FRANKFURT (awp international) - Der Preiskampf in der Luftfahrt zwingt die Lufthansa weiter zum Umsteuern. Während der Billigflieger Ryanair laut Insidern für 2017 ein Flugangebot an Lufthansas Heimatbasis Frankfurt vorbereitet, streicht Deutschlands grösste Fluggesellschaft ihre Wachstumspläne zusammen. "Dem Preisdruck im Luftverkehr begegnen wir mit konsequenter Kapazitäts- und Kostendisziplin", sagte Vorstandschef Carsten Spohr am Mittwoch. Im laufenden Geschäft will er 2016 auf diese Weise ähnlich viel Gewinn einfliegen wie im Vorjahr. Im Sommer bescherte die Betriebsrenten-Einigung mit den Flugbegleitern dem Dax-Konzern einen Sondergewinn.

Am Aktienmarkt wurden die Nachrichten zunächst verhalten aufgenommen. Zum Handelsstart in Frankfurt verlor die Lufthansa-Aktie 1,1 Prozent an Wert, nachdem sie bereits am Vortag nach den durchgesickerten Ryanair-Plänen mit einem Minus von anderthalb Prozent aus dem Handel gegangen war.

Seine Wachstums- und Investitionspläne für das laufende Jahr dampfte der Vorstand nun ein weiteres Stück ein. Im laufenden Jahr werde das Flugangebot statt um 5,4 Prozent nur noch um 5,2 Prozent wachsen, sagte ein Sprecher. Im vierten Quartal streicht die Lufthansa dazu unrentable Verbindungen. Zwar soll das Flugangebot in diesem Zeitraum noch immer 8,7 Prozent grösser sein als ein Jahr zuvor, aber um einen Prozentpunkt schwächer wachsen als bisher geplant. Das kräftige Plus liegt daran, dass Ende 2015 wegen eines Streiks der Flugbegleiter zahlreiche Flüge ausgefallen waren.

Auch bei den Investitionen tritt der Konzern 2016 kürzer. Weil der Flugzeugbauer Bombardier einige der für die Schweizer Lufthansa-Tochter Swiss vorgesehenen C-Serie-Jets später liefert als geplant, investiert der Konzern in diesem Jahr nur 2,5 statt 2,7 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr soll es dafür umgekehrt sein, sagte ein Sprecher. Für die Jahre 2018 und 2019 habe die Lufthansa Investitionen von 2,2 Milliarden Euro im Auge. Spohr will nun möglicherweise auch gebrauchte Flugzeuge kaufen, um die Ausgaben einzudämmen, wie er in einer Konferenz mit Analysten sagte.

Unterdessen muss sich Europas grösste Fluggesellschaft auf neue Billigkonkurrenz an ihrem Heimatflughafen Frankfurt einrichten. Der irische Billigflieger Ryanair will nach Informationen der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX an diesem Mittwoch erstmals ein Flugangebot von Deutschlands grösstem Flughafen aus vorstellen.

Bisher steuern die grossen Billigflieger Frankfurt unter anderem wegen der höheren Gebühren nicht an. Auch die Lufthansa hält ihre Billigmarke Eurowings bislang von ihren Drehkreuzen Frankfurt und München fern. Weil der Billigflieger Easyjet und die zu Air France-KLM gehörende Transavia die Lufthansa inzwischen in Bayerns Hauptstadt herausfordern, will Spohr 2017 dort auch Eurowings an den Start schicken.

Ihre Eckdaten zu den ersten neun Monaten hatte die Lufthansa bereits im Oktober veröffentlicht und ihre im Juli zunächst gekappte Prognose für den operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) wieder angehoben. Dieser soll 2016 nun doch die 1,8 Milliarden Euro aus dem Vorjahr erreichen, nachdem der Vorstand nach den Terroranschlägen in Europa und rückläufiger Buchungen auf der Langstrecke zwischenzeitlich mit einem Rückgang gerechnet hatte.

Im dritten Quartal konnte die Lufthansa das Niveau aus dem Vorjahr wegen des Preiskampfs in der Branche und der schwierigen Lage bei der Luftfracht nicht halten. Der Umsatz ging um gut ein Prozent auf 8,8 Milliarden Euro zurück. Der um Sonderposten bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) sank trotz deutlich niedrigerer Treibstoffkosten um sechs Prozent auf 1,15 Milliarden Euro.

Unter dem Strich sorgte die Umstellung der Betriebsrenten der Flugbegleiter für einen Gewinnsprung. Weil die Lufthansa den Flugbegleitern ihrer Kernmarke nicht mehr die Rentenhöhe, sondern nur noch die Einzahlungen in das Rentensystem garantiert, konnte sie Rückstellungen in Höhe von gut 700 Millionen Euro auflösen. Der Quartalsüberschuss legte dadurch im Jahresvergleich um 79 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro zu.

Die Lufthansa und die Gewerkschaft Ufo hatten sich dazu bereits vor einigen Monaten geeinigt, in der Bilanz zeigte sich dies erst jetzt. Im Tarifstreit bei der Billigtochter Eurowings ringen beide Seiten aber weiter um eine Einigung. Vergangene Woche waren wegen eines Streiks der Flugbegleiter dort hunderte Flüge ausgefallen. Zu dem erwarteten finanziellen Schaden durch den Streik wollte sich der Lufthansa-Sprecher am Morgen noch nicht äussern./stw/jha/stb