--GDV: Versicherer erwarten 2021 über 2 Prozent Einnahmeplus

--Weiler: Bedingung sind Lockerungen und Fortschritte bei Impfkampagne

--GDV-Präsident fordert "Entrümpelung" privater Altersvorsorge

(NEU: weitere Aussagen)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die deutschen Versicherer erwarten nach einem leichten Beitragszuwachs im von der Corona-Krise geprägten Geschäftsjahr 2020 für das laufende Jahr wieder ein deutliches Einnahmeplus von über 2 Prozent. Das erklärte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Dafür müsse es aber nach dem zu erwartenden schwachen Jahresbeginn im Laufe des Frühjahrs zu Lockerungen bei den Einschränkungen und großen Fortschritten bei der Impfkampagne kommen, sagte GDV-Präsident Wolfgang Weiler bei der Jahresmedienkonferenz des Verbandes. Dann werde sich auch die konjunkturelle Erholung fortsetzen. "Unter diesen Voraussetzungen blickt die Versicherungswirtschaft mit vorsichtigem Optimismus nach vorn", erklärte Weiler.

Im Einzelnen rechnet der Verband den Angaben zufolge in der Lebensversicherung für 2021 mit einem Beitragsanstieg um 2 Prozent. Als einen Grund nannte Weiler mögliche Nachholeffekte, wovon ein Teil in die private Altersvorsorge fließen könnte. In der Schaden- und Unfallversicherung zeichne sich dagegen für dieses Jahr ein schwächeres Beitragswachstum von etwa 1,5 Prozent ab. "Nach Corona-Turbulenzen sind wir mit dem Wachstum sehr zufrieden", betonte der GDV-Präsident aber.

Weiler mahnte bei der Online-Medienkonferenz eine "Entrümpelung" der geförderten privaten Altersvorsorge an. "Packen wir die geförderte Altersvorsorge endlich so an wie die digitale Renteninformation", forderte er. Die Corona-Krise ziehe alle Aufmerksamkeit auf sich. "Bleibt die Reform der privaten Altersvorsorge in dieser Legislaturperiode deshalb auf der Strecke, droht ein nachhaltiger Kollateralschaden." Nötig sei ein digital zu bearbeitendes Standardprodukt.


   Pläne für Solvency 2 überzeugen nicht 

Ausdrücklich verteidigte Weiler das Vorgehen der Unternehmen bei der Betriebsschließungsversicherung im Zuge der Corona-Krise. Dieses Produkt sei nie für eine globale Pandemie oder einen staatlich angeordneten Lockdown konzipiert gewesen. Der Verbandspräsident bekräftigte Vorschläge der Branche für einen Pandemiefonds aus Staat und Privatwirtschaft. Kritik übte der GDV-Chef an den Plänen für eine Überarbeitung des Aufsichtssystems Solvency 2. Diese "überzeugen insgesamt nicht", sagte Weiler.

Das vergangene Geschäftsjahr schlossen die Versicherungsunternehmen laut dem Verband über alle drei Sparten hinweg mit einem Beitragszuwachs von 1,2 Prozent auf 220,1 Milliarden Euro ab. "Wenn wir uns das in vielerlei Hinsicht turbulente und wirtschaftlich schwierige Jahr 2020 anschauen und das starke Vorjahr berücksichtigen, dann sind wir mit dem Beitragsverlauf sehr zufrieden", erklärte Weiler. Im Jahr 2019 seien die Beitragseinnahmen mit einem Plus von 7,1 Prozent außergewöhnlich stark gestiegen.

Im Geschäft der Lebensversicherer habe die Corona-Krise deutliche Spuren hinterlassen, etwa durch verschobene Beratungstermine. Die Zahl neu abgeschlossener Verträge sei 2020 entsprechend um gut 12 Prozent gesunken. Auch die Beiträge entwickelten sich demnach rückläufig, nachdem im Jahr zuvor noch ein Einnahmeplus von über 11 Prozent verbucht worden war. 2020 verzeichneten Lebensversicherer, Pensionskassen und Pensionsfonds ein Minus von 0,4 Prozent auf knapp 103 Milliarden Euro. Die laufenden Beiträge gingen dabei um 1,0 Prozent auf 64,5 Milliarden Euro zurück, während die Einmalbeiträge um 0,4 Prozent auf 38,3 Milliarden Euro zulegten. Weiler sah in den Zahlen einen "klaren Vertrauensbeweis unserer Kunden in die Zukunftsfähigkeit der Lebensversicherung".


   Beitragssenkungen bei Kfz-Versicherern 

In der Schaden- und Unfallversicherung stiegen die Beitragseinnahmen nach GDV-Hochrechnungen um 2,1 Prozent auf 74,8 Milliarden Euro. Ein Grund für das im Vorjahresvergleich abgeschwächte Wachstum nach einem Plus von 3,5 Prozent 2019 liege darin, dass zahlreiche Kfz-Versicherer ihren Kunden Beitragssenkungen wegen geringerer Kilometerleistungen ermöglicht hätten. Die Sachversicherung habe sich dagegen insgesamt stabil gezeigt, da das Geschäft in wesentlichen Sparten wie der Hausrat- oder Gebäudeversicherung nicht pandemieabhängig sei.

Die Leistungen im gesamten Schaden- und Unfallbereich gingen 2020 um 2,5 Prozent auf voraussichtlich 52,0 Milliarden Euro zurück. Durch die bislang zwei Lockdowns seien zwar hohe Aufwände für ausgefallene Veranstaltungen und Betriebsschließungen entstanden, zugleich seien aber auch weniger Unfälle im Straßenverkehr oder bei Freizeitaktivitäten sowie weniger Einbrüche, Warentransporte und aufgrund der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht auch weniger Firmenpleiten verzeichnet worden. Zudem liege das vergangene Jahr mit Schäden durch Naturgefahren von voraussichtlich 2,5 Milliarden Euro deutlich unter dem langjährigen Mittel von 3,7 Milliarden Euro.

Die Beitragseinnahmen der privaten Krankenversicherungsunternehmen erhöhten sich 2020 um 3,8 Prozent auf 42,6 Milliarden Euro. Davon entfielen 38,4 Milliarden Euro auf die Krankenversicherung (plus 1,5 Prozent). In der Pflegeversicherung lagen die Einnahmen bei 4,2 Milliarden Euro (plus 31,2 Prozent). Im Wesentlichen sei dies durch Mehrleistungen im Zuge der gesetzlichen Pflegereformen verursacht worden. Die ausgezahlten Versicherungsleistungen der PKV nahmen den Angaben zufolge um 0,2 Prozent auf 30,1 Milliarden Euro zu. Auf die Krankenversicherung entfielen davon 28,4 Milliarden Euro.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/sha

(END) Dow Jones Newswires

January 20, 2021 05:48 ET (10:48 GMT)