AACHEN (awp international) - Das Aus für das Reifenwerk von Continental in Aachen wird um ein Jahr verschoben. Darauf haben sich Unternehmen und Arbeitnehmervertreter nach langwierigen Verhandlungen geeinigt, wie beide Seiten am Dienstag mitteilten. Statt bis Ende 2021 soll die Produktion jetzt bis Ende 2022 auslaufen. Die Zahl der Beschäftigten soll dabei schrittweise von zuletzt 1800 auf bis zu 1200 reduziert werden. Laut IG Bergbau Chemie Energie (IG BCE) werde auf betriebsbedingte Kündigungen "wo immer möglich verzichtet".

Im Jahr 2023 sollen noch bis zu 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Reifenwerk beschäftigt bleiben, um die endgültige Schliessung der Produktionsanlage vorzubereiten. Das Auslaufen der Produktion werde von einer umfassenden Qualifizierungsoffensive und einer Transfergesellschaft begleitet, teilte Continental mit. Ziel sei es, möglich vielen Beschäftigten zu einem neuen Arbeitsplatz zu verhelfen.

Der vereinbarte Sozialplan sehe zudem umfangreiche Abfindungen für Beschäftigte vor, hiess es von Seiten der Gewerkschaft. In Einzelfällen werde bis zu 200 000 Euro gezahlt. Es sei gelungen, die Folgen der Werksschliessung für die Beschäftigten "erträglich zu halten", sagte Francesco Grioli vom Hauptvorstand der IG BCE. Mit der Verschiebung der Werkschliessung habe man zudem mehr Zeit gewonnen, um Konzepte für eine weitere industrielle Nutzung des Werksgeländes zu entwickeln.

Continental hatte die Schliessung des Aachener Werks überraschend im September vergangenen Jahres angekündigt. Der Schritt löste heftige Proteste aus. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte bei einer Protestkundgebung gesagt, das Vorgehen von Continental sei "kalter Kapitalismus". Jetzt zeigte er sich zufrieden. "Ministerpräsident Armin Laschet begrüsst ausdrücklich die Vereinbarung zum Conti-Standort Aachen", teilte ein Regierungssprecher mit. Die Vereinbarungen mit der Arbeitnehmerseite stünden "exemplarisch für die in Nordrhein-Westfalen zentrale Sozialpartnerschaft".

"Die Einstellung der Reifenproduktion in Aachen ist schmerzvoll", sagte Continental-Personalvorstand Ariane Reinhart. Aufgrund der grossen Überkapazitäten im europäischen Reifenmarkt sei sie aber unumgänglich, betonte Continental. Das Aachener Reifenwerk sei der kleinste und kostenintensivste Standort im gesamten europäischen Produktionsnetz des Unternehmens. Die Gewerkschaft sieht in der Schliessung dagegen einen ökonomischen und sozialen "Fehltritt"./hff/DP/eas