Mit ISS schlägt sich der einflussreichste Stimmrechtsberater erneut auf die Seite einer kritischen Aktionärin, die Sonderprüfungen zu zwei besonders großen Rechtsstreitigkeiten des Geldhauses fordert: dem Skandal um manipulierte Zinsen und der Geldwäsche-Affäre in Russland. Das geht aus der Abstimmungs-Empfehlung vor, die Reuters am Mittwoch vorlag. Institutional Shareholder Services (ISS) begründet den Schritt damit, dass die internen Untersuchungen der Bank zu den beiden Fällen völlig intransparent seien. Mit einer unabhängigen Aufarbeitung der Altlasten verknüpft ISS die Hoffnung, dass alle Fragen beantwortet würden und endlich Ruhe einkehre. Ähnlich hatte sich bereits der kleinere Konkurrent Glass Lewis geäußert.

Die Empfehlungen der Stimmrechtsberater werden mit Spannung erwartet. Viele Fonds und Großanleger vor allem aus den USA und Großbritannien folgen ihrem Votum auf den Aktionärstreffen. Bei einer geringen Präsenz beeinflusst ISS sogar die Mehrheit der vertretenen Stimmen. Die Deutsche Bank wollte sich zur Kritik von ISS nicht äußern. Beide Parteien haben sich aber hinter verschlossenen Türen ausgetauscht, wie dem Dokument zu entnehmen ist. Eigentlich will Vorstandschef John Cryan den Blick nach vorne richten - und die Altlasten hinter sich lassen.

In einem wichtigen Punkt sind sich ISS und Glass Lewis uneins: ISS stellt sich trotz der Forderung nach Sonderprüfungen hinter die Deutsche-Bank-Spitze und empfiehlt eine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat: Keiner der Top-Manager oder der Kontrolleure habe sich nachweislich etwas zu Schulden kommen lassen. Auch die Wiederwahl von Aufsichtsratschef Paul Achleitner wird empfohlen.

ISS gab allerdings einen Warnschuss ab: Sollte sich die Transparenz bei der Aufklärung von Skandalen nicht verbessern, könne es in Zukunft auch ein negatives Votum geben. Zwar habe das Geldhaus die internen Kontrollen verstärkt und unsauberen Geschäften abgeschworen. Trotzdem blieben Zweifel, was die Fähigkeit der Bank angehe, Fälle intern aufzuklären - "vor allem, wenn es um die Rolle von einzelnen Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern geht".

Die Deutsche Bank will am 18. Mai jeweils geschlossen über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Jahr 2016 abstimmen lassen. Rechtliche Folgen hat die Entlastung nicht. Die Abstimmungsergebnisse gelten aber als Indikator dafür, wie viel Vertrauen die Aktionäre in die Konzernführung haben.

Heikler könnten die Sonderprüfungen zu den beiden großen Skandalen werden, die die kritische Aktionärin Marita Lampatz zum wiederholten Mal angestoßen hat. Die Deutsche Bank hat dafür kein Verständnis, wie Rechtsvorstand Karl von Rohr kürzlich in der "Süddeutschen Zeitung" klar machte: "Zu den entsprechenden Themen gab es bereits intensive Untersuchungen, sowohl im Auftrag des Vorstands als auch durch mehrere Aufsichtsbehörden." Im vergangenen Jahr war Lampatz trotz der Unterstützung von ISS mit ihrem Anliegen gescheitert, allerdings denkbar knapp. Sie will untersuchen lassen, ob die Deutsche Bank in der Affäre um Zinsmanipulationen eine höhere Strafe bezahlen musste, weil Vorstände und Aufsichtsräte mit den Aufsichtsbehörden nicht ordentlich zusammengearbeitet haben. Denn der Abschlussbericht insbesondere der britischen Behörden fiel vernichtend aus.