Tokio (Reuters) - Der japanische Autobauer Nissan und sein französischer Partner Renault sortieren ihre Kräfte neu und loten eine gemeinsame E-Auto-Strategie aus.

Nissan-Chef Makoto Uchida sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag, die Verhandlungen zielten darauf, die Elektromobilität zu optimieren und die Wettbewerbsfähigkeit in einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit zu erhöhen. "Die Diskussion, die wir führen, dreht sich darum, wie wir unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern können. Das ist die Hauptsache", betonte Uchida. Die beiden Autobauer sind durch eine Überkreuzbeteiligung miteinander verflochten, die in der Vergangenheit oft Anlass für Streit zwischen den Unternehmen war. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Unsicherheit bekommen die Gespräche über eine Neuordnung nun zusätzliches Gewicht.

Die Konzerne hatte vergangenen Monat erklärt, sie seien in Diskussionen über die Zukunft ihrer Allianz, die 1999 geschmiedet wurde. Nissan erwägt demnach, in die geplante Elektrofahrzeugeinheit von Renault zu investieren. Insidern zufolge soll bis zum 15. November eine Einigung zwischen den Japanern und den Franzosen erzielt werden.

Uchida wollte sich nicht dazu äußern, ob noch in diesem Monat eine Einigung zu stande kommen werde. Er sagte aber, er spreche jedes Wochenende mit Renault-Chef Luca de Meo und die Gespräche sollten auch in Zukunft fortgesetzt werden. "Wir wollen, dass es eine gleichberechtigte Partnerschaft wird", sagte der Nissan-Chef. Als Knackpunkt habe sich in den Verhandlungen die Nutzung von Technologie herausgestellt, berichteten mit den Gesprächen vertraute Personen. Uchida, der einen Großteil seiner Karriere bei Nissan mit der französisch-japanischen Allianz befasst war, betonte, dass die Gespräche auf gegenseitigem Vertrauen basierten.

Die Japaner fühlen sich seit Jahren von den Franzosen dominiert, die 43 Prozent an Nissan halten. Umgekehrt hält Nissan 15 Prozent an Renault, allerdings ohne Stimmrecht. Der Bund geht auf den langjährigen Konzernchef Carlos Ghosn zurück, der in beiden Unternehmen die Fäden in der Hand hielt, bevor er nach Untreuevorwürfen vor einigen Jahren geschasst wurde.

Laut Insidern haben beide Seiten über eine Verringerung des Renault-Anteils an Nissan gesprochen und unter welchen Bedingungen dies geschehen könne. Renault will sein Geschäft mit E-Autos abspalten. Nach Berichten japanischer Medien erwägt Nissan einen Einstieg in die Sparte und könnte 15 Prozent der Anteile übernehmen.

EIN BUND FÜR DIE TRANSFORMATION

Die Autobranche durchläuft eine tiefgreifende Transformation, bei der die Unternehmen viele Milliarden in die Entwicklung von Elektroautos, die Digitalisierung und die Sicherung von Rohstoffen stecken müssen. Uchida sagte, die Gespräche mit Renault zielten darauf, die Wettbewerbsfähigkeit in der Zeit zu erhalten, die er als den größten Wandel in einem Jahrhundert beschrieb. Experten sehen Unternehmen im Vorteil, die sich die gewaltigen Kosten mit Partnern teilen. Nissan spielt angesichts der erwarteten Rezession zudem mehrere Szenarien durch, um sich darauf einzustellen.

GESPRÄCHE AUCH MIT GEELY AUS CHINA

Parallel zu den Verhandlungen mit den Japanern hat Renault Insidern zufolge mit dem chinesische Autobauer Geely über einen Einstieg in sein Geschäft mit Verbrennern gesprochen. Diese Sparte umfasst Produktionsstätten von Renault in Spanien, Portugal, Türkei, Rumänien und Südamerika. Uchida sagte, er könne die Veränderungen bei Renault nachvollziehen und hoffe auf eine faire Behandlung von Nissan als Teil der neuen Partnerschaft. Transparenz sei dafür sehr wichtig. "Darüber diskutieren wir offen", sagte er. Geely erwähnte Uchida dabei namentlich nicht.

(Bericht von Kevin Krolicki und David Dolan, geschrieben von Anneli Palmen und Jan C. Schwartz, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)