Zürich (awp) - Der Schweizer Detailhandel wird im laufenden Jahr kaum wachsen. Dafür fehlen die gesamtwirtschaftlichen Impulse. Zudem bleibt die Situation wegen des Einkaufstourismus und der Konkurrenz durch internationale Online-Händler angespannt. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Credit Suisse.

Er stelle unter den Schweizer Detailhändlern eine "nie dagewesene Verunsicherung" fest, meint Martin Hotz vom Beratungsunternehmen Fuhrer&Hotz. Er steuerte zum neusten "Retail Outlook" der CS, der am Mittwoch veröffentlichte wurde, eine Umfrage unter Branchenmanagern bei. Ein Auslöser für die grosse Verunsicherung sei, dass 2016 viele Firmen ihre Budgets erneut verfehlt hätten. Nun habe ein Fünftel der Befragten angegeben, dass ihr Unternehmen die Verkaufsfläche 2017 verkleinern wolle.

Die CS-Ökonomen tragen mit ihrer 2017er-Prognose für den Schweizer Detailhandel kaum zu einer Stimmungsaufhellung bei. Sie rechnen mit einer Stagnation. Es fehlten deutliche Wachstumsimpulse, begründete CS-Ökonom Sascha Jucker vor den Medien.

"SCHWIERIGES 2016"

Doch er relativierte zugleich. Die prognostizierte Stagnation komme nach zwei Jahren mit Einbussen einer Stabilisierung gleich. Allein im letzten Jahr seien die nominalen Branchenumsätze um 1,0% zurückgegangen, nachdem schon im Vorjahr ein Minus von 0,4% resultiert hatte.

Dabei habe im letzten Jahr vor allem der Non-Food-Detailhandel gelitten. Beispielsweise seien die Umsätze der Schweizer Bekleidungs- und Schuhdetailhändler um 7,8% geschrumpft, nachdem schon im Vorjahr ein Rückgang um 4,1% verzeichnet worden war.

"2016 war ein schwieriges Jahr", bilanzierte Jucker. Schwieriger war es auch, als es die CS-Ökonomen vor Jahresfrist erwartet hatten. Er begründet dies unter anderem mit dem anhaltend hohen Preisdruck. Immerhin sei jedoch im Jahresverlauf eine Abschwächung der Abwärtsdynamik zu beobachten gewesen, so der Experte der Grossbank.

Die zurückhaltende Prognose für 2017 erklären die CS-Ökonomen unter anderem mit der Konsumentenstimmung, die sich wegen der stagnierenden Arbeitslosenzahlen "höchstens zögerlich verbessern" werde. Die Konsumkaufkraft werde ausserdem kaum zunehmen, weil das Lohnwachstum durch die Rückkehr der Inflation praktisch aufgefressen werde.

Das Lebensmittelgeschäft werde immerhin von einem leichten Bevölkerungswachstum profitieren. Das Non-Food-Segment muss sich laut der Studie hingegen auf weitere Umsatzeinbussen einstellen - auch wenn diese weniger markant als zuletzt ausfallen sollten.

ONLINEGESCHÄFT ALS LICHTBLICK

Unter Druck bleibe der Schweizer Detailhandel nach wie vor auch wegen des Einkauftourismus und des grenzüberschreitenden Onlinehandels. Die CS-Ökonomen schätzen, dass 2016 "jeder zehnte Detailhandels-Franken" im Ausland ausgegeben wurde. So habe der Einkaufstourismus auf hohem Niveau stagniert, und auch für 2017 zeichne sich keine deutliche Entspannung ab. Und beim grenzüberschreitenden Online-Handel sowieso nicht: Laut Firmenberater Hotz sind insbesondere für die "Generation Z", die nach 1995 zur Welt kam und die mit dem Internet aufgewachsen ist, Einkäufe bei ausländischen Onlinehändlern eine Selbstverständlichkeit.

Ein Lichtblick sei, dass auch Schweizer Detailhändler online aktiver würden. Die CS-Experten erwarten, dass der Online-Anteil am Schweizer Detailhandel bis 2022 sich von aktuell rund 6% auf über 10% erhöhen wird. Unterdurchschnittlich wird er gemäss diesem Szenario mit rund 3,5% im Food-Bereich bleiben (heute: knapp 1,5%). Deutlich überdurchschnittliche Werte seien hingegen im Bereich Heimelektronik (38%; heute: gut 25%) sowie Bekleidung (27%; heute: 15%) zu erwarten.

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