ESSEN (dpa-AFX) - Der Druck auf den Chemikalienhändler Brenntag nimmt zu: Der Stimmrechtsberater ISS gesellt sich auf die Seite des aktivistischen Investors Primestone Capital und unterstützt dessen Kandidaten für den Aufsichtsrat des Unternehmens, wie aus einem Bericht hervorgeht. ISS forderte darin die Aktionäre auf, im Gegenzug die von Brenntag vorgeschlagene Wahl von Richard Ridinger zum Aufsichtsratschef und Suja Chandrasekaran als Mitglied des Kontrollgremiums abzulehnen. Über das Aufsichtsgremium soll auf der anstehenden Hauptversammlung Mitte Juni entschieden werden.

Brenntag erklärte in einer am Abend veröffentlichten Stellungnahme, das Unternehmen widerspreche dieser Beurteilung entschieden. Der Chemikalienhändler empfahl seinen Aktionären, für die vorgeschlagenen Kandidaten zu stimmen. Beide Kandidaten seien absolut unabhängig. Diese Eigenschaft sprach Brenntag in der Stellungnahme dem von Primestone Capital vorgeschlagenen Geoff Wild ab. Zudem fürchtet das Unternehmen um die Unabhängigkeit des Gremiums insgesamt, sollte der Finanzinvestor seine beiden Kandidaten durchbringen, da dieser dann über eine Repräsentanz von 33 Prozent im Aufsichtsrat verfügen würde, selbst aber nur rund zwei Prozent der Anteile halte.

Primestone Capital hatte sich bereits Mitte Mai gegen die Bestellung von Ridinger und Chandrasekaran ausgesprochen und mit Wild und Joanna Dziubak zwei Gegenkandidaten für den Aufsichtsrat aufgestellt. Der Manager hatte früher die deutsche Spezialchemie- und Ausrüstungsfirma Atotec geleitet, Dziubak ist eine ehemalige Mitarbeiterin der US-Investmentbank Goldman Sachs, die auch schon bei der dänischen Firma Chr Hansen im Aufsichtsgremium gesessen hatte.

Der Zoff mit Primestone Capital währt nunmehr ein halbes Jahr. Bereits im Dezember hatte der Investor erstmals dazwischengefunkt und sich gegen die Übernahmegespräche von Brenntag für den US-Rivalen Univar Solutions gestellt. Stattdessen verlangte der aktivistische Investor damals eine Aufspaltung des Dax-Unternehmens. Die Übernahme von Univar blies Brenntag nach der öffentlichen Kritik bereits zu Jahresbeginn ab.

Unterdessen verzichtete PrimeStone Mitte Mai darauf, eine Abstimmung der Aktionäre über eine Aufspaltung des Konzerns zu erzwingen./tav/knd/mis/nas/men