Christian Kalischer

Sprecher des Vorstands

der

mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG

Ausführungen in der Hauptversammlung

am 15. Juli 2021

in München

- es gilt das gesprochene Wort -

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Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

liebe Freunde und Geschäftspartner der mwb fairtrade,

als neuer Sprecher des Vorstands begrüße ich Sie ganz herzlich zu unserer Hauptversammlung, die auch dieses Jahr wieder virtuell stattfindet. Ich hoffe sehr, dass wir nächstes Jahr im Sommer wieder eine Präsenzveranstaltung erleben werden.

Mein Name ist Christian Kalischer, die meisten von Ihnen werden mich vom Podium der bisherigen Hauptversammlungen kennen. Ich bin seit 2008 Vorstandsmitglied der mwb fairtrade AG und habe nach dem Ausscheiden von Thomas Posovatz zum Jahresende 2020 dessen Aufgabe als Sprecher des Vorstands übernommen.

Wechsel, Veränderung und Wandel - das ist etwas, das uns ständig begleitet und das in Pandemiezeiten noch mehr Gewicht bekommt. So schnell und einschneidend hat sich unsere Welt wohl noch nie auf eine neue Herausforderung einstellen müssen. Stellvertretend dafür steht auch der Digitalisierungsschub, der nicht nur die Büroarbeit und die Schulen, sondern auch die Finanzmärkte und Börsenplätze massiv beeinflusst hat. Wir haben dabei nicht nur gelernt, dass eine Hauptversammlung problemlos virtuell stattfinden kann. Die Digitalisierung hat auch wie ein Zeitraffer neue Marktmodelle geschaffen. Sogenannte Neobroker wie Trade Republic oder Robinhood haben

die Wahrnehmung von dem, was Aktienhandel bedeutet, in eine neue Richtung verschoben. Schnelles kostenloses Trading auf dem Smartphone - so einfach wie Online-Banking - hat Aktien plötzlich auch für die jungen Leute "sexy" gemacht und die Umsätze im Jahr 2020 nach oben getrieben.

Diese neue Aktienkultur hat nichts mehr mit klassizistischen Börsen-gebäuden wie beispielhaft in München oder in Frankfurt zu tun, sondern läuft in Sekunden über das Smartphone. Kaufen und Verkaufen ist jetzt einfacher, verständlicher und vor allem: Es passt zum endgültigen Durchbruch des digitalen Alltags, den die Corona-Pandemie gebracht hat. Die Onlinegame-erprobte Generation Y hat nun auch die Welt der Geldanlage entdeckt - nicht zuletzt deshalb, weil im schier endlosen Lockdown

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plötzlich Zeit dafür übrig war. Zehntausende jüngere Aktionäre haben die Zahl der Transaktionen in den letzten Monaten um viele Millionen gesteigert. Für Skontroführer wie die mwb fairtrade war das ein positiver Impuls.

Besonders eindrücklich zeigte sich die neue Macht der vielen Kleinanleger am Beispiel des Neobrokers Robinhood. Einige der Teilnehmer dieser Hauptversammlung haben den Vorgang sicher in der Presse verfolgt: Tausende Fans des börsennotierten Spiele-entwicklers "Gamestop" schlossen sich als Schwarm zusammen, um Hedgefonds, die auf sinkende Kurse wetteten, aus dem Geschäft zu drängen.

Einige Hedgefonds kamen dadurch trotz ihrer Größe in Schwierigkeiten und übten Druck auf Robinhood aus, keine Orders mehr zuzulassen. Ein bisher einmaliges Ereignis an den Kapitalmärkten.

Es ist also eine wildere, jüngere Welt geworden und die etablierten Börsen stehen dadurch unter Innovationsdruck. Sie erweitern ihr Angebot oder verlängern gar die Börsenzeiten, um der Twentyfour- Seven-Verfügbarkeit der Neobroker etwas entgegenzusetzen. Wie auch immer dieser Machtkampf ausgehen wird, die traditionellen Anbieter von Wertpapierdienstleistungen für Privatanleger konnten

an dieser Dynamik oft nicht teilhaben.

Sie sehen, sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, dass sich in unserem Marktumfeld einiges tut. Und wir, die mwb fairtrade, sind mittendrin in dieser Veränderung. Das macht uns nicht ängstlich und auch nicht unsicher, sondern wir reagieren darauf so, wie wir es schon immer getan haben: Wir nutzen die Chancen, die sich dadurch ergeben. Wie gut uns das gelungen ist, das zeigt das Ergebnis des vergangenen Geschäftsjahres.

Wir haben die steigenden Umsätze und die hohe Volatilität an den Börsen genutzt, um ein noch nie dagewesenes Jahresergebnis zu erzielen. Die Kennzahlen für 2020 sehen Sie jetzt an Ihrem Bildschirm neben mir abgebildet. Auffallend ist vor allem die starke Zunahme des Handelsergebnisses. Es stieg auf

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50,1 Millionen Euro, im Vergleich zu 14,6 Millionen Euro im Jahr davor. Daran lassen sich die verbesserten Handelsbedingungen deutlich erkennen. Einen Zuwachs gab es auch beim Provisionser- gebnis, das sich von 4,7 auf knapp 7,2 Millionen Euro verbesserte. Diesen Erträgen standen unterpropor- tional gestiegene Aufwände gegenüber.

Die Allgemeinen Verwaltungsaufwendungen erhöhten sich im Jahresvergleich von 16,6 Millionen Euro auf 28,5 Millionen Euro. In Relation zu den sprunghaft gestiegenen Erträgen ist das ein moderater Zuwachs. Dieses Phänomen beobachten wir nun schon seit einigen Jahren und es zeigt, wie seriös die mwb fairtrade wirtschaftet. So sind die Anderen Verwaltungsaufwendungen lediglich um 44 Prozent gestiegen, trotz des enormen Transaktionsvolumens, das wir 2020 bewegt haben.

Verantwortlich für die höheren Verwaltungsaufwendungen sind also in erster Linie die Personalkosten, die sich mehr als verdoppelt haben. Grund dafür ist unser leistungsabhängiges Vergütungsmodell. In guten Jahren wie 2020 steigen die Personalkosten durch Boni an, während sie bei einem schlechteren Geschäftsverlauf automatisch zurückgehen.

Dieses Modell erlaubt es uns, die Kostenstruktur flexibel an die Ertragssituation anzupassen.

Unter dem Strich ergab sich für das Jahr 2020 ein Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit in Höhe von 28,3 Millionen Euro. Das ist das beste Ergebnis, das die mwb fairtrade in ihrer 27-jährigen Geschichte erzielt hat - und es macht uns alle stolz.

Verglichen mit dem Jahr 2019 haben wir das Ergebnis mehr als verzehnfacht. Nach der gesetzlich vorgeschriebenen Zuführung zum Fonds für allgemeine Bankrisiken in Höhe von rund 3,8 Millionen Euro belief sich das Ergebnis auf 24,5 Millionen Euro. Der Jahresüber-schuss lag nach Abzug von Steuern bei 17,7 Millionen Euro.

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Durch den Rekord-Jahresüberschuss hat sich auch unsere Eigenkapitalsituation weiter verbessert. Zum

31. Dezember 2020 verfügten wir über ein Eigenkapital von 30,3 Millionen Euro - zuzüglich der Rücklagen im Fonds für allgemeine Bankrisiken. Diese liegen mittlerweile bei rund 11 Millionen Euro. Die liquiden Mittel der mwb fairtrade betrugen zum Jahresultimo über 40 Millionen Euro.

Das sind Zahlen, bei denen es einem fast schwindelig werden kann und ich bitte Sie in diesem Zusammenhang um Einsicht: Denken Sie bitte daran, dass 2020 ein absolutes Ausnahmejahr war. Ich weise Sie ausdrücklich darauf hin, dass meine Vorstandskollegen und ich nicht davon ausgehen, dass ein solches Ergebnis zur Regel wird. Wir möchten hier ganz aufrichtig zu Ihnen sein, um falsche Erwartungen von vornherein auszuschließen. Das gilt auch trotz der Tatsache, dass wir im 1. Halbjahr 2021 ähnlich gute Zahlen geschrieben haben.

Dazu komme ich aber später in meinem Ausblick, in dem ich auch erläutern werde, warum der Ausnahmezustand, in dem wir uns derzeit befinden, nicht von Dauer sein kann.

Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,

falls Sie mich jetzt für einen Spielverderber halten, dann erinnere ich Sie gerne daran, dass eine gewisse Vorsicht schon immer zur DNA der mwb fairtrade gehörte. Unsere konservative, bodenständige Art zieht sich wie ein roter Faden durch die letzten Jahrzehnte - und wie Sie sehen, sind wir gut damit gefahren. Denn wir sind noch da, während viele andere Skontroführer von der Landkarte verschwunden sind. Nicht zuletzt sorgt unsere Haltung auch dafür, dass wir von Kunden und Partnern wertgeschätzt und ernst genommen werden.

Zu unserer langfristig orientierten Firmenpolitik gehört es auch, dass wir etwa 50 Prozent vom Jahresgewinn als Rücklage in die Bilanz einstellen - sozusagen als Polster für schlechtere Zeiten.

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mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG published this content on 15 July 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 15 July 2021 13:08:07 UTC.