Moskau/Wien (Reuters) - Russland zieht eine negative Bilanz der Gespräche mit USA und Nato über Sicherheitsgarantien zur Beilegung der Ukraine-Krise und hält sich alle Optionen offen.

Vize-Außenminister Sergej Rjabkow warnte am Donnerstag in Moskau laut russischer Nachrichtenagenturen vor einer Sackgasse. Er begründete dies damit, dass die US-Regierung und deren Verbündete den Forderungen nach Sicherheitsgarantien Russlands nicht nachkommen wollten. Russland werde nun "andere Maßnahmen und Techniken" im Verhältnis zum Westen anwenden. Die Agentur Tass zitierte Rjabkow damit, dass Militärexperten Präsident Wladimir Putin Optionen für das weitere Vorgehen vorlegen würden. Allerdings müsse der Diplomatie weiterhin eine Chance gegeben werden.

Die Gespräche mit den USA am Montag in Genf und bei der Nato am Mittwoch in Brüssel hätten gezeigt, dass man sich in einer "Sackgasse" befinde und unterschiedliche Ansätze verfolge, sagte Rjabkow. Daher sehe er keinen Grund für weitere Gespräche in den nächsten Tagen. Die Agenturen Ria und Interfax zitierten Außenminister Sergej Lawrow mit den Worten, USA und Nato müssten bis nächste Woche auf Russlands Forderungen nach Sicherheitsgarantien reagieren. Nur dann gebe es die Chance für weitere Verhandlungen. Die Forderung nach einem Abzug russischer Truppen von der ukrainischen Grenze nannte er inakzeptabel.

Am Montag hatte Rjabkow mit der stellvertretenden US-Außenministerin Wendy Sherman in Genf beraten, ohne dass es dabei nennenswerte Fortschritte gegeben hätte. Nach einem Treffen des Nato-Russlands-Rats am Mittwoch sprach Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg von "signifikanten Differenzen". Im Zentrum der Spannungen steht die Ukraine. Russland hat an der Grenze rund 100.000 Soldaten zusammengezogen. Der Westen befürchtet eine Invasion, was die Regierung in Moskau zurückweist. Russland fordert von der Nato als Sicherheitsgarantie unter anderem die Zusage, dass die Ukraine nicht in das transatlantische Militärbündnis aufgenommen wird. Dies lehnt die Allianz kategorisch ab.

Auch der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau, Dmitry Peskow, nannte die jüngsten Gespräche "erfolglos". Es bestehe Uneinigkeit in fundamentalen Fragen. So könne die Nato Russland nicht diktieren, wo seine Truppen innerhalb der Landesgrenzen stationiert sein sollten. Peskow kritisierte zudem einen Entwurf der US-Demokraten im Senat zu neuen Sanktionen gegen Russland, von denen auch Präsident Putin direkt betroffen wäre, als "extrem negativ". Dies würde die bilateralen Beziehungen zwischen Russland und den USA schwer belasten, sagte Peskow.

"INAKZEPTABLE GEFAHREN"

Bei einem Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mahnte Polen als neuer Vorsitz eine diplomatische Lösung an. "Es sieht so aus, als ob die Gefahr eines Krieges in der OSZE so groß ist wie seit 30 Jahren nicht mehr", sagte Außenminister Zbigniew Rau. Der OSZE gehören 57 Länder an, darunter die USA, Russland und die Ukraine. Der russische Vertreter bei der in Wien ansässigen Organisation, Alexander Lukaschewitsch, warnte auf Twitter, wenn Russland keine konstruktive Antwort erhalte, "müssen wir die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die strategische Balance zu sichern und die inakzeptablen Gefahren für unsere nationale Sicherheit zu eliminieren".

Das Verhältnis zu Russland ist auch Gegenstand von Beratungen der Außenminister und Verteidigungsminister der EU in Brest. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mahnte vor dem Treffen bei der Lösung der Ukraine-Krise eine starke Rolle Europas an. Dies sei "besonders wichtig, weil ureigene Interessen der EU berührt sind", erklärte die Grünen-Politikerin. Zugleich brauche die EU gerade im Umgang mit autokratischen Staaten wie Russland einen "strategischen Kompass". "Wenn Europa einen gemeinsamen Kurs fährt und geschlossen auftritt, ist es ein Schwergewicht - agiert es dagegen gespalten, kämpft es unter seiner Gewichtsklasse."