Von Stephen Wilmot

NEW YORK (Dow Jones)--Die Credit Suisse ist in einem desolaten Zustand. Aber die UBS wird gut dafür bezahlt, das Schweizer Geldhaus gesund zu pflegen. Die bizarren Quartalsergebnisse der gescheiterten Bank haben zuletzt das Risiko-Rendite-Verhältnis, das im Mittelpunkt der Schweizer Rettungsfusion steht, mit neuen Zahlen belegt. Auf den ersten Blick hat die Credit Suisse mit einem Vorsteuergewinn von rund 14,4 Milliarden US-Dollar ihr wahrscheinlich bestes Quartal aller Zeiten hinter sich gebracht. Lässt man jedoch Einmaleffekte außer Acht - so weitete sich der Vorsteuerverlust der Credit Suisse auf rund 1,5 Milliarden Dollar aus -, verglichen mit 1,1 Milliarden Dollar im Vorquartal, als die Krise der Geld-Abflüsse begann, die das Schiff schließlich zum Kentern brachte.

Der Hauptgrund für die Differenz ist die umstrittene Abschreibung der AT1-Kapitalanleihen der Credit Suisse in Höhe von 17 Milliarden Dollar. Die Bilanzierung dieser nachrangigen Anleihen als Kapital und nicht als Verbindlichkeiten der Bank löste eine entsprechende buchhalterische "Aufwertung" aus, die den Gewinn erhöhte. Das änderte auch die Bilanz massiv. Per Stichtag 31. März wies die Credit Suisse eine harte Kernkapitalquote - ein übliches Maß für die Kapitaladäquanz - von 20,3 Prozent aus, gegenüber 14,1 Prozent drei Monate zuvor, die Kapitalquote liegt damit weit über der Branchennorm. Die gleiche Dynamik war bei der Liquidität der Bank zu beobachten. Dank des von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gewährten Kredits kletterte der so genannte Liquiditätsdeckungsgrad im Berichtsquartal auf 178 Prozent, gegenüber 144 Prozent im vorangegangenen Zeitraum. Dieses Maß vergleicht die Höhe der für den Verkauf verfügbaren hochwertigen Aktiva der Banken mit den Vermögensströmen.


  Weiterhin strotzt Credit Suisse nur so vor roten Zahlen 

Das Unternehmen benötigte die zusätzliche Liquidität, da es weiterhin Vermögenswerte verliert. Die Abflüsse von Einlagen und Vermögenswerten beliefen sich im Quartal auf insgesamt 70 Milliarden Dollar, und am 24. April waren sie noch nicht beendet, so die Erklärung des Unternehmens. Das zusätzliche Kapital wurde benötigt, da diese Abflüsse dazu beitragen, dass die meisten Geschäftsfelder der Credit Suisse weiter in die roten Zahlen rutschen. Und das Flaggschiff der Credit Suisse, die Vermögensverwaltungseinheit, verlor im Berichtsquartal rund 129 Millionen Dollar, verglichen mit 119 Millionen Dollar in den drei Monaten zuvor und einem Gewinn in den vorigen Quartalen.

Für die Anleger der UBS-Aktie stellt sich die Frage, wie viel Kapital die Verluste der Credit Suisse in den kommenden Quartalen absorbieren. Es hängt davon ab, wie schnell das Unternehmen die Geld-Ströme stabilisiert. Außerdem muss der Finanzkonzern verhindern, dass wichtige Entscheidungsträger von Konkurrenten abgeworben werden. Zudem sind große Teile der Mammut-Investmentbank ohne allzu große Probleme abzuwickeln. Niemand kann wirklich wissen, welche Kosten dieser Prozess mit sich bringen wird. Die Sanierung von Banken nach der Krise von 2008 war äußerst komplex. Doch der historische Gewinn der Credit Suisse im ersten Quartal auf Kosten der Anleihegläubiger verschafft der UBS einen riesigen Puffer, mit dem sie arbeiten kann.

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April 24, 2023 10:03 ET (14:03 GMT)