New York (Reuters) - Hohe Inflation, zurückhaltende Verbraucher, Turbulenzen in der Bankenbranche: An den beiden US-Großbanken JPMorgan und Wells Fargo perlt all das derzeit weitgehend ab.

Sie haben dank höherer Zinseinnahmen infolge der gestiegenen Leitzinsen im zweiten Quartal ihre Gewinne deutlich gesteigert. Nicht mithalten konnte die dritte Großbank im Bunde, die Citigroup. Ihr machte das flaue Handelsgeschäft zu schaffen, das den Gewinn deutlich drückte.

Die US-Notenbank Fed will mit höheren Leitzinsen die steigende Inflation in den Griff bekommen. Sie hatte den Leitzins in mehreren Schritten auf eine Spanne von derzeit 5,0 bis 5,25 Prozent angehoben. Experten rechnen mit einer weiteren Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte auf der Sitzung Ende Juli. Wegen der höheren Leitzinsen erhöhen die Banken auch die Kosten für Kredite ihrer Kunden, was zuletzt die Gewinne getrieben hatte.

An der Wall Street stiegen die Aktien von JPMorgan und Wells Fargo im frühen Handel am Freitag um 1,7 und gut drei Prozent. Citigroup fielen um 0,4 Prozent.

Das größte US-Geldhaus JPMorgan steigerte den Überschuss auf 14,5 Milliarden Dollar nach 8,6 Milliarden im Vorjahresquartal. Dazu trug die First Republic Bank mit 2,7 Milliarden Dollar bei, die JPMorgan Ende Mai n einer vom Staat unterstützten Rettungsaktion übernommen hatte. Der Zinsüberschuss kletterte um 44 Prozent auf 21,9 Milliarden Dollar. Für das Gesamtjahr rechnet das Bankhaus mit einem Zinsüberschuss von rund 87 Milliarden Dollar.

"Fast alle unsere Sparten sind im Quartal gewachsen", sagte Bankchef Jamie Dimon. "Die US-Wirtschaft bleibt robust. Die Bilanzen der Verbraucher sind gesund und sie geben Geld aus, obschon ein wenig langsamer." Die Investmentbank, auf deren Entwicklung Analysten wegen der Flaute bei Zusammenschlüssen und Übernahmen zuletzt besonders aufmerksam geschaut hatten, steigerte die Erträge um elf Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Im Handelsbereich fielen sie dagegen um zehn Prozent, da der Handel sowohl mit Aktien als auch mit festverzinslichen Papieren schwächelte.

"Es war wirklich schwer, etwas Falsches bei den Ergebnissen von JPMorgan zu finden", sagte Octavio Marenzi von der Beratungsfirma Opimas. "Die Privatbank hat sich besonders gut entwickelt. Aber auch die Investmentbank, die zuletzt das Problemkind war, fängt an, Lebenszeichen zu zeigen."

WELLS FARGO PROFITIERT VON ZINSÜBERSCHUSS

Wells Fargo profitierte wie auch JPMorgan von den höheren Zinsen. Die viertgrößte US-Bank erhöhte zudem ihre Prognose für den Zinsüberschuss. Dieser war im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent auf 13,16 Milliarden Dollar gestiegen. Im Gesamtjahr werde er rund 14 Prozent höher ausfallen als 2022. Zuvor hatte die Bank hier ein Plus von zehn Prozent angepeilt. Der Überschuss der Bank aus San Francisco kletterte auf 4,94 Milliarden Dollar nach 3,14 Milliarden im Jahr zuvor.

"Die US-Wirtschaft entwickelt sich weiterhin besser als von vielen erwartet", sagte Wells-Fargo-Chef Charlie Scharf. Dennoch erhöhte die Bank ihre Rückstellungen für den Ausfall von Krediten auf 1,7 Milliarden Dollar von 580 Millionen Dollar im Jahr zuvor.

HANDELSGESCHÄFT IST BREMSKLOTZ FÜR CITIGROUP

Gewinne aus dem Privatkundengeschäft und der Vermögensverwaltung konnten die Schlappe im Handel bei der Citigroup nicht wettmachen. Der Überschuss fiel im zweiten Quartal um 36 Prozent auf 2,92 Milliarden Dollar. Die Erträge in der Handelssparte fielen um 13 Prozent auf 4,6 Milliarden Dollar. Ein Grund sei die relativ niedrige Volatilität der Märkte gewesen, teilte die drittgrößte US-Bank mit.

BANKEN LEGEN MEHR FÜR KREDITAUSFÄLLE ZUR SEITE

Wegen der hohen Inflation, die die Verbraucher belastet, sind die Banken aber vorsichtiger bei Krediten geworden. Wells Fargo erhöhte die Rückstellungen für den Ausfall von Krediten auf 1,7 Milliarden Dollar von 580 Millionen Dollar im Jahr zuvor. Besonders im Fokus stehen Gewerbeimmobilien. "Wir haben zwar bisher keine nennenswerten Verluste in unserem Büroportfolio zu verzeichnen, aber wir stellen uns auf die Schwäche ein, die wir im Laufe der Zeit auf diesem Markt erwarten", sagte Wells-Chef Scharf. JPMorgan legte für den möglichen Ausfall von Krediten mehr als das Doppelte der Vorjahressumme zurück: 2,9 Milliarden Dollar.

(Bericht von Niket Nishant, Noor Zainab Hussain, Mehnaz Yasmin, Manya Saini, Nupur Anand, geschrieben von Myria Mildenberger; redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)