Hongkong/New York (Reuters) - Der hochverschuldete chinesische Immobilienentwickler China Evergrande hat im Zuge seiner Sanierung Gläubigerschutz in den USA beantragt.

Es geht um einen Antrag nach Kapitel 15 des US-Insolvenzrechts, nach dem ausländische Unternehmen vor Ansprüchen von amerikanischen Gläubigern geschützt werden, so lange sie über eine Neuordnung ihrer Schulden verhandeln, wie aus Dokumenten des Konkursgerichts im New Yorker Stadtteil Manhattan vom Donnerstag (Ortszeit) hervorgeht. China Evergrande, inzwischen das Sinnbild der Immobilienkrise in dem Riesenreich, ist im Ausland über Anleihen, Repo-Geschäfte und besicherte Papiere mit 31,7 Milliarden Dollar verschuldet.

Das ist aber nur ein Bruchteil seiner Verpflichtungen von mehr als 300 Milliarden Dollar, über die seit Monaten mit den Gläubigern verhandelt wird. Die ausländischen Anleihen hatte Evergrande in Ländern wie Hongkong, den Cayman-Inseln und den britischen Jungferninseln aufgenommen. Zwei Insidern zufolge soll die Restrukturierung unter US-Recht abgewickelt werden, weshalb der Antrag auf Gläubigerschutz notwendig wurde. Das Unternehmen hat binnen zwei Jahren umgerechnet 72 Milliarden Euro Verlust angehäuft.

China Evergrande, das am höchsten verschuldete Immobilien-Unternehmen weltweit, geriet vor zwei Jahren in Schieflage, nachdem die Immobilienblase in China geplatzt war, konnte einen ungeordneten Zusammenbruch bisher aber vermeiden. Die Folge der Krise des einstigen Stars am chinesischen Wohnungsmarkt sind zahlreiche Bauruinen und Firmenpleiten. Bereits im März hatte das Unternehmen den Gläubigern im In- und Ausland eine Umschuldung vorgeschlagen, noch im August soll es ein Treffen mit den Gläubigern geben. Auch die mit Evergrande verbundene Tianji Holdings beantragte am Donnerstag Gläubigerschutz nach Kapitel 15.

Inzwischen zeigen sich in China erste Ansteckungseffekte - auch über die Immobilienbranche hinaus. Der größte private Immobilienentwickler des Landes, Country Garden, hat eine drohende Schieflage eingeräumt. Die Nummer zwei, Longfor Group, kündigte am Freitag an, angesichts der Lage am Immobilienmarkt beschleunigt an ihrer "Gewinnstruktur" zu arbeiten. Und der stark im Immobiliensektor investierte Treuhandfonds-Anbieter Zhongrong sprach ebenso wie Zhongrong-Großaktionär Zhongzhi von Liquiditätsschwierigkeiten und hat die Zahlungen auf Dutzende Investmentprodukte eingestellt.

Nun hofft die Branche auf die Regierung in Peking und auf die Notenbank. Letztere hatte in dieser Woche nochmals betont, ihre Richtlinien für die Immobilienbranche "anzupassen und zu optimieren". Der Sektor steht immerhin für etwa ein Viertel der chinesischen Wirtschaft. Die Notenbank dürfte am Montag die Leitzinsen senken. Viele Analysten gehen davon aus, dass sie dabei den Referenzzins für Hypotheken kräftig senken wird, um die Kreditnachfrage zu beleben und der Branche wieder auf die Sprünge zu helfen.

(Bericht von Clare Jim, Jonathan Stempel und Dietrich Knauth; Mitarbeit: Manya Saini in Bangalore; Geschrieben von Alexander Hübner; redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)