FRANKFURT (dpa-AFX) - Aus Furcht vor finanziellen Lasten durch Glyphosat-Prozesse in den USA ziehen einige Bayer-Investoren am Montag offenbar die Reißleine. Die Papiere des Agrarchemie- und Pharmakonzerns brachen zum Handelsstart um rund 10 Prozent auf 83,86 Euro ein. Das war der tiefste Stand seit Mai 2016. Unter 83,45 Euro lauert dann ein Tief seit September 2013.

Grund für die Angst der Anleger ist ein Urteil in den USA gegen den frisch von Bayer übernommenen US-Saatgutkonzern Monsanto wegen angeblich verschleierter Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat. Monsanto soll einem Krebspatienten Schadenersatz in Höhe von 289 Millionen US-Dollar (254 Mio Euro) zahlen. Monsanto wird dagegen in Berufung gehen. Das Unternehmen ist mit tausenden ähnlichen US-Klagen konfrontiert. Es weist einen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen und dem Kontakt zu seinen Produkten zurück.

Grundsätzlich ist es in den USA zwar nicht ungewöhnlich, dass die Strafzahlungen bei solchen Verfahren später erheblich verringert oder die Urteile in der nächsten Instanz wieder einkassiert werden. Analyst Michael Leacock vom Investmenthaus Mainfirst strich aber sein Kursziel für die Bayer-Papiere in einer ersten Reaktion von 135 auf 90 Euro zusammen und stufte sie von "Outperform" auf "Neutral" ab. Unabhängig vom Richtig oder Falsch des Urteils dürfte es wegen der Unsicherheiten lange auf den Aktien lasten, erklärte der Experte. Mit diesem ersten Prozess sei mit Blick auf die rechtlichen Herausforderungen für Roundup nichts in Stein gemeißelt, er gebe aber den Ton vor.

Den Bayer-Aktien, die sich zuletzt etwas gefangen und auch die Kapitalerhöhung zur Finanzierung des Monsanto-Kaufs gut weggesteckt hatten, droht nun eine Fortsetzung ihres Abwärtstrends. So hatte Bayer erstmals im Mai 2016 von der Absicht informiert, Monsanto zu übernehmen. Der monatelange Abwärtstrend der Aktien hatte sich daraufhin noch etwas fortgesetzt mit Kursen von zeitweise unter 85 Euro. Anschließend erlebten die Anteile einen wechselhaften Verlauf. Seit einem Zwischenhoch bei fast 124 Euro im Juni 2017 ging es wieder nach unten.

Aktuell ging es bei dem US-Urteil zwar nur um einen Einzelfall, doch weil es die erste Entscheidung überhaupt war, stand das Verfahren stark im Fokus der Öffentlichkeit. Die harte Strafe könnte deshalb besonders große Imageschäden anrichten. So laufen alleine in den USA tausende weitere ähnliche Klagen gegen Monsanto, für die diese Entscheidung wegweisend sein könnte.

Analyst Stephen McGarry von der britischen Bank HSBC warnte Bayer-Aktionäre aber davor, in Panik auszubrechen. So gehe der Konzern gegen das Urteil vor. Allerdings könnte der Monsanto-Kauf im Lichte des Urteils mittlerweile weder gut getimed noch sonderlich klug aussehen. Bayer werde sich nun rechtfertigen müssen, wie genau es die Rechtsrisiken analysiert habe.

Bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal Anfang September sollte nun besonders genau darauf geachtet werden, wie viel Geld Bayer für Risiken im Zusammenhang mit Glyphosat zurückgestellt habe. McGarry stuft die Aktien weiter mit "Hold" mit einem Kursziel von 104 Euro ein./mis/ag/fba