MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die Münchner Staatsanwaltschaft gerät im Strafprozess gegen den Co-Chef der Deutschen Bank , Jürgen Fitschen, zunehmend unter Druck. Nach monatelanger Kritik von den Verteidigern mussten sich die Ankläger auch von dem Vorsitzenden Richter Peter Noll kritische Worte anhören. Bei der Verlesung eines Beweisantrags der Staatsanwaltschaft habe er sich beherrschen müssen, beschrieb der Richter seine Reaktion am Dienstag. "Ich habe innerlich mit der Stirn gerunzelt, aber meine Gesichtsmuskulatur unter Kontrolle."

Auch auf eine Äußerung der Staatsanwältin Christiane Serini reagierte er sichtlich gereizt. Sie hatte dem ehemaligen Bankchef Josef Ackermann vorgeworfen, im Zusammenhang mit der Kirch-Pleite "von vorne bis hinten" falsch vorgetragen zu haben. "Das sehe ich nach dieser Beweisaufnahme bisher nicht", entgegnete Noll. Auf der Anklagebank sorgte diese Bemerkung für erfreute Gesichter. Später stellte der Richter aber klar, dass er vor dem Urteil keine abschließende Würdigung der Beweise abgebe.

In dem Verfahren vor dem Münchner Landgericht müssen sich Fitschen, Ackermann, der ehemalige Bankchef Rolf Breuer sowie zwei weitere Banker wegen versuchten Prozessbetrugs verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen "Lügenmärchen" vor: Alle fünf haben nach Überzeugung der Ankläger versucht, die Wahrheit über die Pleite der Kirch-Gruppe zu verschleiern und in einem Prozess um Schadenersatzforderungen des Medienunternehmers Leo Kirch zum Schutz der Deutschen Bank falsch ausgesagt. Die Angeklagten hatten die Vorwürfe zurückgewiesen.

Zwischen den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft kommt es immer wieder zu scharfen Wortgefechten: Die Anwälte werfen insbesondere Staatsanwältin Serini vor, sich völlig verrannt zu haben und das Verfahren durch immer neue Beweisanträge unnötig in die Länge zu ziehen. Inzwischen dauert der Prozess fast neun Monate. Richter Noll muss beide Seiten regelmäßig zur Mäßigung aufrufen. Am Dienstag forderte er sie auf, die Argumente zumindest auf Deutsch auszutauschen: Denn ihre jüngste Auseinandersetzung stützten Verteidiger und Staatsanwälte auch auf lateinische Rechtsgrundsätze. "Bitte nicht auf Latein", ermahnte der Richter die Juristen./dwi/DP/she