemen, laufen lassen.

Im Umsatz soll sich die neue Offerte im zweiten Halbjahr bemerkbar machen, deutlicher dann ab 2022 mit der erwarteten stärkeren Verbreitung. SAP sieht diese Strategie als Kernelement, um die bis 2025 angepeilten mindestens 22 Milliarden Euro Cloud-Umsatz zu erreichen. 2020 waren es 8,1 Milliarden Euro, für das laufende Jahr sind 9,1 bis 9,5 Milliarden in Aussicht gestellt.


   Große Hoffnungen durch den "Game Changer" 

SAP-Vorstandschef Christian Klein spricht von einem "Game Changer". Das unterstreicht die großen Hoffnungen, die der Walldorfer Konzern in das neue Paket setzt. Den Strategiewandel, mit voller Kraft in die Cloud zu gehen und damit weg von der Parallelwelt zusammen mit "On-premise"-Angeboten, hatte SAP indirekt bereits im Oktober deutlich gemacht. Nun folgen konkrete Angebote.

Bei der Bekanntgabe der Drittquartalszahlen hatte die Führung um Klein und Finanzvorstand Luka Mucic die Ziele für 2020 und die mittelfristigen per 2023 einkassiert. Zugleich wurden hohe Cloud-Investitionen angekündigt, die massiv zu Lasten der Profitabilität gehen sollten. Diese Ankündigung - statt eines weitgehend kontinuierlichen Anstiegs der viel beachteten operativen Marge um 500 Basispunkte über fünf Jahre - sorgte für einen Kursrutsch der Aktie um mehr als 20 Prozent, von dem sie sich noch nicht wieder ganz erholt hat. Mit rund 108 Euro notiert sie deutlich unter dem Allzeithoch von gut 143 Euro Anfang September 2020.

Jetzt will der Konzern eine "ganzheitliche Unternehmenstransformation" bieten und verspricht, dass das neue Angebot den Kunden hilft, durch den Wechsel in die Cloud "widerstandsfähiger, effizienter und agiler zu werden" sowie Innovation schneller zu ermöglichen.


   Hebel gegen schleppende Integration und hohe Komplexität 

Gerade der Kritik aus der Vergangenheit, dass die Integration der über die Jahre zugekauften Software schleppend verlaufe und die Komplexität zu groß sei, will SAP mit Rise begegnen. Modular, homogen, voll integriert, einheitliche Datenmodelle plus Künstliche Intelligenz und verbesserte Sicherheit sind die Punkte, die jetzt überzeugen sollen.

Die bessere Einbindung und Verzahnung für das gesamte SAP-Angebot hatte sich Klein, zuvor Chief Operating Officer, bei seinem Amtsantritt vorgenommen. Inzwischen seien wie versprochen 90 Prozent davon erreicht worden, sagte er.

Besonderes Augenmerk richten die SAP-Strategen auf die Unterstützung bei der Verbesserung und weiteren Digitalisierung der Geschäftsprozesse. Mit sogenannter Business Process Intelligence will Klein die Erfahrung von mehr als 400.000 Kunden aus vielen Branchen einbringen, um Ineffizienzen und Lücken in den Abläufen gemeinsam mit den Kunden zu erkennen und zu beseitigen, wie er betont.


   Ein Ansprechpartner für Software und Hardware 

Mit dem neuen Paket sollen Unternehmen jeder Größe und in jeder Region angesprochen worden, die dann alles zusammen in einem Vertrag und mit einem Ansprechpartner bündeln können. Die Software läuft ohnehin auf der SAP-Plattform, aber auch die Hardware, sprich die Rechenzentren, sind umfasst, ob SAP-eigene oder von externen Anbietern, den sogenannten Hyperscalern. Gerade die enge Verbindung mit Microsoft, zuletzt noch einmal erweitert, und dessen Azure-Cloud kommt hier ins Spiel. Weitere Hyperscaler-Partner sind Amazon mit AWS, Google mit seiner Cloud Platform und die Alibaba Cloud.


   Testbetrieb mit inzwischen 130 Kunden 

Die angestrebte verstärkte Kundennähe scheint bei den Pilotnutzern anzukommen. Im Juli sei mit 20 Unternehmen gestartet worden, inzwischen gebe es 130, mit denen sehr eng bei der Transformation zusammengearbeitet werde, sagt Klein. Das Feedback sei sehr positiv.

Nach SAP-Angaben erfolgt die Migration hochautomatisiert und mit nahezu Null-Ausfallzeiten. Technisch gesehen wird eine sogenannte Business Technology Platform geschaffen, auf der Anwendungen aufgebaut, integriert und erweitert werden können. Wichtig sei, so Vorstand Thomas Saueressig, die Offenheit dieser Plattform mit einer Vielzahl an Schnittstellen. Damit könnten Kunden und Partner zügig Innovationen zur Ergänzung von SAP-Lösungen entwickeln.


   Schub für Arriba erhofft 

Ein anderes Element könnte auch SAP zusätzliches Geschäft bringen, die Integration des Beschaffungs- und Lieferkettentools Ariba, das dem Konzern Transaktionsprovisionen liefert. Dieses Lieferanten-Netzwerk nutzen derzeit mehr als 5 Millionen angeschlossene Unternehmen. Mit dem Umstieg in die S/4Hana-Cloud, so die Hoffnung in Walldorf, der Einbettung in die ERP-Software und ergänzt durch Erfahrungen aus der Corona-Zeit mit Unterbrechungen der Lieferketten dürfte der Anreiz zur Nutzung zunehmen.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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January 27, 2021 10:00 ET (15:00 GMT)