Frankfurt (Reuters) - Die Privatbanken könnten sich eine neue Bundesregierung mit Beteiligung der Grünen vorstellen.

"Die Gespräche mit den Grünen vor vier und vor acht Jahren waren viel kritischer als heute", sagte Andreas Krautscheid, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), am Mittwoch. "Da herrscht jetzt eine andere Stimmung. Es geht um andere Themen." So hätten die Grünen vielleicht als erste Partei verstanden, dass man den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft nur mit der Hilfe von Banken zustande bekomme. Laut Umfragen von Forsa liegen die Grünen mit ihrer Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock derzeit vor der CDU/CSU, die SPD abgeschlagen dahinter.

Doch egal wer im September die Bundestagswahl gewinne und die neue Regierung stelle, jede Partei zeige Mut zu Veränderung, sagte Krautscheid. Der Verband bereite sich "komplett neutral" auf die künftige Regierung vor. Man sei auch nicht mit allen Vorhaben der Grünen einverstanden. "Je tiefer man ins grüne Wahlprogramm reingeht, desto dunkelgrüner wird es."

Die neue Finanzstrategie der derzeitigen Bundesregierung, Geldströme und Kapitalanlagen nach Klima- und Umweltaspekten auszurichten, hält der BdB für den richtigen Weg.[L8N2MS5TP] Die Institute bräuchten aber Planungssicherheit. Sie müssten die Unternehmen, die sie finanzieren, nach einheitlichen Regeln bewerten können, sagte Hauptgeschäftsführer Christian Ossig. Zudem sollte darüber nachgedacht werden, ob Banken bei Krediten für ökologische Projekte weniger Eigenkapital vorhalten könnten als sonst bei Darlehen üblich.

MITSPRACHE BEI NACHHALTIGKEITSPOLITIK

Für fast jeden zweiten Deutschen (44 Prozent) ist die soziale und ökologische Nachhaltigkeit bei der Geldanlage ein wichtiger Aspekt, wie eine Studie der Postbank zeigte. "Immer mehr Menschen wollen nicht von Unternehmen profitieren, die ihre Gewinne auf Kosten von Mensch und Umwelt erwirtschaften", sagte Postbank-Experte Karsten Rusch. Immer mehr Fonds und ETFs greifen das Thema inzwischen auf, Banken haben sich selbst Öko-Ziele auferlegt. Die britische Bank Barclays will ihren Anlegern künftig Mitspracherechte bei der Nachhaltigkeitspolitik einräumen.

In einem am Mittwoch veröffentlichten Positionspapier zur Bundestagwahl machte sich der Bankenverband für eine umsichtige Finanzregulierung der neuen Bundesregierung stark. Unnötige bürokratische Belastungen und die gesetzliche Beschneidung von Ertragschancen sollten der Vergangenheit angehören. Banken müssten profitabel sein, um im Wettbewerb nicht zurückzufallen. Zudem sei eine Vollendung der Kapitalmarktunion, eine Stärkung des Finanzstandorts Deutschland sowie Fortschritte bei der privaten Altersvorsorge notwendig.