Nachrichten und Einschätzungen zu dem russischen Angriff und dem Krieg in der Ukraine sowie den Auswirkungen:


Erdogan betont in Gespräch mit Biden Vermittlerrolle der Türkei im Ukraine-Krieg 

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat in einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden die Vermittlerrolle seines Landes im Ukraine-Konflikt hervorgehoben. Die Türkei wolle mit beiden Kriegsparteien sprechen und einen Ausweg suchen, erklärte das Präsidialamt in Ankara nach dem Telefonat. Unter türkischer Vermittlung hatten sich am Donnerstag die Außenminister der Ukraine und Russlands in Antalya zu einem ersten hochrangigen Gespräch der beiden Kriegsparteien seit Beginn des russischen Einmarschs vor zwei Wochen getroffen. Einen Durchbruch brachte das Treffen allerdings nicht. Erdogan nutzte das Gespräch mit Biden nach Angaben seines Büros auch dafür, die Aufhebung "unfairer Sanktionen" gegen das türkische Militär zu fordern. Die USA hatten 2019 einen Vertrag mit der Türkei zum Kauf von rund hundert US-Kampfflugzeugen der neuesten Generation (F-35) auf Eis gelegt, nachdem Ankara das russische S-400-Luftabwehrsystems gekauft hatte.


EU bei Importembargo für russisches Gas weiter gespalten 

Die Frage nach einem Importstopp für russisches Öl und Gas spaltet weiter die Europäische Union: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wies die Forderung der Ukraine und östlicher EU-Länder nach einem solchen Embargo erneut zurück. Er betonte beim EU-Gipfel im französischen Versailles, die Auswirkungen der EU-Sanktionen auf die Europäer müssten "möglichst gering" sein. "Diesen Kurs wollen wir auch weiter verfolgen", fügte er hinzu. Die USA und Großbritannien haben bereits ein Energieembargo gegen Russland verhängt. Auch in der EU gibt es Rufe nach einer solchen Strafmaßnahme, weil Russland seinen Krieg in der Ukraine zum großen Teil über seine Erdgas- und Öllieferungen an Europa finanziert. In Deutschland wird in diesem Fall aber ein weiterer massiver Anstieg der Energiepreise befürchtet.


Litauen schränkt wegen Ukraine-Kriegs das Demonstrationsrecht ein 

Litauen hat wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine das Demonstrationsrecht eingeschränkt. Das Parlament in Vilnius beschloss am Donnerstag ein Gesetz, wonach alle öffentlichen Veranstaltungen zur Unterstützung der russischen Invasion vorläufig verboten sind. Untersagt sind in dem Baltenstaat vorerst auch sämtliche Ausstrahlungen des russischen und belarussischen Staatsfernsehens. Auch die Veröffentlichungen litauischer Nachrichtenmedien können eingeschränkt werden, wenn diese die russische Invasion gutheißen. Die Gesetzesregelungen wurden vom Parlament mit der Zustimmung von 71 der insgesamt 140 Abgeordneten beschlossen. Sie sollen bis zum 20. April gelten. Zugleich verlängerte das litauische Parlament auch den Ausnahmezustand bis zu diesem Datum.


Innenkommissarin sieht EU besser auf Flüchtlinge vorbereitet als 2015 

Nach Einschätzung von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson ist der Staatenbund besser auf eine starke Zunahme der Ankünfte von Flüchtlingen vorbereitet als im Jahr 2015. Die EU habe bereits Wochen vor Kriegsbeginn in der Ukraine mit entsprechenden Vorkehrungen begonnen, sagte Johansson. Nach Kriegsbeginn in Syrien 2011 habe Europa erst reagiert, als "erschöpfte Menschen schon auf unserem Boden waren". Die Zahl von zwei Millionen Menschen, die seit Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine aus dem Land in die EU geflüchtet sind, entspreche in etwa der Zahl von Menschen, die 2015 und 2016 einen Asylantrag in der EU stellten, sagte Johansson. Dies sei bereits eine große Herausforderung, "aber es wird schlimmer werden, darauf müssen wir uns vorbereiten", fügte die Schwedin hinzu.Innenkommissarin sieht EU besser auf Flüchtlinge vorbereitet als 2015


Macron skeptisch bei russisch-ukrainischen Verhandlungen 

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sich mit Blick auf die russisch-ukrainischen Verhandlungen skeptisch gezeigt. "Kurzfristig sehe ich keine diplomatische Lösung", sagte Macron kurz vor Beginn des informellen Gipfeltreffens der 27 europäischen Staats- und Regierungschefs in Versailles. Die Verhandlungen seien "noch weit vom Abschluss entfernt", sagte Macron. Einen Waffenstillstand in den nächsten Stunden halte er für "unrealistisch". Macron zeigte sich erschüttert angesichts der russischen Angriffe auf zivile Ziele. "Die Bilder des Angriffs auf eine Geburtsklinik mitten in einem Stadtzentrum haben mich aufgewühlt", sagte Macron. Dies sei ein "unmoralischer, unwürdiger Kriegsakt", betonte er. Das Ziel sei eindeutig gewesen, Zivilisten zu töten. "Gemeinsam mit den Vereinten Nationen und den zuständigen juristischen Instanzen werden alle Schritte unternommen, um diese Vorfälle zu untersuchen", sagte Macron. Frankreich habe sich immer gegen Straffreiheit gewehrt


USA drohen Russland weitere Sanktionen an 

Die USA haben Russland angesichts einer Zunahme von Angriffen gegen Zivilisten in der Ukraine neue Sanktionen angedroht. "Die Gräueltaten, die sie gegen Zivilisten begehen, scheinen sich zu intensivieren", sagte US-Finanzministerin Janet Yellen der Washington Post. "Deswegen ist es sicherlich angemessen, dass wir mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten, um weitere Sanktionen zu erwägen." Die bisherigen Sanktionen hätten der russischen Wirtschaft bereits schweren Schaden zugefügt, sagte Yellen. "Wir haben Russland finanziell isoliert. Der Rubel befindet sich in freiem Fall, die russische Börse ist geschlossen." Die massiven russischen Reserven von 600 Milliarden Dollar (546 Milliarden Euro) in Fremdwährung seien für Russland "so gut wie unbrauchbar".


Mehrere EU-Politiker dämpfen Hoffnung der Ukraine auf baldige EU-Mitgliedschaft 

Mehrere europäische Staats- und Regierungschefs haben die Hoffnungen der Ukraine auf eine baldige EU-Mitgliedschaft gedämpft. "Es gibt kein Eilverfahren für die Mitgliedschaft. Das existiert nicht", sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte vor Beginn des informellen EU-Gipfeltreffens in Versailles. "Wir dürfen nicht den Ukrainern das Gefühl geben, dass jetzt alles von heute auf morgen gehen würde", sagte der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen formulierte vage: "Wir werden sicher auch über die Ukraine als Teil unserer europäischen Familie diskutieren." Die europäischen Staats- und Regierungschefs wollen bei dem zweitägigen Treffen über den Krieg in der Ukraine und die Folgen für Europa debattieren, insbesondere mit Blick auf die Energieversorgung und gemeinsame Verteidigung.


Bundesregierung nicht über angeblichen Schröder-Besuch in Moskau informiert 

Die Bundesregierung ist nicht über einen angeblichen Besuch von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) in Moskau zur Vermittlung im Ukraine-Krieg informiert worden. Derartige Gespräche seien auch nicht mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Regierung abgestimmt, hieß es aus Regierungskreisen. Das Nachrichtenportal Politico hatte zuvor berichtet, Schröder sei in Moskau und wolle dort im Rahmen von Vermittlungsbemühungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges Russlands Präsident Wladimir Putin treffen. Eine offizielle Bestätigung für die Reise gab es nicht. Politico berief sich auf "mit der Angelegenheit vertraute Quellen". Schröders Besuch in Moskau folgte demnach auf Gespräche in Istanbul mit einem ukrainischen Politiker, der Mitglied der Delegation für Friedensgespräche mit Russland sei. "Die Ukraine wollte sehen, ob Schröder eine Brücke für den Dialog mit Putin bauen kann", zitierte das Portal eine Quelle.


Selenskyj soll nächste Woche per Videoschalte vor dem Bundestag sprechen 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll sich nächste Woche per Videoschalte in einer Sitzung des Bundestags zu Wort melden. Ein solcher Termin sei "in Vorbereitung", erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Parlamentskreisen. Wie der Spiegel unter Berufung auf Angaben aus der Bundestagsverwaltung berichtete, soll die Zuschaltung voraussichtlich am Donnerstag erfolgen. Darauf hätten sich Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und der Präsident des Bundesrates, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), verständigt, schrieb das Magazin weiter. Zuvor sei geplant gewesen, Selenskyj am Freitag dieser Woche in der Sitzung des Bundesrats zuzuschalten. Stattdessen solle er nun vor dem Bundestag sprechen.


EU prüft Hilfen für Firmen in Ukraine-Krise 

Im Ukraine-Krieg prüft die EU Hilfen für besonders betroffene europäische Unternehmen. Die EU-Kommission schlug den Mitgliedstaaten am Donnerstag in Brüssel vor, von einer Sonderregel Gebrauch zu machen, wonach staatliche Beihilfen "zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben der EU gewährt werden" können. Eigentlich sind solche Hilfen in der EU tabu, um den Wettbewerb nicht zu beeinträchtigen.


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March 10, 2022 13:36 ET (18:36 GMT)