BERLIN (Dow Jones)--Die Zahl der politisch motivierten Straftaten hat im vergangenen Jahr den höchsten Stand seit Einführung des Meldedienstes im Jahr 2001 erreicht. Die Entwicklung war von einem deutlicher Anstieg politisch rechts motivierter Taten geprägt. Das erklärten Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Präsident des Bundeskriminalamts Holger Münch anlässlich der Veröffentlichung des Berichts "Fallzahlen für die Politisch Motivierte Kriminalität (PMK)" für das Jahr 2023. Es hat zudem einen drastischen Anstieg antisemitischer Straftaten seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober vergangenen Jahres gegeben. Insgesamt stieg die Zahl der politisch motivierten Straftaten 2023 um 1,89 Prozent auf 60.028 Delikte.

Dem Bericht zufolge sind mit Ausnahme des zuvor stark vom Protestgeschehen gegen die Corona-Maßnahmen geprägten Bereichs, in dem es 2023 einen erheblichen Rückgang gab, in allen anderen Phänomenbereichen die Gewaltdelikte angestiegen. Die mit Abstand höchsten Zahlen von Straftaten insgesamt, von Gewalttaten und Gewaltopfern, gibt es demnach durch politisch rechts motivierte Taten.

"Wir sehen einen neuen Höchststand von Straftaten, die sich gegen unsere offene und freiheitliche Gesellschaft richten", sagte Faeser. Neben der starken Zunahme von rechtsextremistischen Taten und dem drastischen Anstieg von antisemitischen Delikten erlebe Deutschland eine Eskalation der politischen Aggression mit immer stärkeren Einschüchterungsversuchen und Übergriffen gegen Bürgerinnen und Bürger, die sich politisch engagieren, sich im Ehrenamt für die Gesellschaft engagieren oder bei der Polizei und Rettungsdiensten für andere da seien.

"Wir müssen unmissverständlich zeigen, dass der Rechtsstaat diese Gewalt nicht hinnimmt. Die Justiz ist hier ebenso in der Verantwortung wie die Polizei. Der Rechtsstaat muss deutliche Stopp-Signale setzen. Dazu braucht es einen hohen Ermittlungsdruck und schnelle Verfahren mit spürbaren Konsequenzen", so Faeser. Es gelte, die Menschen in Deutschland zu schützen, die Rassismus, Judenhass, islamistische Gewalt, Rechtsextremismus und Linksextremismus durch Anfeindungen und Bedrohungen erleben müssten.


BKA sieht Radikalisierungstendenzen in Teilen der Gesellschaft 

Münch betonte, die politisch motivierte Kriminalität habe sich innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt und nehme weiter zu. "In Teilen der Bevölkerung bestehen Radikalisierungstendenzen: Diese reichen bis hin zu einer versuchten Delegitimierung des Staates und seines Gewaltmonopols. Diese Entwicklung müssen wir sehr ernst nehmen, denn sie bedroht unsere Demokratie und unseren gesellschaftlichen Frieden", warnte Münch.

Dem Bericht zufolge sind rechtsextreme Taten im Vergleich zum Vorjahr um rund 23 Prozent auf 28.945 Straftaten gestiegen. Dabei erhöhte sich die Zahl der Gewaltdelikte um 8,6 Prozent auf 1.270 gegenüber 2022. Die Zahl der antisemitischen Straftaten verdoppelte sich nahezu von 2.641 im Jahr 2022 auf 5.164 Delikte im Jahr 2023 und erreichte damit einen neuen Höchststand.

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May 21, 2024 07:04 ET (11:04 GMT)