Berlin (Reuters) - Die Reederei Hapag-Lloyd muss wegen der großen Umwege ums Rote Meer vorübergehend Rückschläge bei der CO2-Reduzierung ihrer Flotte hinnehmen, hält aber am Ziel der Klimaneutralität 2045 fest.

"Ich denke nicht, dass wir unsere Langfristziele deshalb ändern sollten", sagte Konzernchef Rolf Habben Jansen am Mittwoch bei einer Online-Pressekonferenz. Auch wenn schwer vorherzusagen sei, wann wieder Frachter sicher durch das Rote Meer und den Suezkanal geschickt werden könnten, handele es sich doch um eine vorübergehende Situation. "Die Realität ist allerdings, dass wir im aktuellen Betrieb temporär höhere Emissionen hinnehmen müssen als ursprünglich geplant", räumte Habben Jansen ein.

Deutschlands größte Container-Reederei meidet wie viele internationale Rivalen auch seit Mitte Dezember das Rote Meer, wo Handelsschiffe immer wieder von Huthi-Rebellen angegriffen werden. Doch nicht nur der Umweg um die Südspitze Afrikas bedeutet wegen der längeren Fahrt mehr CO2-Ausstoß. Auch um die zuletzt deutlich gestiegene Nachfrage der Kunden trotz der längeren Fahrzeiten zwischen Asien und Europa sowie Nordamerika bedienen zu können, werden mehr Frachter eingesetzt und die Schiffe fahren schneller. Habben Jansen betonte, trotzdem auch am kurzfristigeren Nachhaltigkeitsziel festzuhalten. Die weltweit fünftgrößte Reederei hat sich verpflichtet, ihre absoluten Treibhausgasemissionen bis 2030 um rund ein Drittel zu reduzieren und bis 2045 eine Netto-Null-Flotte zu erreichen.

Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) hat das Ziel ausgegeben, dass der Seeverkehr "um das Jahr 2050 herum" klimaneutral werden soll. Der Verkehr auf den Weltmeeren ist laut Umweltbundesamt für etwa 2,6 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Die Dekarbonisierung gilt auch in der Schifffahrt als eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft. Gegenwärtig dominiert allerdings die Krise im Roten Meer das Geschehen in der Branche, die für den Transport von rund 80 Prozent des weltweiten Handelsvolumens steht.

Hier wiederholt sich gerade in bisher kleinerem Stil jene Situation, die es während Corona gegeben hat: In einigen Häfen vor allem in China und anderen asiatischen Ländern stauen sich Schiffe, leere Container stranden und sind andernorts mitunter Mangelware. Die Nachfrage und die Buchungen sind deutlich gestiegen. Der Umweg über die Südspitze Afrikas bringt aber nicht nur Verzögerungen, höhere Kosten und größere CO2-Emissionen. Die Frachtraten steigen, die Reedereien können für ihre Dienste also höhere Gebühren nehmen.

"Wir haben vor allem seit dem 1. Mai eine solide Nachfrage, die auch wegen der Situation im Roten Meer auf eine begrenzte Verfügbarkeit trifft", sagte Habben Jansen. Deshalb hätten die Spotpreise im zweiten Quartal weiter angezogen. Angesichts der aktuellen Lage sei es gut, dass derzeit viele neue Schiffe in den Dienst gestellt würden. Durch die Umwege würden fünf bis neun Prozent der weltweiten Container-Frachter-Kapazitäten gebunden. Zuvor war befürchtet worden, dass es zu Überkapazitäten in der Branche kommen könnte. Habben Jansen hofft weiterhin auf ein Ende der Krise im Roten Meer noch vor Jahresende, gibt sich aber in dieser Hinsicht etwas weniger optimistisch als bisher.

(Bericht vonvon Elke Ahlswede und Vera Eckert, redigiert von Rald Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)