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Vita

Die Kunden wollen neue, e!ziente Flugzeuge"

Der Österreicher Michael Pistauer hat drei Firmen an die Börse gebracht: den Batteriehersteller Varta, die Verpa-ckungsfirma Aluflexpack - und zuletzt in schwierigen Zeiten den Flugzeug-zulieferer Montana Aerospace

von GEORG MECK

Herr Pistauer, Sie sind mit Montana Aerospace vor einem Jahr an der Börse gestartet, nach dem anfänglichen Hoch hat sich der Kurs halbiert. Was läuft da schief?

Michael Pistauer: Mit dem Ukraine-Krieg sind einige Faktoren zusammengekommen, nicht nur bei uns, sondern in der gesamten produzierenden Industrie. Dadurch geriet auch unsere Aktie unter Druck. Die Mechanismen sind verständlich, aber die Überreaktion der Börse ist aus meiner Sicht nicht logisch. Montana Aerospace ist strategisch perfekt aufgestellt und die Auftragsbücher sind voll.

Michael Pistauer

Der studierte Betriebs-wirt Michael Pistauer ist seit 2016 Mitglied des Managements von Montana Tech Com-ponents, der Konzern-mutter von Montana Aerospace, wo er als Finanzvorstand arbeitet.

Pistauer war zuvor schon an der Neuausrichtung des Batterieherstellers Varta beteiligt, der unter seiner Führung 2017 an die Börse gegangen ist, 2019 brachte er den Verpackungshersteller Aluflexpack AG an die Schweizer Börse.

Foto: F. Lang

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MONTANA AEROSPACE: "Die Auftragsbücher sind voll" - und das Unternehmen wächst schneller, als es den Investoren in Aussicht gestellt wurde

Wo genau übertreibt die Börse aus Ihrer Sicht?

Pistauer: Nach einem erfolgreichen Börsengang haben wir in der Krise antizyklisch investiert und uns mit strategischen Zukäufen für den Restart aus der globalen Covid-Krise auf-gestellt. Wenige Tage vor dem Angri! auf die Ukraine haben wir unsere vorläu"gen Ergebniszahlen verö!entlicht und da- bei, fast prophetisch, o!en geredet über Herausforderungen, die auf die Wirtschaft zukommen: die steigenden Energie- preise, die anziehende In#ation. Die Reaktion des Marktes haben wir sehr schnell zu spüren bekommen. Auch wenn speziell unser Geschäft weniger stark betro!en ist, als Anle-ger kalkulieren. Beispiel Energie: Unsere Mehrkosten in die-sem Jahr belaufen sich auf 17 Millionen Euro und das ist ab- solut verkraftbar. Um auch langfristig in diesem Bereich unabhängiger zu werden, investieren wir darüber hinaus in Solaranlagen für unsere Werke in Rumänien und Vietnam.

Trotzdem hat sich der Kurs nicht richtig erholt.

Pistauer: Der Ukraine-Krieg tri!t die gesamte produzieren-de Industrie. Viele Investoren unterscheiden nicht, wie stark sich die Folgen auf die einzelnen Unternehmen auswirken. Ge-rade in den USA ist man fast hypnotisiert von den Kämpfen in der Ukraine, aus amerikanischer Sicht sind die 400 Kilometer Distanz zwischen unserem Standort in Rumänien und dem Krieg gar nichts, die fragen mich auf Roadshows, ob wir über-haupt noch produzieren können. Genauso wie die Furcht vor einer Rohsto!knappheit. Aber auch hier gilt es zu di!erenzie-ren. In unserem Fall können wir den Preisanstieg beim Groß-teil der Materialien über Durchreicheklauseln (pass-through clauses) bewältigen. Zudem können wir durch unsere hohen Recycling-Kapazitäten und die Verwendung von Altmaterial (insbesondere bei Aluminium, das bis zu 70 Prozent aus recy-celtem Material gewonnen wird) Bescha!ungs- und Lieferrisi-ken abfedern. Und wir verfügen über einen im Lauf der letzten Wochen und Monate gezielt aufgebauten Lagerbestand, der in bestimmten Bereichen Vorräte für rund 18 Monate umfasst und dazu dienen soll, uns unabhängiger von den derzeit auf-tretenden Lieferengpässen zu machen.

Andere Luftfahrtaktien leiden gleichwohl weniger stark.

Pistauer: Ehrlicherweise büßt unser Kurs auch aktuell da-für, dass wir eine Kapitalerhöhung zur Übernahme des Flug-zeugzulieferers Asco gemacht haben, das führt zu einer Ver-wässerung der Anteile und erklärt etwa 20 Prozent minus.

Ihr Großaktionär, der Selfmade-Milliardär Michael Tojner, steht in Österreich in den Schlagzeilen, gegen ihn läuft ein Ermittlungs- verfahren.

Pistauer: Diese Vorwürfe haben rein gar nichts mit Monta- na Aerospace oder unserer Geschäftstätigkeit zu tun. Hier ar- beiten fast 7000 Menschen auf der ganzen Welt jeden Tag hart und niemand hat es verdient, dass mit haltlosen An- schuldigungen seine Leistungen schlechtgemacht werden. Ich weiß, dass Michael Tojner größtes Interesse daran hat, dass die Vorwürfe schnellstmöglich und restlos aufgeklärt werden.

Wie gesagt: Wir verstehen die Kritikpunkte, können uns über die Stärke der Kursreaktion aber nur wundern. Schließ-lich wachsen wir schneller, als wir es den Investoren in Aus-sicht gestellt haben, wir planen, den Umsatz von 790 Milli- onen auf 1,1 Milliarden Euro zu steigern, mit einem deutlich verbesserten Ergebnis. Das scha!t kein Mitbewerber.

Auf eine Dividende müssen Ihre Aktionäre in jedem Fall verzichten.

Pistauer: Eine Ausschüttung ist für 2022 noch nicht ge- plant. Wir haben seit 2018 gewaltige neue Aufträge reinge-holt. Das hatte zur Folge, dass wir immens investieren muss-ten: 600 Millionen Euro, um die Produktion entsprechend auszubauen. Logisch, dass dadurch mehr Kapital gebunden wird, dadurch Cash#ow verbraucht wird. Mittelfristig pla- nen wir aber, eine Dividende auszuschütten.

Ihr Großkunde Airbus hat dieses Jahr eine Rekorddividende beschlos- sen, wie stark hängen Sie am Wohl und Wehe der Flugzeugbauer?

Pistauer: Wir pro"tieren direkt von der sehr hohen Nach-frage nach Flugzeugen im zivilen Bereich. Es ist atemberau- bend, in welchen Massen die Fluggesellschaften bestellen.

Fotos: W. Schroll

Das erklärt sich mit dem hohen Durchschnittsalter der Flot-ten von 15 bis 20 Jahren. Die Kunden verlangen nach neuen, e!zienten Flugzeugen. Die Auftragsvolumen sind deshalb massiv in die Höhe geschossen, die Baurate für die Boeing 737 zum Beispiel hat sich versechsfacht. Das ist für uns her-vorragend, auch wenn wir unsere Prognosen konservativer rechnen, um auf Nummer sicher zu gehen. Die schnell stei-gende Anzahl an Flugzeugen, die gebaut werden, hat uns be-reits letztes Jahr die Möglichkeit geboten, für Zulieferer mit Kapazitätsengpässen kurzfristig einzuspringen und Markt-anteile zu gewinnen.

Aerospace-Betrieb beschäftigt im Schnitt aber nur 30 bis 40 Leute, in Deutschland typischerweise 15. Das wird sich än- dern, es gibt einen massiven Zug zur Konsolidierung der Branche.

Sie haben gerade die belgische Asco-Gruppe übernommen. Kommt da noch mehr an Zukäufen?

Pistauer: Da halten wir es mit James Bond: Sag niemals nie!

Unsere Strategie besteht aus Build and Buy, das heißt: Wir wachsen organisch und sondieren permanent Übernahmen. Typischerweise nennen uns unsere Kunden, die Flugzeug- hersteller, Kandidaten für M&A-Transaktionen, die tragen Zulieferer an uns heran, die wir uns anschauen sollen. Für 2022 haben wir allerdings keine größere Übernahme mehr im Plan, allenfalls kleinere Unternehmen, wenn sie in unse-re Wachstumsstrategie passen.

Corona hatte den Flugverkehr zeitweise ziemlich lahmgelegt, ist die Pandemie für Ihr Geschäft jetzt abgehakt?

Pistauer: Aufgrund der steigenden Nachfrage für Flugzeu- ge sind wir voll im Hochlauf unserer Werke und haben inzwi- schen gelernt, wie man mit der Pandemie umgeht, auch wenn es bei 6600 Mitarbeitenden immer mal wieder zu ei-ner Covid-Ansteckung kommt bzw. kommen wird. Die indi- rekten Auswirkungen aber sind natürlich weiterhin in der gesamten Industrie und Zulieferlandschaft spürbar.

Inwiefern?

Pistauer: Unterbrochene Lieferketten, Schwierigkeiten im Transport, die Knappheit an Ressourcen. Da liegen wir als Big Player mit unserem One-Stop-Shop-Konzept klar im Vor-

Es ist atemberaubend, wie die Fluggesellschaften neue Maschinen bestellen"

Wie hoch ist der Anteil Ihrer Produkte an einem Flugzeug?

Pistauer: Ein Flugzeug besteht aus fünf Millionen Teilen, jede Schraube mitgerechnet, eine halbe Million Teile davon sind kritisch. Wir haben vor allem auch am Skelett des Flug-zeugs einen signi"kanten Marktanteil. Insgesamt ist die Zu- lieferbranche im Flugzeugbau stark fragmentiert, da tum- meln sich Hunderttausende kleine bis sehr kleine Betriebe - das wird sich ändern.

Sie rechnen mit einer Konsolidierung der Branche?

Pistauer: Unbedingt. Wir sehen einen gewaltigen Konsoli-dierungsdruck in der Luf#ahrt, wie vor 30 Jahren in der Au-tomobilindustrie, als dann die großen Zulieferkonzerne ent- standen sind. Ähnliches wird sich jetzt in der Luf#ahrt abspielen, schon aufgrund der Produktionszahlen: In den 60er-Jahren hat Boeing pro Monat ein Flugzeug ausgeliefert, heute sind es 50. Das verändert die Bedingungen für Zuliefe- rer, verlangt nach einer industriellen Fertigung. Der typischeteil. Auch beim derzeit großen Thema des Fachkräfteman- gels hilft uns unsere internationale Aufstellung. So könnenwir akuten Personalmangel oder Einschulungsphasen durch kurzfristiges Umshiften intern abdecken oder, wie aktuell der Fall, für das Hochfahren unseres Werks in Rumänien Fachpersonal aus Vietnam rekrutieren.

Herr Pistauer, Montana Aerospace ist bereits die dritte Firma, die Sie als Finanzvorstand an die Börse gebracht haben, nach dem Batterie-hersteller Varta und der Verpackungsfirma Aluflexpack . . .

Pistauer: … stimmt, es dürfte nicht viele Vorstände geben, die diese Erfahrung dreimal gemacht haben, die dreimal mit ihrem Unternehmen an die Börse gegangen sind.

Welche Aktie aus dem Trio empfehlen Sie Privatanlegern zum Kauf?

Pistauer: Am besten halten Sie alle! Aber im Ernst: Ich darf keine konkreten Empfehlungen aussprechen. Sicher ist: Spannend sind alle drei Firmen, alle auf unterschiedlichen Feldern, in Zukunftsmärkten unterwegs. Ich selbst bin bei al- len dreien Aktionär und habe meine Anteile jüngst erhöht.

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Montana Aerospace AG published this content on 06 May 2022 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 22 May 2022 06:25:09 UTC.