London (Reuters) - Der britische Notenbankchef Andrew Bailey warnt sein Land davor, die EU-Regeln für die Finanzbranche blind zu übernehmen, um den heimischen Firmen einen besseren Zugang zum EU-Markt zu sichern.

Der Preis dafür wäre möglicherweise zu hoch, sagte Bailey am Mittwoch im Finanzausschuss des britischen Parlaments. "Ich empfehle stark, dass wir nicht zu einem Regel-Übernehmer werden", sagte er. Die Haltung der EU zum Handel mit Großbritannien scheine beim Thema Finanzdienstleistungen eher darauf ausgerichtet zu sein, weniger wettbewerbsstarke Finanzgeschäfte in der Euro-Zone anzuschieben statt die besten Finanzdienstleistungen in der EU anzustreben, kritisierte der Chef der Bank von England.

In Großbritannien ansässige Finanzfirmen wie Banken, Fonds und Versicherungen haben zum Jahresstart den automatischen Zugang zum EU-Binnenmarkt verloren. Das im Dezember vereinbarte Handelsabkommen sieht vor, dass die künftigen Beziehungen in diesem Bereich in sogenannten Äquivalenzabkommen ausgehandelt werden müssen. Dabei wird Finanzfirmen mit Sitz in Großbritannien nur dann Zugang zu den EU-Märkten gewährt, wenn die heimischen Regeln von Brüssel als "gleichwertig" oder als ebenso robust wie die Vorschriften in der EU eingestuft werden.

Bailey sagte, es sein unrealistisch anzunehmen, dass die britischen Regeln in Stein gemeißelt bleiben oder sich stets im Gleichklang mit EU-Vorschriften ändern werden. Beide Seiten wollen bis März eine Grundsatzvereinbarung über die regulatorische Zusammenarbeit im Finanzbereich abschließen. Zwischen 5000 und 7000 Arbeitsplätze in dem Sektor sind Bailey zufolge bereits aus Großbritannien in Richtung EU abgewandert. Das sei weniger als mancherorts vorausgesagt. Allerdings sei der Prozess noch nicht beendet.