Sozialkreditsystem: Deutsche Unternehmen auf Chinas Schwarzen Listen /
"Plusminus" im Ersten
Stuttgart (ots) - Recherchen des ARD-Wirtschaftsmagazins "Plusminus" zum 
Ratingsystem für deutsche Unternehmen in China / Am Mittwoch, 15. Januar 2020, 
21:45 Uhr, Das Erste / "SWR Aktuell Baden-Württemberg", 19:30 Uhr, SWR Fernsehen

2020 will China Daten aller im Land tätigen Unternehmen auf einer großen 
Plattform zusammenführen. Diese ist Grundlage für das chinesische "Social 
Corporate Credit System", einer digitalen, algorithmusbasierten 
Unternehmensbewertung. Das ARD-Wirtschaftsmagazin "Plusminus" berichtet am 
Mittwoch 15. Januar 2020, 21:45 bis 22:15 Uhr im Ersten. Außerdem in "SWR 
Aktuell Baden-Württemberg", 19:30 bis 20 Uhr im SWR Fernsehen.

Liste nicht konformer Unternehmen

Nach Recherchen von "Plusminus" hat der chinesische Staat bereits mehrere 
deutsche Unternehmen wegen eines zu spät eingereichten Geschäftsberichts auf die
Liste nicht-konformer Unternehmen gesetzt. Darunter ist Volkswagen Financial 
Leasing in Tianjin. Züblin, die deutsche Tochter des Baukonzerns Strabag, ist 
wegen wiederholter Nichtabgabe des Geschäftsberichts sogar auf einer der 
sogenannten Schwarzen Listen gelandet. Unternehmen, die auf solchen Schwarzen 
Listen stehen, müssen als sogenannte vertrauensunwürdige Firma mit einem 
erschwerten Marktzugang rechnen. Sie können beispielsweise nicht mehr an 
öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen, Steuervergünstigungen entfallen und sie
müssen sich vermehrt Betriebs- und Rechnungsprüfungen unterziehen. Ihre Manager 
werden in ihren Arbeitsmöglichkeiten eingeschränkt und können zum Beispiel
keine
Flüge mehr buchen oder keine hohen privaten Versicherungspolicen abschließen.

Gemeinsame Plattform

Die bereits seit 2014 gesammelten Unternehmensdaten werden jetzt auf einer 
gemeinsamen Plattform der chinesischen Technologie-Giganten zusammengeführt. Die
Tech-Firmen Taiji Computer und Huawei liefern die Dateninfrastruktur. 
Informationen von Tencent (Nachrichtendienste), Alibaba (Internethändler) sowie 
VisionVera (Gesichtserkennung) fließen ein. Die Daten werden zentral gesammelt, 
analysiert und bewertet. Schlechte Bewertungen lösen teilweise unmittelbar 
Sanktionen für die Unternehmen aus.

Perfektes Kontrollinstrument

China-Experte Sebastian Heilmann, Universität Trier, spricht von einem perfekten
Kontrollinstrument in den Händen der kommunistischen Partei: "In Echtzeit Daten 
zu gewinnen und das Verhalten von Unternehmen wirklich zu beobachten und sofort 
zu sanktionieren - das ist etwas völlig Neues, ein Regulierungssystem, wie es 
noch nie eines gab."

Recherchen von "Plusminus"

Stichproben-Recherchen von "Plusminus" stellen zahlreiche "Verstöße" von 
deutschen Unternehmen fest, die in der chinesischen Datenbank dokumentiert sind:
Umweltverschmutzung (Bosch Automotive Steering in Jinan), Verstöße gegen das 
Werbegesetz (BMW Beijing), Arbeitszeitverstöße (ZF in Shanghai), nicht konforme 
Internetpräsenz (Commerzbank) oder fehlerhafte Steuererklärungen (BASF). Die 
erwähnten Unternehmen verwiesen auf Anfrage von "Plusminus" darauf, dass sie die
chinesischen Rechtsvorgaben respektierten und einhielten. Züblin schreibt, dass 
die Vorgänge auf den Zeitraum 1999 bis 2004 zurückgingen und sich bisher 
keinerlei Konsequenzen für das Unternehmen daraus ergeben hätten.

Deutsche Handelskammer in China

Die Deutsche Handelskammer in China sieht vor allem zwei Mechanismen des Systems
mit Sorge: Verstöße von Managern haben eine unmittelbare Auswirkung auf die 
Bewertung ihres Unternehmens und umgekehrt. Zudem führt es zu Punktabzügen, wenn
Geschäftspartner eine schlechte Bewertung haben. Das zwinge die Unternehmen 
dazu, sich gegenseitig zu überwachen.

"Plusminus"

Seit mehr als 40 Jahren erklärt "Plusminus", das Wirtschaftsmagazin im Ersten, 
auf verständliche Weise Zusammenhänge der komplexen Wirtschaftswelt und gibt den
Zuschauern Orientierung. Das Magazin liefert Hintergrundberichte zu 
wirtschaftspolitischen und makroökonomischen Themen, deckt mit investigativen 
Recherchen Missstände auf, konfrontiert Verantwortliche und stößt
öffentliche 
Debatten an. "Plusminus" wird im wöchentlichen Wechsel von den 
Wirtschaftsredaktionen von BR, HR, MDR, NDR, SR, SWR und WDR verantwortet.

Zitat frei gegen Nennung der Quelle: "Plusminus"/SWR.

ARD Mediathek: Die Sendung ist abrufbar von 15. Januar 2020 bis 15. Januar 2021 
unter ARDmediathek.de und plusminus.de Fotos unter ARD-foto.de

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