BERLIN (Dow Jones)--SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gibt sich skeptisch angesichts des von Grünen und Union geforderten schnelleren Anstiegs des CO2-Preises für mehr Klimaschutz. "Grüne und Union sehen ihn (den CO2-Preis) offenbar als Allheilmittel und glauben, je höher er ist, desto besser fürs Klima. Sie vergessen dabei, dass man genauer hinsehen muss. Viele können eben nicht einfach auf umweltfreundlichere Wege ausweichen", sagte Scholz der Rheinischen Post. "Weil sie eben nicht im Szeneviertel einer Großstadt leben und mit dem Fixie-Fahrrad zum Co-Working-Space radeln können, sondern in strukturschwacher Region ohne guten Nahverkehr aufs Auto angewiesen sind", sagte der Finanzminister.

Wenn der CO2-Preis weiter steige, werde beispielsweise das Heizen teurer. "Was sollen die Mieterinnen und Mieter machen? Umziehen? Weniger heizen und frieren? Das ist im wahrsten Sinne: soziale Kälte", sagte Scholz. "Deshalb finde ich ungerecht, wenn diese Kosten einfach auf die Mieter umgelegt werden dürfen. Dann verfehlt der CO2-Preis jede Lenkungswirkung - weil die Vermieter überhaupt keinen Anreiz haben, eine umweltfreundliche Heizung einzubauen. Darum wollen wir die Umlegung verbieten, die Union sperrt sich aber dagegen - und lässt die Mieter im Stich", sagte Scholz.

Infolge des strengeren EU-Klimaziels und des Klimaurteils des Bundesverfassungsgerichts will das Bundeskabinett am Mittwoch ein neues Klimaschutzgesetz beschließen. Dieses sieht vor, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 65 statt wie bislang nur um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Auf die konkreten Maßnahmen hin zu diesen schärfen Klimazielen muss die Koalition sich noch verständigen.

Aus der Union gab es Vorschläge, den CO2-Preis bereits im kommenden Jahr auf 45 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid von aktuell 25 Euro steigen soll. Nach jetziger Gesetzeslage soll der Preis im kommenden Jahr auf 30 Euro steigen. Die Grünen wollen den CO2-Preis ab 2023 auf 60 Euro erhöhen. Damit würden Benzin und Heizöl im kommenden Jahr deutlich teurer.

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May 12, 2021 03:29 ET (07:29 GMT)