EQS-WpÜG: Robin Brühmüller, TV-Office H.H. Thiele / Befreiung
Befreiung / Zielgesellschaft: Knorr-Bremse Aktiengesellschaft; Bieter: Robin Brühmüller, TV-Office H.H. Thiele

20.06.2024 / 22:05 CET/CEST
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Robin Brühmüller

Deutschland

 

Veröffentlichung des Tenors und der wesentlichen Gründe

des Bescheids der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 27. Mai 2024

über

die Befreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG von den Verpflichtungen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG

in Bezug auf die Knorr-Bremse Aktiengesellschaft, München

Mit Bescheid vom 27. Mai 2024 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf den Antrag

 

von Herrn Robin Brühmüller (nachfolgend "Antragsteller")

 

den Antragsteller gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG von den Pflichten befreit, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung an der Knorr-Bremse Aktiengesellschaft mit Sitz in München, zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen.

 

Der Tenor des Bescheids der BaFin lautet wie folgt:

 

  1. Der Antragsteller wird für den Kontrollerwerb über die Knorr-Bremse Aktiengesellschaft, München, im Zusammenhang mit der vom Antragsteller am 17.05.2021 übernommenen Testamentsvollstreckung über den Nachlass von Herrn Heinz-Herrmann Thiele, gemäß § 37 Abs. 1 Var. 1, Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 1 WpÜG-AngebotsVO von den Verpflichtungen befreit, gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung über die Knorr-Bremse Aktiengesellschaft zu veröffentlichen, gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu übermitteln und diese gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu veröffentlichen.
  2. Die Befreiung endet mit der Beendigung der Tätigkeit des Antragstellers als Testamentsvollstrecker über den Nachlass von Herrn Heinz-Herrmann Thiele.
  3. Für die positive Entscheidung über den Befreiungsantrag ist vom Antragsteller eine Gebühr zu entrichten.

 

Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf den folgenden Gründen:

A. 

I.                   Zielgesellschaft

Zielgesellschaft ist die Knorr-Bremse Aktiengesellschaft mit Sitz in München, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter der Handelsregisternummer HRB 42031 (folgend "Zielgesellschaft").

Das Grundkapital der Zielgesellschaft betrug zum 26.03.2021 EUR 161.200.000,00, eingeteilt in 161.200.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien, die unter der ISIN DE000KBX1006 zum Handel im regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen sind.

II.                Beteiligungsverhältnisse an der Zielgesellschaft

95.097.851 Aktien (entsprechend ca. 58,99 % des Grundkapitals und der Stimmrechte) der Zielgesellschaft werden zum Zeitpunkt der Antragstellung unmittelbar gehalten von der KB Holding GmbH mit Sitz in Grünwald, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter der Handelsregisternummer HRB 122175 (folgend "KB Holding").

Sämtliche Geschäftsanteile der KB Holding werden gehalten von der TIB Vermögens- und Beteiligungsholding GmbH mit Sitz in Grünwald, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter der Handelsregisternummer HRB 200367 (folgend "TIB").

An der TIB sind zum Zeitpunkt der Antragstellung [die Alleinerbin von Heinz-Hermann Thiele (folgend "Erbin")] mit Geschäftsanteilen im Gesamtnennbetrag von EUR 193.040,00 (entsprechend ca. 19,3 % des Stammkapitals) und die Stella Vermögensverwaltungs GmbH mit Sitz in Grünwald, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter der Handelsregisternummer HRB 118793 (folgend "Stella") mit Geschäftsanteilen im Gesamtnennbetrag von EUR 806.960,00 (entsprechend ca. 80,7 % des Stammkapitals) beteiligt.

An der Stella sind zum Zeitpunkt der Antragstellung die [Erbin] mit einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von EUR 434.325.400,00 (entsprechend ca. 63,405 % des Stammkapitals) […]  beteiligt.

Die von der [Erbin] gehaltenen Geschäftsanteile an der TIB und der Stella wurden bis zu seinem Tod am 23.02.2021 von Herrn Heinz-Herrmann Thiele gehalten. [Die Erbin] wurde mit notariellem Testament vom 07.06.2018 von [dem] am 23.02.2021 verstorbenen […] Heinz-Herrmann Thiele als Alleinerbin eingesetzt. Zugleich wurde testamentarisch von Todes wegen eine Familienstiftung errichtet. Über den Nachlass wurde vom Erblasser Testamentsvollstreckung für die Dauer von maximal fünf (5) Jahren angeordnet. Das Testament wurde vom Nachlassgericht am 16.03.2021 eröffnet und der Antragsteller am 20.03.2021 über dessen Inhalt informiert.

III.             Antragsteller

Dem Antragsteller wurde vom Erblasser mit notarieller Urkunde vom 26.11.2015 Generalvollmacht über den Tod hinaus erteilt.

Der Antragsteller wurde vom Erblasser als Testamentsvollstrecker mit den weitestgehenden Befugnissen eingesetzt. Mit notarieller Urkunde vom 17.05.2021 hat der Antragsteller die Annahme des Amts als Testamentsvollstrecker erklärt und am selben Tag vom Nachlassgericht München ein Testamentsvollstreckerzeugnis ausgestellt bekommen.

IV.             Antragstellung

Der Antragsteller hat mit Schreiben datierend vom 02.03.2021, eingegangen im Original am gleichen Tag, beantragt, ihn von den Verpflichtungen zur Veröffentlichung der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG sowie zur Übermittlung einer Angebotsunterlage gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG und Veröffentlichung dieser gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu befreien. Mit Schreiben datierend vom 26.03.2021, eingegangen im Original am gleichen Tag, hat der Antragsteller seinen Antrag daraufhin erweitert, dass er vom Erblasser als Testamentsvollstrecker eingesetzt wurde.

Mit Schreiben vom 05.03.2024 wurde der Antragsteller zu einem Befreiungsbescheid im Verfahren WA 16-Wp 7000/00016#00018 angehört. Er hat hierzu mit E-Mail vom 02.05.2024 Stellung genommen und dabei erklärt, mit einem entsprechenden Bescheid im gegenständlichen Verfahren einverstanden zu sein.

B. 

Dem Antrag war stattzugeben, da er zulässig und begründet ist.

I.                   Zulässigkeit

Der Antrag ist zulässig.

Da Anträge gemäß § 45 Satz 1 WpÜG (in der Fassung bis zum 31.12.2023) schriftlich zu erfolgen hatten und der Befreiungsantrag des Antragstellers der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht am 02.03.2021 im Original zugegangen ist, wurde dieser zulässigerweise gestellt.

Der Antrag wurde auch fristgerecht gestellt. Gemäß § 37 Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 8 WpÜG AngebotsVO (in der Fassung bis zum 31.12.2023) konnte ein Befreiungsantrag nach § 37 WpÜG vor der Kontrollerlangung und bis zu sieben Kalendertage nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Antragsteller Kenntnis von seiner Kontrollerlangung über die Zielgesellschaft hatte oder haben musste.

Der Antragsteller hat erstmals am 17.05.2021 durch die Annahme des Amts als Testamentsvollstrecker über den Nachlass von Herrn Heinz-Herrmann Thiele die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt (siehe unten B.II.1). Die Antragstellung am 02.03.2021 erfolgte damit fristgemäß.

II.                Begründetheit

Der Antrag ist auch begründet. Die Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 Alt. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 1 WpÜG-AngebotsVO liegen vor. Die Annahme des Amtes als Testamentsvollstrecker rechtfertigt es unter Berücksichtigung der Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft eine Befreiung von den Verpflichtungen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG auszusprechen.

1.                  Kontrollerwerb des Antragstellers

Der Antragsteller hat erstmals mit der Annahme des Amts als Testamentsvollstrecker über den Nachlass von Herrn Heinz-Herrmann Thiele am 17.05.2021 die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt. Seit diesem Zeitpunkt ist der Antragsteller als Testamentsvollstrecker befugt, den Nachlass des Erblassers in Besitz zu nehmen, zu verwalten und über die Nachlassgegenstände zu verfügen (§§ 2202 Abs. 1, 2205 Satz 1 und 2 BGB). Zu den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlassgegenständen gehören insbesondere die bislang vom Erblasser gehaltenen Gesellschaftsbeteiligungen:

Die TIB ist Mutterunternehmen der KB Holding, da sie sämtliche Geschäftsanteile an dieser hält (§ 2 Abs. 6 WpÜG, § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB, § 17 AktG). Die Stimmrechte aus den von ihrem Tochterunternehmen KB Holding unmittelbar gehaltenen 8.797.090 Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend ca. 50,09% des Grundkapitals und der Stimmrechte) sind der TIB gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG zuzurechnen.

Die Stella ist Mutterunternehmen der TIB, da sie mit ca. 80,7% des Stammkapitals die Mehrheit der Anteile und Stimmrechte an dieser hält (§ 2 Abs. 6 WpÜG, § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB, § 17 AktG). Die Stimmrechte aus den von ihrem Tochterunternehmen TIB mittelbar gehaltenen 8.797.090 Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend ca. 50,09% des Grundkapitals und der Stimmrechte) sind der Stella gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG zuzurechnen.

Die Stella ist ein Tochterunternehmen des Antragstellers (§ 2 Abs. 6 WpÜG, § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB, § 17 AktG), da er als Testamentsvollstrecker über ca. 63,405% des Stammkapitals und damit die Mehrheit der Anteile und Stimmrechte an der Stella verfügen kann und somit aus Sicht des Tochterunternehmens ab Annahme des Amts als Testamentsvollstrecker eine hinreichend gesicherte und beständige Einflussnahmemöglichkeit des Antragstellers vorliegt. Die Stimmrechte aus den von seinem Tochterunternehmen Stella mittelbar gehaltenen 95.097.851 Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend ca. 58,99% des Grundkapitals und der Stimmrechte) sind dem Antragsteller gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG zuzurechnen.

2.                  erbrechtlicher Kontrollerwerb

Der tragende Befreiungsgrund ist vorliegend § 9 Satz 1 Nr. 1 WpÜG-AngebotsVO, da die Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft durch Erbschaft oder im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung erfolgt ist und der Antragsteller nicht mit dem Erblasser i.S.d. § 36 Nr. 1 WpÜG verwandt ist.

Die Befreiungsmöglichkeit gemäß § 9 Satz 1 Nr. 1 WpÜG-AngebotsVO steht im Zusammenhang mit dem Bestreben des Gesetzgebers, in Ergänzung zu § 36 Nr. 1 WpÜG eine Unternehmensnachfolge ohne Pflichtangebot zu ermöglichen. Zwar ist der Antragsteller selbst kein Erbe des Erblassers, doch ist er als Testamentsvollstrecker gemäß § 2203 BGB in gleicher Weise wie ein Erbe verpflichtet, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen. Auch wenn der Antragsteller die Kontrolle über die Zielgesellschaft nicht bereits i.S.v. § 1922 BGB mit dem Erbfall erlangt hat, so folgt sie doch aus erbrechtlichen Regelungen und steht in unmittelbaren Zusammenhang mit der Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses.

3.                  Ermessen

Befreiungen nach § 37 WpÜG stehen im Ermessen der BaFin. In der Ermessensabwägung sind die Interessen des Antragstellers an der Befreiung dem Interesse der übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft an der Durchführung eines Pflichtangebots gegenüberzustellen (vgl. Schmiady, in: Steinmeyer, WpÜG, § 37 Rz. 56).

Bei Abwägung der Interessen der anderen Aktionäre der Zielgesellschaft an einem Pflichtangebot mit dem Interesse des Antragstellers an einer Befreiung von den Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG überwiegen die Interessen des Antragstellers deutlich. Der Kontrollerwerb des Antragstellers bietet den außenstehenden Aktionären keinen Anlass, eine außerordentliche Desinvestitionsentscheidung zu treffen. Vielmehr dient die auf maximal fünf Jahre beschränkte Testamentsvollstreckung der vom Erblasser angeordneten Errichtung einer Familienstiftung und der Einbringung insb. der (mittelbaren) Beteiligung des Erblassers an der Zielgesellschaft in diese Stiftung. Somit müssen die außenstehenden Aktionäre auch keine durch den Kontrollerwerb des Antragstellers bedingte Änderung in der Unternehmensführung der Zielgesellschaft erwarten, so dass ihr etwaiges Interesse an einem Pflichtangebot als gering zu bewerten ist und jedenfalls hinter dem Interesse des Antragstellers, nicht mit den Kosten eines Pflichtangebots belastet zu werden, zurückstehen muss.

Der Kontrollerwerb des Antragstellers über die Zielgesellschaft erfolgt aufgrund seiner Übernahme des Amts als Testamentsvollstrecker. Hierin liegt zugleich auch der tragende Grund für seine Befreiung von den Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG. Dieses Amt ist zeitlich begrenzt. Mit der Beendigung des Amts als Testamentsvollstrecker endet deshalb auch die Grundlage für das die Interessen der außenstehenden Aktionäre überwiegende Befreiungsinteresse des Antragstellers. Die Befreiung endet deshalb ebenfalls mit der Beendigung der Tätigkeit des Antragstellers als Testamentsvollstrecker über den Nachlass von Herrn Heinz-Herrmann Thiele.

 

München, im Juni 2024

Robin Brühmüller



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1930109  20.06.2024 CET/CEST

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