New York/Bangalore (Reuters) - Der Zweikampf der Milliardäre Mark Zuckerberg und Elon Musk geht in die nächste Runde: Zuckerbergs Konzern Meta startete am Donnerstag einen Kurznachrichtendienst namens Threads (engl. "Fäden"), der Musks kriselndem Rivalen Twitter Nutzer abjagen soll.

"Auf geht's! Willkommen bei Threads", schrieb Zuckerberg in der neuen App. Innerhalb der ersten 18 Stunden hätten sich mehr als 30 Millionen Nutzer bei Threads eingeloggt, hieß es später. Einem Medienbericht zufolge drohte Twitter Meta wegen Threads umgehend mit einer Klage. In Deutschland und dem Rest der EU war der neue Dienst zunächst nicht verfügbar.

Zu den erste Nutzern gehörten US-Prominente wie Jennifer Lopez, Kim Kardashian oder die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez. Auch Unternehmen wie Netflix waren schnell dabei. Zuckerberg kam am ersten Tag auf eine Millionen Follower. In Großbritannien und den USA eroberte die App die Spitzenposition des beliebtesten kostenlosen Programms im Apple-Store. Dass die EU ausgeklammert wurde, geht einem Medienbericht zufolge auf Datenschutz-Bedenken zurück. Dabei hat die neue App einige Funktionen, um Behörden entgegenzukommen. So signalisiert ein Kennzeichen auf dem Instragram-Profil, dass der Nutzer sich bei Threads angemeldet hat. Dieses Kennzeichen kann verborgen werden.

EXPERTEN: INVESTOREN BEGEISTERT ÜBER "TWITTER-KILLER"

Unter den zahlreichen Kurznachrichtendiensten ist Threads nach Einschätzung von Experten der bislang einzige, der Twitter ernsthaft Konkurrenz machen könnte. Denn jeder der weltweit etwa zwei Milliarden aktiven Instagram-Nutzer - deutlich mehr als etwa die Bevölkerung von Indien oder China - kann sich mit denselben Zugangsdaten bei Threads anmelden und denselben Accounts wie auf Instagram folgen. Twitter nutzen bislang mehr als 200 Millionen Menschen regelmäßig, was grob Brasilien entspricht. Mastodon aus Deutschland kommt dagegen auf 1,7 Millionen Personen und damit weniger als Hamburg Einwohner hat. Bluesky des Twitter-Gründers Jack Dorsey kommt auf 265.000 Anwender, etwas mehr als die Bevölkerung von Mönchengladbach.

"Die Investoren sind begeistert von der Aussicht, dass Meta wirklich einen 'Twitter-Killer' hat, sagte Chef-Analystin Danni Hewson vom Brokerhaus AJ Bell. Meta-Aktien hatten in Erwartung der Markteinführung von Threads am Mittwoch knapp drei Prozent zugelegt. Am Donnerstag gaben sie nach einem anfänglichen Anstieg im weiteren Verlauf wie andere große Tech-Werte nach und lagen kurz vor Handelsschluss in New York leicht im Minus. "Zuckerberg lässt die MUSKeln spielen", schrieb DZ Bank-Analyst Ingo Wermann. Threads sei nicht nur eine Kampfansage an Twitter, sondern biete auch die Chance, mit zusätzlichen persönlichen Nutzerdaten mittel- bis langfristig die Werbeeinnahmen zu steigern.

Seit der 44 Milliarden Dollar schweren Übernahme durch Musk im Herbst 2022 kommt Twitter nicht aus den Schlagzeilen heraus. So feuerte der Chef des Elektroautobauers Tesla rund 80 Prozent der Belegschaft. Außerdem lockerte der selbst ernannte "Absolutist der Meinungsfreiheit" die Regeln für die Moderation von Inhalten. Zuletzt stieß er Nutzer und Werbetreibende mit der Begrenzung der pro Tag lesbaren Nachrichten vor den Kopf.

Weil Hassrede auf Twitter zuletzt zugenommen hatte, hoffen einige Nutzer auf ein besseres Umfeld bei Threads. "Möge diese Plattform gute Atmosphäre, eine starke Gemeinschaft, ausgezeichneten Humor und weniger Belästigungen bieten", schrieb die Abgeordnete Ocasio-Cortez. Ein anderer Nutzer prophezeite sogar das Ende von Twitter binnen weniger Stunden.

Ihm antwortete Zuckerberg mit einer Warnung vor überzogenen Erwartungen. "Wir sind erst am Anfang der ersten Runde." Dem Online-Portal Semafor zufolge drohte Twitter Meta wegen Threads mit einer Klage. "Twitter beabsichtigt, seine Rechte an geistigem Eigentum strikt durchzusetzen, und fordert Meta auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Verwendung von Geschäftsgeheimnissen oder anderen streng vertraulichen Informationen von Twitter einzustellen", hieß es unter Berufung auf ein entsprechendes Schreiben. Die Facebook-Mutter habe ehemalige Twitter-Mitarbeiter eingestellt, die "Zugang zu Geschäftsgeheimnissen und anderen höchst vertraulichen Informationen von Twitter hatten und haben". Stellungnahmen von Meta und Twitter zu dem Bericht lagen nicht vor.

Der 39-jährige Meta-Chef Zuckerberg selbst postete beim Rivalen Twitter ein bekanntes Meme - ein humoristisches Bild, in dem Spider-Man sich selbst gegenübersteht. Es war Zuckerbergs erster Post dort seit 2012. Damit spielte er auf die Rivalität mit dem 51-jährigen Musk an. Dieser hatte Zuckerberg vor einiger Zeit zu einem "Cage Fight" herausgefordert. Dabei kämpfen die Kontrahenten in einem Käfig mit Fäusten und Fußtritten gegeneinander. Zuckerberg trainiert seit Jahren die japanische Selbstverteidigungskunst Jiu Jitsu.

(Bericht von Katie Paul, Aditya Soni; unter Mitarbeit von Yuvraj Malik und Bansari Mayur Kamdar; geschrieben von Hakan Ersen, bearbeitet von Scot W. Stevenson, redigiert von Birgit Mittwollen.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)