- von Alexander Hübner und Andreas Rinke

Berlin/München (Reuters) - Der überraschende Wechsel des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) vom langjährigen Ausrüster Adidas zum US-Konkurrenten Nike hat heftige Reaktionen bei Fans und in der Politik ausgelöst.

"Diese Entscheidung ist unverständlich und ich muss ehrlich sagen, sie ist auch unpatriotisch", sagte CDU-Chef Friedrich Merz am Freitag. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schrieb auf der Plattform X von einer "Fehlentscheidung, wo Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet". Der finanziell klamme DFB hatte sich für das lukrativere Angebot von Nike - laut Berichten 100 Millionen Euro im Jahr - entschieden und verabschiedet sich Ende 2026 nach 77 Jahren von Adidas, das zuletzt 50 Millionen pro Jahr gezahlt hatte.

"Die drei Streifen gehören natürlich zu den vier Sternen, die wir auf der Brust tragen", sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Sie dürften nicht für "irgendeine amerikanische Fantasiemarke" geopfert werden. "Ich kann mir kaum vorstellen, dass der DFB das am Ende durchhalten kann", betonte Rhein. "Das lässt uns nicht kalt", rechtfertigte der Verband die Entscheidung. "Der Deutsche Fußball-Bund ist jedoch zuallererst dem deutschen Fußball und dessen Entwicklung verpflichtet." Die Partnerschaft mit Nike stelle sicher, dass er auch im nächsten Jahrzehnt seine wichtigsten Aufgaben wahrnehmen könne. "Darauf freuen wir uns." Nike habe das mit Abstand beste wirtschaftliche Angebot abgegeben, erklärte DFB-Geschäftsführer Holger Blask. In einer Online-Umfrage des Sportmagazins "kicker" bezeichneten 90 Prozent der Teilnehmer die Entscheidung als falsch.

SÖDER: "KOMMERZ IST NICHT ALLES"

Der deutsche Fußball sei "kein Spielball internationaler Konzernkämpfe", schrieb Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf X. "Kommerz ist nicht alles." Er hätte sich vom DFB "mehr Geradlinigkeit" gewünscht. Ein Regierungssprecher gab sich dagegen zurückhaltend: "Das ist eine autonome Entscheidung des Deutschen Fußball-Bundes."

Der unterlegene Sportartikelkonzern aus Herzogenaurach zeigte sich von der Entscheidung überrascht: "Wir sind vom DFB heute darüber informiert worden, dass der Verband ab 2027 einen neuen Ausrüster haben wird." Bei der Weltmeisterschaft 1954 hatte das erst wenige Jahre vorher gegründete Unternehmen mit mit seinen neu entwickelten Schraubstollen auf sich aufmerksam gemacht, die für den überraschenden Titelgewinn der deutschen Mannschaft mitverantwortlich gemacht wurden. Nike wurde erst zehn Jahre später gegründet.

Als Nike 2006 einen Vorstoß unternommen hatte, auf den DFB-Trikots zu landen, hatte Adidas das vertragliche Recht genutzt, mit seinem Angebot gleichzuziehen und Nike damit außen vor zu halten. Erst vor einer Woche hatten Adidas und der DFB die Trikots für die Europameisterschaft in Deutschland vorgestellt, bei der das Nationalteam auf dem Adidas-Campus auch Quartier beziehen wird. Vor allem die pink-lilafarbenen Auswärtstrikots sorgten dabei für Diskussionsstoff.

Angesichts des negativen Echos könnte der vermeintliche PR-Coup für Nike zum Bumerang werden. Die Aktie verlor am Freitag in Frankfurt fast sieben Prozent - allerdings nicht wegen der DFB-Entscheidung. Finanzvorstand Matt Friend hatte am Donnerstagabend die Anleger geschockt, als er sie auf einen Umsatzrückgang im ersten Halbjahr 2024/25 (Juni bis November) vorbereitete. Der Weltmarktführer ist mitten im Umbau und will zwei Milliarden Dollar einsparen, unter anderem bei den eigenen Filialen. Der direkte Verkauf an die Endkunden habe nicht das Wachstum gebracht, das man sich erhofft hatte. Nun setzt Nike wieder mehr auf den Großhandel.

Vor allem bei Laufschuhen ist das Unternehmen gegenüber Newcomer-Marken wie "On" und "Hoka" ins Hintertreffen geraten. Eine Produktoffensive soll helfen. "Es geht nicht um ein Produkt oder ein Teil hier und da - es geht darum, eine robuste Pipeline von Innovationen zu bauen", sagte Vorstandschef John Donahoe. In diesem Jahr sollten neue Modelle für "Alltagsläufer" auf den Markt kommen.

Für das laufende Geschäftsjahr (bis Ende Mai) rechnet Nike weiterhin mit einem Wachstum von einem Prozent. Die Zahlen für das dritte Quartal hatten die Erwartungen der Analysten übertroffen. Nike steigerte den Umsatz währungsbereinigt leicht auf 12,43 Milliarden Dollar, sowohl auf dem nordamerikanischen Heimatmarkt als auch in China ging es aufwärts. Damit gelang es, den hohen Lagerbestand um 13 Prozent abzubauen - mit Rabatten.

Der Nettogewinn fiel um fünf Prozent auf 1,17 Milliarden Dollar - auch das war besser als die Experten Nike zugetraut hatten. Dabei kostete die Restrukturierung Nike mehr als 300 Millionen Dollar. Das Unternehmen hatte kürzlich rund 1600 Stellen gestrichen, das sind zwei Prozent der Belegschaft. Es gehe darum, schneller und effizienter zu werden, sagte Friend.

(Bericht von Alexander Hübner in München, Andreas Rinke in Berlin und Ananya Mariam Rajesh in Bangalore. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)