Peking (Reuters) - Schlechte Nachrichten für die deutsche Wirtschaft: Bei ihrem wichtigsten Handelspartner China mehren sich die Hinweise auf eine starke Verlangsamung der Konjunktur.

Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor brach im August angesichts strenger Auflagen im Kampf gegen die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus um 5,8 auf 47,5 Punkte ein, wie das Statistikamt am Dienstag zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte. Damit liegt das Barometer erstmals seit dem Höhepunkt des ersten Corona-Ausbruchs im Februar 2020 wieder unter der Marke von 50, ab der es Wachstum signalisiert. Auch die Industrie verliert an Schwung: Hier fiel der Einkaufsmanagerindex um 0,3 auf 50,1 Punkte und hielt sich damit gerade so über der Wachstumsschwelle.

"Die Epidemie in mehreren Provinzen und Orten war ein ziemlich großer Schock für den Dienstleistungssektor", sagte Zhao Qinghe vom Statistikamt. Allerdings meldete die Volksrepublik zuletzt drei Tage in Folge keine neuen Corona-Fälle. "Aber auch in der Industrie ging es weiter bergab, da sich die Engpässe in der Lieferkette verschärften und die Nachfrage nachließ", sagte Volkswirt Julian Evans-Pritchard von Capital Economics.

Die Behörden gehen scharf gegen Corona-Infektionen vor. So musste ein wichtiges Terminal im zweitgrößten chinesischen Handelshafen Ningbo infolge der Corona-Infektion eines Mitarbeiters rund zwei Wochen schließen. "Offensichtlich macht die Delta-Variante die Wachstumsprognose für China unsicherer", sagte Commerzbank-Ökonom Hao Zhou. Da die Virusbeschränkungen seit Ende August aber weitgehend aufgehoben seien, dürfte sich die Wirtschaft ab September wieder etwas erholen. "Wenn es also nicht zu einem weiteren großen Virusausbruch kommt, dürfte die Wirtschaft im dritten Quartal nur einen vorübergehenden Rückschlag erlitten haben und sich im vierten Quartal wieder erholen", sagte der Experte. Er geht davon aus, dass die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in diesem Jahr um 8,4 Prozent wachsen kann.

Auch im bislang so erfolgreichen China-Geschäft tun sich für die deutsche Wirtschaft angesichts der Corona-Verwerfungen erste Risse auf: Die Ausfuhren dorthin sanken im Juli um 3,9 Prozent zum Vorjahresmonat auf 8,4 Milliarden Euro. Das war der erste Rückgang seit August 2020. Im ersten Halbjahr 2021 waren die deutschen Ausfuhren nach China noch um 19 Prozent auf knapp 53 Milliarden Euro gewachsen.

Die Konjunkturabkühlung geht zu einem Teil auch auf die Bemühungen der Regierung in Peking zurück. Sie will die Verschuldung und Exzesse im Immobiliensektor eindämmen. Dadurch könnte sich das Kreditwachstum in den kommenden Quartalen weiter abschwächen. "Allenfalls einige geringfügige Lockerungen, wie die Senkung der Leitzinsen und des Mindestreservesatzes, sind vorstellbar, um sich gegen den wirtschaftlichen Gegenwind abzusichern", sagte Commerzbank-Experte Hao Zhou.