(Im ersten Satz des siebten Absatzes wurde ein Buchstabenfehler berichtigt: "durchblicken")

BERLIN (dpa-AFX) - Trotz des Gegenwinds aus Sachsen-Anhalt hofft die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab auf die Zustimmung aller Länderparlamente für einen höheren Rundfunkbeitrag. "Jetzt sind wir in einer breiten Debatte, die ich sehr gut verstehen kann. Ich hoffe dennoch, dass wir mit allen 16 Ländern gemeinsam durchs Ziel laufen", sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Sie ergänzte: Im Falle, dass ein Bundesland nicht zustimmt, müssten die Länder mit Klagen der öffentlich-rechtlichen Anstalten rechnen.

Medienpolitik ist Aufgabe der Länder, Rheinland-Pfalz koordiniert die Rundfunkangelegenheiten. Der Rundfunkbeitrag, den Haushalte in Deutschland zahlen, soll zum 1. Januar 2021 von monatlich 17,50 Euro auf 18,36 Euro steigen. Damit würde dieser erstmals seit 2009 wieder nach oben gehen. Die Länderchefs hatten sich im Sommer auf die Erhöhung bereits geeinigt. Die Politiker fußten ihre Entscheidung auf eine Empfehlung der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten - kurz KEF.

Der Rundfunkbeitrag ist die Haupteinnahmequelle für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit ARD, ZDF und Deutschlandradio. Derzeit wird in den Länderparlamenten nach und nach abgestimmt. Alle Parlamente müssen zustimmen, damit die Änderung im entsprechenden Staatsvertrag in Kraft treten kann. Raab sagte: "Für den Fall, dass ein Land nicht zustimmt - die Beitragsempfehlung der KEF also nicht umgesetzt wird -, müssen wir damit rechnen, dass die Anstalten klagen."

In Sachsen-Anhalt gibt es schon länger Kritik vonseiten der CDU-Fraktion, die Teil der schwarz-rot-grünen Koalition ist, an einer Beitragserhöhung. Ebenso gibt es dort Widerstand aus der Opposition. Deshalb ist unklar, wie das noch ausstehende Ergebnis im Landtag aussehen wird.

Würden die öffentlich-rechtlichen Sender im Falle, dass ein Land nicht zustimmt, vor das Bundesverfassungsgericht ziehen? Bei einer dpa-Umfrage wollten sich weder das Deutschlandradio noch das ZDF konkret dazu äußern. Die neun ARD-Rundfunkanstalten antworteten gemeinsam: "Die einzelnen Anstalten der ARD haben hohen Respekt vor der laufenden und verantwortungsbewussten Entscheidungsfindung in den Landtagen zur aktuellen KEF-Empfehlung für eine bedarfsgerechte Finanzierung. Wir hoffen, zu den Debatten in den Landesparlamenten und Medienausschüssen überzeugende Argumente beitragen zu können."

Es gehe um eine bedarfsgerechte, angemessene Finanzierung, die es ermögliche, "weiterhin unseren Programmauftrag zu erfüllen. Wir haben

- so von der KEF und den Ministerpräsidenten attestiert - in den

letzten Jahren bereits einschneidende Sparanstrengungen unternommen und damit die Grundlage für diese moderate Beitragsanpassung geschaffen." Und weiter: "Wir sind uns insofern auch für die Zukunft unserer diesbezüglichen Verantwortung bewusst."

Im September hatte die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, im Radioeins-Medienmagazin durchblicken lassen, dass man nach Karlsruhe ziehen würde. Im Oktober antwortete der Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR), Ulrich Wilhelm, in einem dpa-Interview auf die Frage, ob der BR klagen würde: "Selbstverständlich ist das eine Option. Der Schutz der Rundfunkfreiheit ist ein Verfassungsgut. Die Rechtslage zur Umsetzung der KEF-Empfehlung ist klar. Meine Hoffnung ist, dass es zu einer Verabschiedung des Staatsvertrags in allen 16 Landesparlamenten kommt."

Medienstaatssekretärin Raab sagte, das Bundesverfassungsgericht habe sich bereits 2007 sehr klar positioniert. Damals hatte es entschieden, dass die Bundesländer zwar eine unangemessene Belastung der Beitragszahler verhindern dürfen, ihnen eine politische Einflussnahme aber strikt untersagt bleibt. Die Richter hatten damals einer Klage von ARD, ZDF und Deutschlandradio stattgegeben. Die Sender hatten geklagt, weil die Länder 2005 einen Vorschlag der KEF gekürzt hatten.

Für eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags gibt es nach Ansicht Raabs gute Gründe: "Wir haben seit elf Jahren keine Erhöhung gehabt. Die Rundfunkanstalten sind Tarifpartner, sie müssen auch Tarifsteigerungen in den Blick nehmen. Und ich will auch einen Blick auf die Corona-Pandemie werfen: Wenn es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch nicht gäbe, müsste man ihn spätestens jetzt erfinden." Die Menschen hätten ein unglaublich hohes Informationsbedürfnis und nutzten dabei gerade auch die Angebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio./rin/DP/jha