LONDON/BERLIN (dpa-AFX) - Deutsche Reeder sind im vergangenen Jahr von der Piratenplage auf den Weltmeeren weitgehend verschont worden. Ein Angriff auf einen deutschen Tanker im Oktober rund 300 Kilometer vor Somalia, der durch Schüsse von privaten Sicherheitskräften erfolgreich abgewehrt wurde, blieb die einzige Attacke. Dennoch gibt es keine Entwarnung. "Die Piraterie am Horn von Afrika ist ein Schwelbrand", sagte Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbands Deutscher Reeder (VDR), am Dienstag in Hamburg. "Ohne den Einsatz der Marine und die Schutzmaßnahmen der Reeder würden die Piraten sofort wieder zuschlagen."

Piraten haben im vergangenen Jahr bei 15 Überfällen 62 Seeleute von ihren Schiffen entführt. Das seien rund drei Mal so viele Überfälle und entführte Personen wie im Jahr zuvor, teilte das Internationale Schifffahrtsbüro (IMB) der Internationalen Handelskammer (ICC) am Dienstag in Berlin und anderen Städten mit. Die Zahl der Entführungen habe damit den höchsten Stand seit zehn Jahren erreicht. Jeweils rund die Hälfte der Entführungen entfiel auf die Gefahrengebiete Westafrika und Malaysia/Indonesien. "Die gestiegene Zahl entführter Seeleute sehen wir mit großer Sorge. Seeleute als Geiseln zu nehmen, ist ein brutales Verbrechen und hinterlässt neben unmittelbaren Verletzungen tiefe seelische Wunden bei den Opfern", sagte Nagel.

Insgesamt enterten Piraten 150 Schiffe, zwölf Schiffe wurden beschossen, sieben entführt und 22 Angriffe abgewehrt. Die Gesamtzahl von 191 Piratenangriffen lag damit unter den Vorjahren, als jeweils ungefähr 250 bis 300 Attacken registriert wurden. Gefahrenherde sind vor allem der Golf von Guinea vor der Westküste Afrikas mit 36 Vorfällen und Indonesien mit 49 Überfällen. Aber es kommen immer wieder neue Piratennester dazu, in diesem Jahr die peruanische Hafenstadt Callao mit zehn Überfällen und die Sulu-See zwischen den Philippinen und Indonesien./egi/DP/she