LONDON (dpa-AFX) - Die Hoffnung auf einen neuen Kassenschlager hat am Donnerstag bei AstraZeneca einen heftigen Rückschlag bekommen. Nachdem der britische Pharmakonzern bei einer wichtigen Lungenkrebsstudie ein primäres Ziel verfehlte, reagierten die Anleger geschockt auf die Nachricht: Die Papiere brachen in London um 16 Prozent ein. Unterhalb von 4300 Pence erreichten sie den tiefsten Stand seit einem halben Jahr. Sämtliche Kursgewinne im bisherigen Jahresverlauf wurden mit einem Schlag zunichte gemacht.

AstraZeneca war es in der Studie mit dem Namen "Mystic" nicht gelungen, den Beweis zu erbringen, dass eine Kombination aus den Medikamenten Imfinzi und Tremelimumab das Wachstum von Lungenkrebstumoren besser hemmt als eine klassische Chemotherapie. Das Medikament galt bei den Briten bisher aber als größter Hoffnungsträger. Laut Marktbeobachter David Madden von CMC Markets war dies der Auslöser, damit Anleger ihre Aktien regelrecht "verschleudern".

STRATEGIE IM MITTELPUNKT

Laut UBS-Analyst Jack Scannell wirft der Misserfolg nun Fragen zur weiteren Strategie des Managements auf - auch wenn AstraZeneca im Bereich der Onkologie etwas mehr in der Pipeline habe, wie er mit Blick auf andere Nachrichten des Tages betonte - darunter positive Ergebnisse zum Medikament Tagrisso im Rahmen der "Flaura"-Studie sowie eine Zusammenarbeit mit dem US-Konkurrenten Merck & Co bei der Weiterentwicklung des Medikaments Lynparza.

Roger Franklin von Liberum Research sprach angesichts des Rückschlags von einem Worst-Case-Szenario, das die Aktien über einen längeren Zeitraum belasten werde. Er macht den Anlegern dabei auch nur wenig Resthoffnung. Spannend werde es zwar nochmals im ersten Halbjahr 2018, wenn finale Daten zur Überlebensrate vorliegen dürften. Wenn auch eher unwahrscheinlich, so bestehe doch eine kleine Chance, dass diese abweichen werden.

EXPERTE SIEHT IN RÜCKSCHLÄGEN EINE KAUFGELEGENHEIT

Die Hoffnung nicht ganz aufgeben will aber Alistair Campbell von der Privatbank Berenberg. "Auch wenn die heutige Nachricht zweifellos sehr enttäuschend ist, glauben wir immer noch, dass Imfinzi ein Blockbuster-Medikament für AstraZeneca sein wird", sagte der Experte. Es werde zwar einige Zeit brauchen, bis sich der aufgewirbelte Staub legt. In großen Rücksetzern sieht er dann aber eine gute Kaufgelegenheit.

Bis zum Vortag hatten die AstraZeneca-Papiere im bisherigen Jahresverlauf noch mit mehr als 15 Prozent im Plus gelegen und so im britischen Leitindex FTSE 100 zum Mittelfeld gehört - auch wegen des Optimismus, mit dem einige Analysten zuletzt auf die Mystic-Studie und das Lungenkrebsmittel Imfinzi blickten./tih/tav/stb